Wie Christen ohne Oster-Gottesdienste feiern
von Marie Löwenstein
Die Kirche St. Firminus liegt in der niedersächsischen Gemeinde Dötlingen. Eine hübsche alte Felsenkirche im Kreis Oldenburg. Hier versammeln sich normalerweise die evangelischen Christen. Ihr besonderer Höhepunkt des Kirchenjahres ist die feierliche Osternacht, wie Pfarrerin Claudia Hurka-Pülsch erzählt: "Wir beginnen immer damit die Osterkerze vor Sonnenaufgang in die noch leere Kirche zu tragen. Wir hören verschiedene Lesungen, es werden Kerzen angezündet. Es ist immer ein sehr feierlicher Gottesdienst, den wir jetzt nicht so feiern können."
Oster-Gottesdienst auf YouTube
Wegen der Corona-Krise sind Gottesdienste dieses Jahr nicht möglich. Auf ihre lieb gewonnene Osternacht sollen die Christen in der Dötlinger Gemeinde aber trotzdem nicht verzichten müssen. Da das Netz in der Dorf-Kirche nicht für einen Livestream reicht, haben die beiden Ortspastorinnen den Festgottesdient einfach aufgezeichnet und stellen ihn vorab ins Internet. Kein professioneller Fernseh-Gottesdienst, räumt Hurka-Pülsch ein. Vielen Menschen gehe es aber in diesen Tagen um etwas anderes: "Ein vertrautes Gesicht zu sehen, auch wenn es nur über YouTube ist, zu merken, auch in dieser Situation ist mein Ortspastor, meine Ortspastorin da: Ich glaube das ist für die Gemeinde ganz wichtig."
Die Oster-Geschichte neu erfahren
Auch ein Offline-Angebot haben sich die Geistlichen in Dötlingen ausgedacht: einen Oster-Garten rund um die Kirche mit verschiedenen Stationen, Gebeten und biblischen Texten. Den können die Gemeindemitglieder - jeweils mit Abstand - entlanggehen. Das soll besonders älteren Menschen und Familien mit Kindern, die sich mit einem Video-Gottesdienst vielleicht schwertun, die Oster-Geschichte nahebringen. Am Ende des Gartens gibt es für Kinder die Möglichkeit, ein Ausmalbild mit einer kurzen Geschichte mitzunehmen. Der Oster-Garten lasse Familien die Oster-Geschichte noch einmal ganz neu erfahren, erzählt Hurka-Pülsch.
Hamburg: Gottesdienst vor leeren Bänken
Auch der katholische Pfarrer Franz Mecklenfeld aus Hamburg-Eimsbüttel versucht Kontakt mit seiner Gemeinde zu halten. An alle seine Gemeindemitglieder hat er Anfang der Woche einen Brief geschrieben, um Mut zu machen und Trost anzubieten - zum Beispiel über ein neu eingerichtetes Sorgen-Telefon. Ein Technik-affines Gemeindemitglied hilft Mecklenfeld zudem, die Oster-Gottesdienste live aus der leeren Kirche zu übertragen. Keine Gemeindemitglieder sehen und zu leeren Bänken sprechen: Da muss auch er improvisieren: "Ich habe mir einige Menschen konkret vorgestellt, und so war dann doch die feiernde Gemeinde da. Das war dann für mich auch ein schönes Gefühl."
Livestream Angebot vieler Kirchen
Auch andere Kirchen bieten zu Ostern Livestreams an. "Ostern fällt nie aus. Wir werden Ostern feiern. Anders als sonst aber miteinander verbunden als Gemeinschaft, die Auferstehung feiert", sagt Ralf Meister, der evangelische Landesbischof von Hannover. Der Karfreitags-Gottesdienst aus der Marktkirche Hannover und der Gottesdienst am Ostersonntag werden online übertragen. Auch die katholischen Gottesdienste in Hildesheim, Osnabrück und Vechta können online verfolgt werden. Der Gottesdienst aus Hildesheim wird außerdem im Radio auf NDR Info und NDR 1 Niedersachsen übertragen. Die Stadt Hamburg gibt online einen Überblick über die Livestreams.
Abendmahl dieses Jahr nur geistig
Das zentrale Element der katholischen Messe, die Kommunion - das Abendmahl - fehlt aber im Online-Stream. Für Pfarrer Meckenfeld in Eimsbüttel ist dies besonders schwierig: "Die Kommunion zu empfangen, bedeutet nicht nur mir, sondern vielen Menschen sehr viel." Das Abendmahl nicht empfangen zu können, sei für seine Gemeinde die weitreichendste Konsequenz des Versammlungsverbots: eine schmerzliche Erfahrung. Für diesen Fall gebe es in der katholischen Kirche aber die alte Tradition der sogenannten geistigen Kommunion, erklärt Mecklenfeld. Der theologische Ansatz dahinter: Wer in einer Notlage - wie jetzt während der Corona-Krise - das gewandelte Brot nicht essen kann, kann sich trotzdem mit der Gemeinschaft und Gott verbinden - allein durch den tiefen geistigen Wunsch danach.
Den Klingelbeutel online füllen
Anders sei das bei der bei Beichte oder Krankensalbung, auch letzte Ölung genannt. Diese Sakramente könne Mecklenfeld nur vor Ort spenden. Auch wenn er altersmäßig selbst zur Risikogruppe gehört, das letzte Geleit werde er auch Corona-Patienten geben: "Ich bin im Laufe der Jahre schon häufiger auf einer Intensiv-Station gewesen. Davor habe ich keine Angst. Sonst könnte kein Mensch den Dienst am Krankenbett eines infizierten Menschen machen." Sorge hat er vor allem um die Bedürftigen. Denn christliche Hilfsorganisationen wie das Hilfswerk Misereor fürchteten um die erhofften Spenden aus den Oster-Gottesdiensten. Den Klingelbeutel solle man daher online mit ein paar Münzen füllen, bittet er. Kirchenbesuche für ein stilles Gebet oder um eine Kerze anzuzünden sind in der Regel erlaubt.
