Windkraftanlagen in Friedrichsgabekoog © NDR Foto: NDR

Klage gegen Regionalplanung: Nicht überall darf repowert werden

Stand: 07.04.2022 11:24 Uhr

Weil die aktuelle Regionalplanung zur Windenergie verhindert, dass ein Mann in Dithmarschen seine Windräder repowert, hat er nun geklagt. Außerdem werden die Windräder an einigen Standorten abgebaut.

von Laura Albus

Matthias Kielholz steht auf einem Feld in Friedrichsgabekoog, zwischen Heide und Büsum. Der Wind hier kommt meistens aus Richtung Westen. Matthias Kielholz ist Biobauer und hat sich unter anderem hier auf diesem Feld ein zweites Standbein aufgebaut. Eines, mit dem er nach eigener Aussage seine Leidenschaft, die Landwirtschaft, querfinanziert. Er verdient sein Geld mit Windenergie, unter anderem indem er ältere Windräder kauft und diese repowert. Repowering bedeutet, ältere Windräder abzubauen und diese dann durch modernere, in der Regel auch höhere und leistungsstärkere, zu ersetzen. Damit nicht einfach wahllos überall Windräder gebaut werden, gibt es die Regionalplanung. Doch die hat ihre Tücken, findet Kielholz.

Klage gegen Regionalplanung

Die Regionalpläne legen fest, auf welchen zwei Prozent der Landesfläche Windräder stehen dürfen. 344 Vorranggebiete sind darin ausgewiesen. Das Feld in Friedrichsgabekoog, auf dem die sieben Windräder von Matthias Kielholz stehen, gehört nicht dazu. Hier darf er also nicht repowern. Und deshalb klagt er gegen die Pläne in ihrer jetzigen Fassung vor dem Oberverwaltungsgericht. Damit ist er nicht allein.

Matthias Kielholz vor seinem WIndpark in Friedrichsgabekoog © NDR Foto: NDR
Matthias Kielholz möchte seine Windkraftanlagen gerne überholen. Laut aktuelle Regionalplanung ist das aber nicht möglich.

Sein Anwalt Jens-Ulrich Kanieß vertritt rund 50 Kläger aus dem ganzen Land, darunter Gemeinden, Bodenbesitzer und Anlagenbetreiber. Der Meldorfer Rechtsanwalt findet: "Die Regionalplanung ist so von der Grundstruktur nicht schlecht. Sie ist nur sieben Jahre alt und von der Grundstruktur überholt. Wir haben jetzt die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichtes, wir haben den Druck jetzt auch durch den Krieg in der Ukraine, wir müssen die Klimaschutzziele erreichen und das gelingt so nicht mit der Regionalplanung, wie sie mal begonnen wurde."

Akzeptanz in der Bevölkerung hoch

Zwischen den Windrädern in Friedrichsgabekoog ist Rolf-Hendrik Voß, Jahrgang 1996, aufgewachsen. Er kennt seine Heimat nicht ohne sie und sagt: "Ich habe mir mal Fotos von früher angesehen, wie das vorher aussah - ich habe die Gegend nicht wiedererkannt. Es ist komplett landschaftsprägend." So wie er sehen es einige Anwohner. Sie leben mit dem Wind und mit den Windrädern. Die Akzeptanz in der Bevölkerung spielt eine wichtige Rolle in der Realisierung von neuen Anlagen. Hier wäre sie offenbar gegeben. Die Anschlüsse im Boden sind verlegt, Pachtverträge geschlossen. Die Infrastruktur zum Repowering wäre also vorhanden.

Aber nicht alle in der Umgebung sind begeistert von der Vorstellung, dass dort höhere Windräder stehen könnten, zum Beispiel manche Piloten vom Flugplatz Heide-Büsum. Die Nähe zum Flugplatz ist laut Innenministerium der Grund dafür, dass die Fläche in Friedrichsgabekoog aus den Regionalplänen gefallen ist.

Nähe zum Flugplatz ausschlaggebend

Für den Windparkbetreiber ist das ein vorgeschobenes Argument. Er sagt, die Windräder und der Flugplatz würden jetzt schon so lange Zeit parallel existieren. "Ich kann die Begründung der Regionalplanung nicht nachvollziehen, dass dieser Windpark herausgenommen wird, weil die Mindestflughöhe bei der Platzrunde bei circa 250 Metern liegt. Und wir wollen gar nicht so hoch bauen. Also in der momentanen Höhe sind wir bei 150 Meter, da sind also 100 Meter Puffer." Deswegen könne er nicht verstehen, warum mit einem so großen Puffer keine Windkraft mehr betrieben werden darf.

Auch der Anwalt ist der Überzeugung, dass die Nähe zum Flugplatz kein Grund sei, das Vorranggebiet per se zu verbieten. Zu prüfen, inwiefern höhere Anlagen möglicherweise in Einflugschneisen lägen, sei eigentlich Teil des Genehmigungsverfahrens. Das Innenministerium schreibt dazu: "Die Landesluftfahrtbehörde hat uns im Zuge des Planaufstellungsverfahrens des Regionalplanes bestätigt, dass sie innerhalb der Platzrunde keine luftfahrtrechtlichen Genehmigungen für neue Windenergieanlagen mehr in Aussicht stellen kann. Unter solchen Voraussetzungen kann kein Vorranggebiet ausgewiesen werden."

Abbau funktionierender Windräder

Weil nicht absehbar ist, wie lange sich die Entscheidung zieht, befürchtet Matthias Kielholz finanzielle Einbußen und die will er nicht akzeptieren. Er wird die Windräder abbauen und dafür an anderer Stelle, wo es die Regionalplanung zulässt, neue aufbauen, das steht für ihn fest. Für jedes Windrad, das Kielholz repowert, muss er zwei alte Anlagen abbauen. So ist es gesetzlich vorgeschrieben. Also wird er bei den Anlagen in Friedrichsgabekoog die Kabel aus dem Boden nehmen lassen und so gut es geht alle Spuren der Windräder dort beseitigen. Die Energiewende mit Windrädern in Friedrichsgabekoog wäre damit dann beendet.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Schleswig-Holstein Magazin | 07.04.2022 | 19:30 Uhr

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