The-Cure-Sänger Robert Smith singt bei einem Konzert in ein Mikrofon. © dpa picture alliance/Gonzales Photo Foto: Terje Dokken

The Cure: Eine Band wie keine andere

Stand: 16.10.2022 20:00 Uhr

Die britische Band The Cure macht seit mehr als 40 Jahren Musik, die ihresgleichen sucht. Die Songs und vor allem der ikonische Sänger Robert Smith werden von Fans fast kultisch verehrt. Aktuell sind The Cure auf Tour - am 16. Oktober spielte die Band in Hamburg.

von Matthes Köppinghoff

Wie möchte man den Sound einer Band beschreiben, die ihren ganz eigenen erschaffen hat - so platt und abgegriffen das vielleicht auch klingen mag? Bei The Cure kann man in gleich mehrere Genre-Schubladen greifen: "Gothic Rock" haben die Bandmitglieder stets abgelehnt. Aber ein bisschen was ist da schon dran, so gruftig-dunkel-düster wie viele ihrer Songs eben klingen.

Einordnungsversuche wie Post-Punk, Dark Wave oder Alternative Rock kann man ebenfalls ausprobieren. Aber im Oeuvre der Band sind auch erstaunlich viele Pop-Songs, die fast jeder aus dem Radio kennt. The Cure: quasi ein eigenes Genre?

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Robert Smith: Das verschmierte Gesicht von The Cure

Robert Smith © picture alliance / Gonzales Photo/Per-Otto Oppi | Gonzales Photo/Per-Otto Oppi
Sänger Robert Smith hat im Alter von 14 Jahren seine heutige Frau Mary Poole kennengelernt. Die beiden sind seit mittlerweile 34 Jahren verheiratet.

Am Sound der Band ist angeblich eine Kassette schuld, die im Beisein von Robert Smith einst ihren Geist aufgab. Man kann sich das depressiv-langsame Leiern des verendenden Tonträgers gut vorstellen, der den Sänger dazu veranlasste zu fragen: "können wir das spielen, aber mit Absicht?"

Eben jener Smith ist bis heute in der mehr als 40 Jahre währenden Bandgeschichte das Gesicht von The Cure. Gegründet 1976 als Malice, einige Personalumstellungen später wurde sich erst in Easy Cure und dann 1978 endlich in The Cure umgetauft. Damals sahen die Musiker noch deutlich braver aus als heute. Im Laufe der Jahre wurde mit Schminke und Outfit-Experimenten auch optisch die Cure-Marke geformt. Nach anfänglichen Rüschenhemden wurde eine Zeit lang mit quietschbunten Polo-Shirts laboriert, aber seit Jahren ist Schwarz die dominierende Farbwahl.

Vor allem Robert Smith wurde zur Pop-Ikone: Mit seinem haarigen Durcheinander auf dem Kopf, mehr Vogelnest als Frisur, dazu verschmierter Lippenstift im blass geschminkten Gesicht. Heute sieht er waldschratiger aus denn je und ist das einzige beständige Bandmitglied - und schon aus der Ferne gut erkennbar.

Düstere Meilensteine Anfang der Achtziger

Schon früh nach Bandgründung veröffentlichten The Cure 1979 den Anfangshit "Boys Don’t Cry", der bis heute bei Abi- und Uni-Feiern Indie-Fans auf die Tanzflächen rennen lässt. Doch nach den anfänglich kurzen, fast fröhlichen Songs tauchten The Cure ab in die düsteren akustischen Abgründe. In Jahresabständen veröffentlichten sie gleich mehrere episch traurig-düstere Meilensteine: Vor "Seventeen Seconds" (1980), "Faith" (1981) und "Pornography" (1982) sollte man tunlichst überprüfen, ob man auch wirklich bereit ist für diese emotionale Endzeitstimmung.

