NDR Info - Redezeit
Donnerstag, 10. November 2022, 20:33 bis
22:00 Uhr, NDR Info
Den Aktivisten der "Letzten Generation" geht es um maximale Aufmerksamkeit - auch und gerade rund um die UN-Klimakonferenz in Ägypten. Aber welche Form des Protests ist angemessen? Darüber wollen wir mit Experten und Ihnen in der NDR Info Redezeit am Donnerstag diskutieren.
Kartoffelbrei auf Kunstwerken von Claude Monet, Tomatensauce auf Bildern von Vincent van Gogh, dazu "Klebe-Blockaden" auf Straßen.
Die Aktionen der Klimaaktivisten der "Letzten Generation" polarisieren: Für die einen ist diese Form des Protests die einzig angemessene - angesichts der Dramatik der Klimakrise. Andere halten Grenzen für überschritten, wenn Bürgerinnen und Bürger etwa auf dem Arbeitsweg zu Leidtragenden der Aktionen werden.
Klimaprotest an einem Wendepunkt?
Welche Form des Protests gegen die derzeitige Klimapolitik ist angemessen? Die Debatte darüber ist zuletzt gewissermaßen eskaliert. Eine der jüngsten Aktionen der "Letzten Generation" steht im Zusammenhang mit dem Tod einer 44-jährigen Radfahrerin. Untersucht wird, inwieweit zwei Klimaaktivisten, die sich an einer Schilderbrücke der Berliner Stadtautobahn festgeklebt hatten und inwieweit die Rettung der lebensgefährlich verletzten und später verstorbenen Frau behindert wurde.
In diesem Zusammenhang forderte auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine entschiedene Verfolgung möglicher Straftaten bei Klimaprotesten. Wenn Menschen gefährdet werden, sei jede Grenze legitimen Protests überschritten; die Straftäter müssten schnell und konsequent verfolgt werden. Was bedeutet das in der Praxis? Wie streng sollten die Blockadeaktionen begleitet werden, wann sollte eingegriffen werden? Und welches Signal ginge von einem härteren staatlichen und polizeilichen Vorgehen gegen Klimaaktivisten aus?
Klima- als Existenzkrise: Heiligt der Zweck die Mittel?
Wenn sich alles zu langsam bewegt, hilft nur noch der Tabubruch - so ließe sich das Vorgehen einiger Aktivistengruppen beschreiben. Die Faktenlage scheint auf ihrer Seite zu sein: Wetterextreme, Rekordtemperaturen, und Klimaschäden werden Jahr für Jahr sichtbarer. Und nach Ansicht der meisten Expertinnen und Experten ist das weltweite 1,5-Grad-Ziel kaum noch in Reichweite.
Sind Störaktionen nun die Folgen einer in weiten Teilen von Politik und Gesellschaft zu großen Ignoranz gegenüber den existenziellen Folgen der Erderwärmung? Und ebenso gegenüber einer Generationengerechtigkeit? Schließlich hat im vergangenen Jahr das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass die jüngere Generation einen Anspruch darauf habe, die Lasten des Klimawandels nicht allein zu tragen. Wie radikal also sollte Klimaprotest sein? Wie drängt er erfolgreich auf konsequentere Klimapolitik? Wann schadet er der gesellschaftlichen Akzeptanz?
Redezeit-Moderator Andreas Kuhnt begrüßte als Gäste:
Dr. Wolfgang Kraushaar
Politikwissenschaftler, Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur, Historiker der deutschen Protestbewegung
Carla Rochel
Aktivistin der Umweltschutzbewegung "Letzte Generation"
Christoph Bals
politischer Geschäftsführer von Germanwatch Berlin
Sebastian Zinke
Sprecher für Verfassungsschutz der SPD-Landtagsfraktion Niedersachsen