Welttag des Buches 2022: Buchtipps aus der Redaktion
Zum Welttag des Buches hat unser Literaturteam Lesetipps und Buchempfehlungen. Herausgesucht haben sie Neuerscheinungen und neue Bücher der Saison, die einfach begeistern!
Manchmal ist es gar nicht so einfach, im Meer der neuen Bücher das Passende zu finden. Darum durchforsten die Literatur-Redakteurinnen und -Redakteure des NDR die Neuerscheinungen. Hier haben wir kurz und knapp ein paar "Must Reads" der Saison.
"Die Woche" von Heike Geißler
Tipp von Alexander Solloch: Millionen Gründe gibt es, Bücher zu lieben. Ich will immer besonders innig die in den Arm nehmen, die es schaffen, Bilder und Worte zu finden für Gedanken und Gefühle, die in mir selbst brodeln, die ich aber nie so gut benennen könnte. Identifikationsbücher also. Das Identifikationsbuch des Jahres, wahrscheinlich des Jahrzehnts: "Die Woche" von Heike Geißler. Ein hinreißend komponierter Roman über das permanente Überforderungsgefühl der um die 40-Jährigen, die morgens um halb sieben ihre Kinder aus dem Bett scheuchen, sie zur Schule hetzen und sich immer erst hinterher fragen: Was soll der Blödsinn? Ist das Leben nicht etwas bunter, als der ganze Pflichterfüllungsquatsch suggeriert? Heike Geißler schreibt so schöne, traurige, lustige, müde, aufrüttelnde Sätze, dass man denkt: "Aber genau! Ab morgen anders. Oder... oder übermorgen."
"Eine Frage der Chemie" von Bonnie Garmus
Tipp von Maren Ahring: Mögen Sie üppig ausgestattete Fernsehserien, die in den 1960er-Jahren spielen? Sagen wir wie "Das Damengambit" oder "Mad Men" - dann sollten Sie sich den Roman "Eine Frage der Chemie" von Bonnie Garmus nicht entgehen lassen. Hauptfigur ist Elizabeth Zott, die als Chemikerin an einer Uni Karriere machen möchte. Doch daraus wird nichts. Durch Zufall wird sie dann als Moderatorin einer Fernseh-Kochshow entdeckt. Im Laborkittel mit einem Bleistift im Haar erklärt sie amerikanischen Hausfrauen, was Kochen und Chemie gemeinsam haben - und verhilft ihnen ganz nebenbei zu mehr Selbstvertrauen. Unangepasst, klug und wortgewandt - ich habe Elizabeth Zott gleich nach den ersten Seiten ins Herz geschlossen. Ein beachtliches Debüt von Bonnie Garmus, das gerade weltweit gefeiert wird. Es ist mein Lieblingsbuch der Saison. "Eine Frage der Chemie" können Sie ab Montag (25.4.) auch hören: Bei NDR Kultur in "Am Morgen vorgelesen" , jeden Morgen um 8:30 Uhr und sieben Tage zum Nachhören im Netz.
"Ein Haus für viele Sommer" von Axel Hacke
Tipp von Jürgen Deppe: Das Buch dieses Frühjahrs ist für mich "Ein Haus für viele Sommer" von Axel Hacke, denn es ist auch ein Buch für viele Sommer. Vordergründig erzählt Hacke nur Geschichten rund um sein Ferienhaus auf Elba, einen alten Wehrturm. Aber da er dort seit vielen Jahren seine Sommer verbringt, ist das Buch nicht nur sehr sommerlich, sondern auch sehr tiefschürfend, was die Beobachtung des fremden Landes, seiner Sitten, seiner Gebräuche angeht, was Beschreibungen von Alltags-, aber eben auch Ausnahmesituationen betrifft, die Begegnung mit anderen Menschen. Das ist alles so warmherzig, so gedankenstark, aber eben auch selbstironisch und todkomisch erzählt, dass Axel Hackes "Haus für viele Sommer" mein Lieblingsbuch der Saison ist.
"Der Papierpalast" von Miranda Cowley Heller
Tipp von Katharina Mahrenholtz: Mein Buch der Saison bis jetzt ist "Der Papierpalast" von Miranda Cowley Heller. Das Buch spielt an einem Tag in Cape Cod, wo die Familie der Protagonistin Elle ein Sommerhaus hat. Elle ist 50 Jahre alt, mit Peter verheiratet. Die beiden haben drei Kinder. Soweit so "happy family". Aber in Elles Leben gibt es auch Jonas, Jugendfreund und Jugendliebe. Und am Abend dieses Sommertages wird sich Elle entscheiden, für Jonas oder für Peter. Und man erfährt dabei in Rückblenden, was Jonas und Elle für eine Geschichte habe. Das ist keine leichte Geschichte, da sind schlimme Dinge passiert, aber trotzdem transportiert der Roman eine ganz großartige Sommerstimmung. Man hört die Mücken summen, man hört die Ameisen krabbeln. Das Buch ist spannend und oft sogar lustig. Was will man mehr. Ein Tipp fürs Frühjahr!
"Das mangelnde Licht" von Nino Haratischwili
Tipp von Jan Ehlert: Der beste Roman dieses Frühjahrs ist für mich eindeutig "Das mangelnde Licht" von Nino Haratischwili. Ein Buch, von dem man lange etwas hat - denn es hat nicht nur 833 Seiten, ist also sehr dick, sondern man wird diese vier Freundinnen, von denen Haratischwili erzählt, nicht so schnell vergessen: Sie sind Teenager, leben in Tiflis, in Georgien, haben die Sorgen und Träume, die Mädchen ihres Alters haben - doch dann bricht der Bürgerkrieg über das Land hinein. Ein hoch aktuelles Buch, denn es zeigt, was Krieg mit Menschen macht: Einige werden zu Bestien, andere zu ungewollten Heldinnen, alle aber leiden. Und erst im Rückblick, den Haratischwili kunstvoll komponiert, ist Verzeihen und Verstehen möglich. Eine ganz große Empfehlung!
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