Wohnungen für Geflüchtete: Wie Dithmarschen gemeinsam hilft
Der Krieg in der Ukraine hat eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Aber nicht alles lässt sich privat organisieren. Wer Geflüchtete aufnehmen will, muss mit den Behörden zusammenarbeiten. Alexander Kuhr aus Wesseln hat eine Plattform entwickelt.
Viele Kommunen in Schleswig-Holstein suchen nach Menschen, die Wohnraum für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine anbieten können. Nun gibt es im Kreis Dithmarschen auch die private Initiative "Hilfe aus dem Norden", die Geflüchteten schnell und unkompliziert eine Bleibe vermitteln möchte.
Hilfen gegen die Hilflosigkeit
Alexander Kuhr ist 42 Jahre alt, aus Wesseln und von Beruf Fleischhandelskaufmann. Angesichts der schrecklichen Nachrichten aus der Ukraine war es für ihn selbstverständlich, etwas zu unternehmen. So wie ihm geht es vielen Schleswig-Holsteinern, die versuchen, dem Gefühl der eigenen Hilflosigkeit durch aktive Flüchtlingshilfe zu entkommen. "Es zerreißt einem das Herz, diese schrecklichen Bilder zu sehen. Ich habe selbst eine kleine Tochter. Dann überlegt man nicht lange, da hilft man einfach", sagt Kuhr.
20 Menschen bereits untergebracht

Er bündelt auf seiner privaten Plattform die Wohnraum-Angebote von Menschen aus Dithmarschen und der Umgebung. Mehr als 50 Inserate seien über das Kontaktformular in den vergangenen Tagen aufgelaufen, etwa 20 Ukrainerinnen und ihre Kinder habe er im Kreis Dithmarschen bereits unterbringen können. Mindestens 18 weitere Menschen sind laut Kuhr für die kommenden Tage angemeldet. Auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein hieß es vom Kreis, die Verwaltung wolle sich Anfang kommender Woche mit Kuhr zusammensetzen, um einen Weg zu finden, die private Initiative in das offizielle Ukraine-Hilfsangebot zu integrieren.
Enge Kontakte nach Polen
Kuhrs Netzwerk funktioniert auch deshalb so gut, weil er beruflich enge Kontakte nach Polen hat. "Einige meiner Kollegen übernehmen die Erstversorgung der Geflüchteten und melden sich bei mir, wenn Menschen aus der Ukraine eine Bleibe in Deutschland brauchen." Die Kontaktdaten seiner Initiative seien an der Grenze hinterlegt: "Wir sind hier schon sehr gut aufgestellt", sagt der 42-jährige. Geflüchtete können über die Homepage auch in der ukrainischen Sprache Wohnanfragen stellen.
Kreis weist auf offizielle Stellen hin
Das private Engagement von Alexander Kuhr sei "sehr begrüßenswert", freut man sich in der Kreisverwaltung in Heide. Entscheidend sei, dass die Absprache mit den Behörden bei diesen Projekten nicht auf der Strecke bleibe. Helfende müssten deshalb aktiv den Kontakt suchen, um eine Zusammenarbeit zu ermöglichen. "Wichtig ist, die möglichen Wohnungen zu koordinieren", teilt Pressesprecherin Melanie Kaacksteen mit. Grundsätzlich gelte: "Wohnungen für Schutzsuchende werden vor Ort über das zuständige Amt vermittelt. Wir bitten, sich an diese offiziellen Stellen zu wenden." So seien bereits rund 70 private Wohnraum-Angebote beim Landkreis aufgelaufen. Etwa so groß ist die auch die Zahl der registrierten Geflüchteten, die seit Kriegsbeginn aus der Ukraine nach Dithmarschen gekommen seien.
"Schnell und unbürokratisch helfen"
"Wir betreuen die Menschen natürlich bei Behördengängen weiter und sorgen dafür, dass sie offiziell registriert werden", sagt Alexander Kuhr. Die Registrierung habe besonders aus Versicherungsgründen oberste Priorität. Eine ukrainische Dolmetscherin sei ebenso Teil seiner zehnköpfigen Dithmarscher Hilfscommunity wie eine Wirtschaftsrechtsstudentin, die sich in der Kommunikation mit Behörden auskenne. Die Website habe ein guter Freund aufgesetzt. Er wolle "schnell und unbürokratisch" helfen und die Behörden mit seinem Angebot unterstützen.
Suche nach langfristigen Angeboten
Auf der Homepage können potenzielle Gastgeber auch die Dauer der Beherbergung angeben. Sie muss mindestens zwei Wochen betragen. "Die meisten Wohnraum-Angebote wurden für 60 Tage oder länger eingereicht", freut sich Kuhr. Der Kreis Dithmarschen weist darauf hin, dass Wohnungen für einen größeren Zeitraum zur Verfügung stehen sollten, weil die Geflüchteten voraussichtlich langfristig Schutz in Deutschland suchen.
Nicht unkoordiniert nach Polen fahren
Viele Kommunen raten von privaten Abholaktionen an der ukrainischen Grenze ab. Das bestätigt auch Alexander Kuhr nach seinen Erfahrungen. Er hat sich am Anfang März mit dem Auto auf den Weg gemacht, um Geflüchtete abzuholen. "Die Situation vor Ort ist nicht so, wie man sich das vielleicht hier in Deutschland vorstellt", sagt Kuhr. Die meisten Geflüchteten hätten durch Freunde oder Verwandte ein festes Ziel. "Viele möchten auch in Polen bleiben, also nahe der ukrainischen Grenze. Die wenigsten setzen sich zu Unbekannten in ein Auto, um nach Deutschland zu kommen." Über seine Homepage ruft Kuhr zwar auch zur Hilfe beim Transport aus dem Grenzgebiet auf. Auf die wolle er aber nur dann zurückgreifen, wenn es konkrete Anfragen von Geflüchteten gebe. Unkoordinierte Aktionen seien nicht zielführend, findet Kuhr.
