Deutscher Buchpreis 2022 geht an "Blutbuch" von Kim de l’Horizon
Kim de l'Horizon ist am Montag in Frankfurt mit dem Deutschen Buchpreis 2022 ausgezeichnet worden. Sein Roman "Blutbuch" beeindruckt mit sprachlicher Extravaganz und dramaturgischer Souveränität.
Mit einer enormen Energie suche in dem Roman eine non-binäre Person nach einer eigenen Sprache, hieß es in der Begründung der Jury. Kim de l’Horizon ist die erste non-binäre Person, die diesen Preis bekommen hat.
Der Roman "Blutbuch" ist eine von Märchen inspirierte, in Nahaufnahmen realisierte Befragung der Kindheit, die die Erzählfigur Kim, mittlerweile erwachsen geworden und offen queer lebend, im ersten Teil von "Blutbuch" vornimmt. Schreibanlass ist die einsetzende Demenz der "Grossmeer" (Großmutter).
Kim de l’Horizon aus der Schweiz ist Gewinner*in
Alexander Solloch aus der NDR Kultur-Literaturredaktion ist mit der Wahl zufrieden: "Das ist eine hervorragende Wahl! Die Jury konnte ja - nachdem sie schon eine sehr gute Shortlist zusammengestellt hatte - ohnehin kaum etwas falsch machen. Nun hat sie eine sehr literarische Entscheidung getroffen: Von den sechs nominierten Romanen ist Kim de l’Horizons 'Blutbuch' sprachlich, formal und dramaturgisch der wagemutigste."
Aus tiefer Liebe und zugleich tiefem Misstrauen zur Sprache probiere Kim de l’Horizon radikal aus, was mit ihr möglich sei; "dabei ist der Text jederzeit gut lesbar. Wir können so leben, wie wir leben - oder auch ganz anders. Wir können Mensch sein, Spinne, Hortensie, Mann, Frau, beides oder nichts oder Blutbuche - all das und mehr zeigt dieser sehr variantenreiche Roman."
Kim de l'Horizon widmet Preis Mutter, Großmutter und Frauen im Iran
"Ich habe keine Rede vorbereitet, ich danke meiner Mutter", sagte Kim de l'Horizon gerührt, sang erst ein Lied und rasierte sich während einer Performance die Haare ab. Kim de l'Horizon dankte weiter der ganzen Familie, "meiner Großmutter, meiner Lektorin Angela, die dieses Buch zum Blühen gebracht hat, und meiner Agentin Meike, die mich in einer sehr schweren Zeit selbst auch zum Blühen gebracht hat. Ich danke allen meinen Freund*innen, die mich in diesem Jahr in dieser sehr schweren Zeit unterstützt haben. Ich denke, die Jury hat diesen Text auch ausgewählt gegen den Hass, für die Liebe. Für den Kampf aller Menschen, die wegen ihres Körpers unterdrückt werden", fuhr de l'Horizon fort und widmete den Preis auch den "mutigen Frauen im Iran".
Diese sechs Titel waren im Rennen
- Fatma Aydemir: "Dschinns" (Carl Hanser)
- Kristine Bilkau: "Nebenan" (Luchterhand)
- Daniela Dröscher: "Lügen über meine Mutter" (Kiepenheuer & Witsch)
- Jan Faktor: "Trottel" (Kiepenheuer & Witsch)
- Kim de l’Horizon: "Blutbuch" (DuMont)
- Eckhart Nickel: "Spitzweg" (Piper)