Cover "Über Leben mit Tier" © Berenberg Verlag

"Über Leben mit Tier": Das Vergnügen an Tier und Sprache

Stand: 10.03.2023 12:05 Uhr

Katharina Hacker wendet sich in "Über Leben mit Tier" dem staunenswerten Leben der Tiere zu. Am 27. März erscheinen die "Minutenessays" im Berenberg Verlag.

Scherz, Ironie und tiefere Bedeutung - alles ist drin in den Kurztexten von Katharina Hacker. "Über Leben mit Tier" ist der zweite Band ihrer sogenannten "Minutenessays". Dieses Mal geht es um Tiere - und von denen können wir noch einiges lernen.

Hunde, Meerschweinchen, Katzen, Kaninchen: Insgesamt dreizehn Tiere hat die Schriftstellerin Katharina Hacker. Dreizehn Tiere bringen natürlich die Gedanken in Bewegung, die Gefühle wahrscheinlich auch, und so entsteht Literatur. Von den Tieren aus denkt Katharina Hacker über uns Menschen und unser Leben in dieser Welt nach. Denn natürlich gilt: "Wie meist, wenn wir über Tiere reden, sagt das mehr über uns als über Hunde oder Katzen."

Katharina Hacker, erklären Sie uns doch bitte das Prinzip dieser Literaturgattung "Minutenessay": Heißt das, alles, was über ein Thema, eine Beobachtung, einen Gedanken zu sagen ist, muss in maximal einer Minute gesagt werden?

Katharina Hacker: Das Eine ist schier die Überlegung, dass wir oft zu wenig Zeit haben und dass es gut ist, wenn man Transportables zu lesen hat, dass man wenig lesen muss, und damit weiter spazieren kann. Ich mag auch diese Form, Dinge so weit zu kondensieren, dass sie in zwei Zeilen passen. Es ist ja auch etwas Lyrisches dran an diesen Texten.

Wo liegt der Unterschied zum Gedicht?

Hacker: Zu dichten war eigentlich immer mein Ehrgeiz, weil ich lange Lyriker beneidet und dann beschlossen habe: Das will ich auch.

Aber dann eben auf Ihre ganz persönliche Weise.

Hacker: Genau, als Prosa - und manchmal mit und manchmal ohne Zeilenbruch. Das gibt es in den Texten auch, dass es einen Zeilenbruch gibt. In jedem Fall ist das Vergnügen ja das Vergnügen an der Sprache. Was sich in diesem Buch jetzt mit dem Vergnügen an den Tieren verbindet.

Mit Ihren eigenen Tieren als Vorbildern oder hat das gar nicht so viel miteinander zu tun?

Hacker: Es gibt in dem Buch auch literarische Tiere. Einige sind aber die eigenen Tiere, das sind in meinem Fall inzwischen dreizehn Stück - insofern habe ich eine Auswahl.

Sie haben gesagt, manche sprechen mit Ihnen, andere nicht. Was hat das zu bedeuten?

Hacker: Es gibt zum Beispiel eine Katze, die beschlossen hat, dass sie zwar Anspruch auf Fütterung erhebt, aber sich ansonsten keinesfalls für uns interessiert und auch auf keinen Fall mit uns redet. Sie brüllt nur nach uns, wenn sie etwas möchte.

Michael Köhlmeier hat einem Kater einen ganzen Roman gewidmet. Er hat gesagt, diese Ferne und Nähe zugleich sei ein schöner Ansatzpunkt. Können Sie dem etwas abgewinnen?

Hacker: Ich muss zugeben, ich habe ja auch Hunde, und ich finde Katzen oft wahnsinnig bescheuert. Ich finde auch die Hunde manchmal bescheuert, aber die Katzen in der Weise, wie sie kapriziös sind und nur damit beschäftigt, wo es für sie gemütlich ist, um sich dann umzudrehen und wegzugehen, das ist eine echte Herausforderung - so menschlich betrachtet.

Wie läuft so eine Unterhaltung mit Tieren, die ihre ganz eigene Sprache sprechen?

Hacker: Das ist interessant, wie man erst allmählich den Blick schärft. Ich bin ja auch nicht jemand, die immer schon mit Tieren gelebt hat. Ich habe auch keine besonderen Kenntnisse. Ich gucke nur über Jahre immer wieder in dasselbe Hundegesicht und sehe dann allmählich Nuancen der Ohrbewegung. Ich rede mit ihnen, weil es mir entspricht, mit ihnen zu reden. Es gibt Leute, die sagen, warum bedankst Du Dich bei Deinem Hund für irgendetwas und sagst "Bitte" oder sagst "Guten Appetit". Das ist natürlich in gewisser Weise grotesk. Aber andererseits kommunizieren sie ja mit mir auf ihre Weise. Und mir scheint es dann höflich, das Gleiche zu tun. Dann ergeben sich Fäden.

Fäden zu sehr philosophischen Gedanken, die Sie in diese Essays hineinpacken.

Hacker: Das ist sicher schon sehr wichtig für mich. Es soll vergnüglich sein. Tiere sind ja auch wahnsinnig lustig. Ich glaube, ich habe vor allem Tiere, weil sie lustig sind. Das Philosophische daran ist, dass ich finde, dass die Tiere uns sehr infrage stellen. Meine Tiere interessieren sich oft eben nicht für mich, sondern für sich selber oder für ein anderes Tier oder dafür, wo es etwas zu fressen gibt. Sie reagieren dann oft aber auch mit einem Blick, der sagt: Ne, das meinst Du jetzt nicht ernst. Und ich frage mich dann natürlich: Meine ich das ernst? Und warum meine ich das ernst? Muss das jetzt sein? Ist es so wichtig, was ich gerade als wichtig gesetzt habe? Das finde ich gut, weil man im Kopf beweglicher wird. Man betrachtet sich immer noch aus der Perspektive von diesem Tierauge.

Sind Tiere grundsätzlich klarer in ihrem Verhalten als wir Menschen?

Hacker: Das traue ich mich nicht zu beantworten. Das weiß ich nicht. Manchmal finde ich sie klar und manchmal finde ich schon, dass sie auch verworren sind. Sie haben ja auch eine Seele und die Seele von einem Tier ist zuweilen auch verworren.

Das Gespräch führte Raliza Nikolov.

Über Leben mit Tier

Seitenzahl:
112 Seiten
Verlag:
Berenberg Verlag GmbH
Veröffentlichungsdatum:
27. März 2023
Bestellnummer:
978-3-949203-51-0
Preis:
20 Euro €

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassikboulevard | 04.03.2023 | 16:20 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Romane

Ein Latte Macchiato, eine Brille und eine Kerze liegen auf einem Buch © picture alliance / Zoonar | Oleksandr Latkun

Neue Bücher 2024: Die spannendsten Neuerscheinungen

Unter anderem gibt es Neues von Dana von Suffrin, Michael Köhlmeier und Bernardine Evaristo. mehr

Logo vom NDR Kultur Podcast "eat.READ.sleep" © NDR Foto: Sinje Hasheider

eat.READ.sleep. Bücher für dich

Lieblingsbücher, Neuerscheinungen, Bestseller – wir geben Tipps und Orientierung. Außerdem: Interviews mit Büchermenschen, Fun Facts und eine literarische Vorspeise. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Eine Szene aus dem Film "The Fall Guy" © Universal

"The Fall Guy" mit Ryan Gosling: Hommage an die guten alten Film-Stunts

"The Fall Guy" ist vieles in einem: ein Meta-Film übers Filmemachen, eine Screwball-Komödie, eine Liebesgeschichte und ein Actionfilm. mehr