Neue Bücher von Paul Auster, Heiko Werning, Ulrike Sterblich und Peter Sloterdijk: ein kurzer Überblick über das Sachbuch-Literaturjahr 2022 von NDR Kultur Redakteurin Claudia Christophersen.
Stand: 14.04.2022 | 14:02 Uhr
1 | 18 Malerei, Fotografie und Film bilden Fragmente auf der Suche nach der verlorenen Zeit, meint der Kunsthistoriker Peter Geimer. In seinem Buch "Die Farben der Vergangenheit" geht er der Frage nach, wie Bilder zu visuellen Zeugnissen werden und der Geschichte Gestalt verleihen können. Erschienen im März bei C.H. Beck.
© C. H. Beck
2 | 18 Gottfried Wilhelm Leibniz´ Leben in sieben Tagen erzählen? Diesen Versuch hat Michael Kempe unternommen, Leiter der Leibniz-Forschungsstelle Hannover. In seiner Biographie "Die beste aller möglichen Welten. Gottfried Wilhelm Leibniz in seiner Zeit" beleuchtet der Historiker das Leben des Universalgelehrten an sieben ausgewählten Punkten. Erschienen im Februar beim S. Fischer Verlag.
© S. Fischer Verlag
3 | 18 John McWhorter greift in "Die Erwählten" eine virulente Diskussion in den USA auf: Er wehrt sich gegen einen selbstgerechten Moralismus, den er vor allem bei jungen Linken feststellt. Für den an der New Yorker Columbia lehrenden Linguistikprofessor ist der neue Trend ein weiteres Kapitel in der Debatte um Identitätspolitik. Erschienen im Februar bei Hoffmann & Campe.
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4 | 18 "Tod in Hamburg. Stadt, Gesellschaft und Politik in den Cholera-Jahren 1830-1910." Aus dem Englischen übersetzt von Karl A. Klewer: Die Cholera hatte Europa im 19. Jahrhundert fest im Griff. Auch die Hansestadt Hamburg wurde von der Epidemie heimgesucht. Der britische Historiker Richard J. Evans hat darüber 1987 geschrieben. Die Neuauflage ist erschienen im Februar bei Pantheon.
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5 | 18 "Wir sind nur noch wenige". Das schreibt der 100-jährige Guy Stern, einst Günther Stern, 1922 in Hildesheim geboren. Seine Eltern waren jüdisch. Die Flucht in die USA rettet ihm das Leben. Dort schloss er sich den "Ritchie Boys" an, die in Europa ab 1944 bis zum Kriegsende deutsche Kriegsgefangene verhörten. Sein Buch erscheint im Frühjahr bei Aufbau.
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6 | 18 Wie beschreibt man eine Gesellschaft mit ihren Unterschieden, ihren Milieus? Ein Dauerthema in der Soziologie. "Klasse" ist ein Begriff, der lange als verstaubt und ungeeignet schien, um zu verstehen, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt. Dieser Begriff erlebt ein Revival, wie in "Die Wiederkehr der Klassen. Theorien, Analysen, Kontroversen" zu lesen ist. Erschienen im Februar bei Campus.
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7 | 18 Vielleicht sprechen sie Klingonisch oder tragen T-Shirts mit den Gesichtern bekannter Superhelden oder haben alle Bücher der "Game of Thrones"-Reihe gelesen. "Nerds"! Wer aber ist ein Nerd? Annekathrin Kohout begibt sich auf Spurensuche und wird fündig in der Popkultur. "Nerds - Eine Popkulturgeschichte" ist bei C.H. Beck erschienen.
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8 | 18 #Metoo erinnerte daran, dass Frauen weltweit noch immer gesellschaftlich benachteiligt, ihre Leistungen ignoriert werden. Auch in der Ur- und Frühgeschichte. Marylène Patou-Mathis schreibt darüber in "Weibliche Unsichtbarkeit. Wie alles begann", erschienen bei Carl Hanser.
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9 | 18 "Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen" - ist ein sehr persönliches Buch von Navid Kermani. Der vielfach ausgezeichnete Bestsellerautor, u.a. erhielt er 2015 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels, und Islamwissenschaftler, stellt persönliche und existentielle Fragen zum Glauben, zum menschlichen Miteinander und zum Sinn des Lebens. Ein literarisches Meisterstück mit hohem Erkenntnisgewinn". Erschienen am im Januar bei Hanser.
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10 | 18 "In Flammen" erzählt über das Leben und Werk von Stephen Crane. Darin nimmt Auster den Leser mit auf eine 1.200 Seiten lange Reise durch die kurzen 29 Jahre von Stephan Cranes Leben. Crane war der strahlende Stern der US-Literatur zu Jahrhundertwende, dessen Bürgerkriegsroman "Die rote Tapferkeitsmedaille" Pflichtlektüre in jeder US-Schule. Inzwischen ist Crane auch in den USA in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht, sagt Auster. Erschienen im Januar bei Rowohlt.