Aber es lohnt sich: Songs wie "A Forest" sind atmosphärisch, treibend, fordernd und zugleich nicht greifbar. Bis heute wickeln die Hörerinnen und Hörer diese kuschelig-schwarze Klangdecke um sich. Die Songs führen auch aktuell noch orientierungslose Teenager in die Versuchung, es sich in tiefer Trostlosigkeit und Verzweiflung gemütlich zu machen - gerade in diesem Alter war man ja mal empfänglich dafür, ein gewisses kollektives Leiden zu zelebrieren. Aber, so viel sei gesagt: Es kann auch sehr viel Spaß machen, sich in diesem Leid zu suhlen.

The Cure können auch Pop

In der Liga der High-End-Heulsusen wie Joy Division, Bauhaus oder Sisters Of Mercy spielen sie ganz vorn mit. Doch wollen sich Smith und Co. seit jeher auch ausprobieren und experimentieren. Zwar haben die ersten Cure-Popsongs ihren Ursprung in einer kurzfristigen Trennung von Bassist Simon Gallup, doch auch nach seinem Wiedereinstieg schaffte es die Band immer wieder, einen Gegenentwurf zu ihrer eigenen Tristesse hervorzubringen.

"Just Like Heaven" oder die kommerziell enorm erfolgreiche Single "Friday I’m In Love" sind die romantisch-fröhlichen Gegenpole. Aber natürlich bleiben The Cure am Ende auch The Cure, da auch zwischendurch hochdüstere Alben wie "Disintegration" aufgenommen werden. Songs wie "Lullaby" vermischen sogar das Morbide mit dem Schönen, so dass man gar nicht so recht weiß, ob man das alles nun traurig-träumerisch oder doch schon wieder romantisch gedacht gewesen ist.

Weltschmerz mit trockenem Humor

Weltschmerz als Style-Trademark? Vielleicht. Doch das Düstere sollte man hier und da auch mit einem gewissen Augenzwinkern nehmen. Wenn man sich Videos von Smith anschaut, merkt man: Der blasse Typ mit britischem Zungenschlag hat einen landestypisch sehr trockenen Humor. So zum Beispiel, als The Cure 2019 in die Rock and Roll Hall of Fame eingeführt wurden: Smith schlurfte über den Roten Teppich, wurde von einer sehr aufgeregten Reporterin gefragt, ob er denn auch aufgeregt sei, worauf er grinsend reagierte mit: "So wie es sich bei Ihnen anhört: Nein".

Über vier Jahrzehnte bis heute erfolgreich

Den Platz in der Rock-Ruhmeshalle haben sich The Cure durchaus verdient. Zwar kann man auch böse behaupten, dass es in den Songs nur zwei Themenkomplexe gibt; einerseits die angesprochenen mit der gewissen Prise Verzweiflung und Depression, andererseits die herrlichen Liebeslieder.

Hier und da floppt auch die eine oder andere Platte. Aber kaum eine andere Band schafft es, über so viele Jahrzehnte erfolgreich zu sein und Begehrlichkeiten zu wecken. Das zeigen nicht zuletzt auch die Feierlichkeiten zum 40-jährigen Bandbestehen 2018 im Londoner Hyde Park: Eine Band, bei der man sich nach vier Jahrzehnten nicht fremdschämen muss. Die noch sehr fit ist, die etliche Hits - ob nun traurig oder nicht - im Repertoire hat und zehntausende Fans glücklich macht. Seit mehreren Jahren versprechen The Cure ihren neuen Fans gleich mehrere neue Alben. Immerhin gibt es auf der aktuellen Tour schon ein paar neue Songs zu hören - auch wenn die Platten weiterhin auf sich warten lassen. Eine würde ja schon reichen, aber man darf gespannt sein, an was für Songs Robert Smith plus Band so lange herumgebastelt haben. Feststeht: Hier und da darf man bestimmt mal wieder ein Tränchen verdrücken. Aber auch das ist okay, denn: The Cure führen einen ja auch immer wieder ans Licht.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch in den Tag | 17.10.2022 | 06:00 Uhr

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