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11 | 18 Er hat Filme gedreht und Prosabände veröffentlicht. Seit den sechziger Jahren. Alexander Kluge. Aus seinen Themen könnte ein bunter Fächer entstehen: Die Antike und der Weltraum. Das Gehirn und der Zweite Weltkrieg. Der Garten und der Zirkus. Kurz vor seinem 90. Geburtstag (am 14. Februar) sind bei Suhrkamp zwei neue Bücher mit Geschichten von Alexander Kluge erschienen: "Zirkus Kommentar" ... und
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12 | 18 ... "Das Buch der Kommentare. Unruhiger Garten der Seele". Beide sind unbedingt lesenswert! Erschienen im Januar bei Suhrkamp.
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13 | 18 Saul Friedländer, Norbert Frei, Sybille Steinbacher, Dan Diner, Jürgen Habermas: "Ein Verbrechen ohne Namen. Anmerkungen zum neuen Streit über den Holocaust": Wie wird an den Holocaust in Deutschland erinnert? Namhafte Historiker, Soziologen, Stimmen der Zeitgeschichte zeigen, warum das Argument der Präzedenzlosigkeit des Holocaust historisch gut begründet ist. Erschienen im Januar bei C.H. Beck.
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14 | 18 Die Scharnierschildkröte hat das Social Distancing erfunden: Wann immer ihr etwas nicht behagt, geht sie in den Mini-Lockdown und kappt die Verbindungen zur Außenwelt. Tiere sind eigenwillig, faszinierend und teilen eine traurige Gemeinsamkeit: Ihr Überleben ist in Gefahr! Heiko Werning und Ulrike Sterblich entwerfen in ihren Tierporträts ein Panoptikum dessen, was die Natur zu bieten hat und zeigen "Von Okapi, Scharnierschildkröte und Schnilch. Ein prekäres Bestiarium" erschienen im Februar bei Galiani.
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15 | 18 Wolfgang Rihm gehört zu den großen deutschen Gegenwartskomponisten. Sein OEuvre ist omnipräsent in allen europäischen Konzertsälen und auf den Opernbühnen der Welt. So hat Rihm, auch in seinen Schriften, in Ton und Tat, das Musikdenken der Gegenwart geprägt. Zu seinem 70. Geburtstag beschreibt Eleonore Büning Leben und Werk dieses Musikers - eine Biographie, geprägt von ihrer Musikkenntnis und der Freundschaft zum Porträtierten. "Wolfgang Rihm - Über die Linie" erschienen im Februar bei Benevento.
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16 | 18 Der Schriftsteller und Philosoph Karl-Heinz Ott geht den drängenden Fragen nach: Woher kommt die Wut der Menschen, die hierzulande auf die Straßen gehen, die in Washington im letzten Jahr das Kapitol stürmten? Wo ist die Vernunft? Hat die Aufklärung ihren Zweck verfehlt? Karl-Heinz Ott legt in seinem umfangreichen Essay die geistigen Fundamente dieser Bewegungen frei. Und sagt: Die Vernunft kann nur die Oberhand behalten, wenn sie ihre Gegner kennt. "Verfluchte Neuzeit. Eine Geschichte des reaktionären Denkens" erscheint im März im Verlag Hanser.
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17 | 18 Was bedeutet Grau? Wie lässt sich Grau in die Philosophie übertragen? Warum sollten Philosophen in Farben denken? Peter Sloterdijk folgt dem grauen Faden durch die Philosophie-, Kunst- und Mentalitätsgeschichte. Indem er das Grau als Metapher, als Stimmungsindikator und als Anzeige politisch-moralischer Zweideutigkeit erkundet, liefert er eine Vielzahl bestechender Belege für die titelgebende These. "Wer noch kein Grau gedacht hat. Eine Farbenlehre" erscheint im April bei Suhrkamp.
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18 | 18 Wenn das Ein- und Ausatmen zur Gefahr wird, erscheint jedes Miteinander bedrohlich. Das hat die Pandemie schmerzlich vor Augen geführt. Sie hat auch gezeigt, wie sehr wir auf Begegnungen angewiesen sind. Eine Ambivalenz, die für die Philosophin Jule Govrin zum Ausgangspunkt ihres Nachdenkens über Körper und Politik wird. Ein aufwühlender Essay über politische Bilder, ökonomische Praktiken und die aktuellen Protestbewegungen. "Politische Körper - Von Sorge und Solidarität" erscheint im April bei Matthes & Seitz.
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