Das Büdelsdorfer Pastorinnen-Leben auf Instagram
Wer Josephine Teske auf Instagram folgt, findet weder abgedroschene Kircheninhalte noch gestylte Influencer: Sie zeigt den ganz normalen Alltagswahnsinn als berufstätige Mutter - die immer auch Pastorin ist.
Die 34-Jährige sitzt in ihrem Wohnzimmer, zwischen deckenhohen Bücherregalen und einem Teppich voller Kinderspielzeug, und filmt sich selbst mit dem Handy in der Hand. Auf der bildfokussierten Social Media-Plattform Instagram teilt sie alles, was sie gerade bewegt. Neben den klassischen Posts macht die Pastorin bevorzugt sogenannte Stories: Fotos oder kurze Videos, die nach 24 Stunden wieder verschwinden. Jedes Video ist maximal 15 Sekunden lang, die wichtigsten Aussagen schreibt sie Weiß auf Pink dazu. "Für mich ist das der Ort, an dem ich frei sagen kann, was ich denke", sagt Josephine Teske. "Den Ort habe ich mir auch selbst so geschaffen. Ich zeige auf Instagram mein ganzes christliches Leben, wie ich als Frau, als Single, als Pastorin lebe, wie ich arbeite und wie ich auch Glauben lebe."
Als Pastorin Grenzen ausloten

Seit gut drei Jahren ist sie auf Instagram aktiv, ebenfalls seit fast drei Jahren ist sie Pastorin in Büdelsdorf. Dort leben insgesamt rund 10.000 Menschen, über Instagram erreicht sie mehr als 24.000. "Das ist wirklich rein zufällig geschehen. Ich habe privat mit Instagram angefangen und als ich gemerkt habe, dass es die Menschen interessiert, wie ich Dinge anspreche, habe ich auch provoziert. Ich habe eine Zeitlang Themen gehabt wie die Vulva und Menstruation", erzählt Pastorin Teske. "Einfach weil ich gucken wollte, wie weit kann ich Grenzen ausloten. Mittlerweile hat sich das eingepegelt. Meine Themen sind auch Andachten feiern im Netz, Gebete und Segen für andere geben." Josephine Teske zeigt sich auf ihrem Kanal sehr offen: ungeschminkt, tanzend und weinend.
Ganz andere Menschen erreichen
"Das ist schon auch Seelsorge, was ich da tue." Drei bis vier Stunden am Tag verbringt die Pastorin auf Instagram, die meiste Zeit davon mit dem Dialog mit ihren Followern. Dass sie sich so viel Zeit dafür nehmen kann, ist auch durch die Unterstützung ihres Propstes, Matthias Krüger, möglich. Er beauftragte sie, ein Viertel ihrer Arbeitszeit für digitale Kirche einzusetzen, auch für ihren Instagram-Account. "Das geht ja nicht nebenbei, das ist richtig Arbeit", erklärt Propst Krüger, der selbst einen im Vergleich zu Pastorin Teske kleinen Instagram-Account mit knapp 500 Followern betreibt. "Der große Reiz daran ist, dass Pastorin Teske es raus aus der 'Mini-Kirchen-Bubble' geschafft hat und noch mal ganz anders Menschen erreichen kann, auch ziemlich niedrigschwellig."
Kritik und Hatespeech

Nicht alle sehen das so, erzählt Pastorin Teske: Kolleginnen und Kollegen verstünden oft nicht, was sie da tut und wie eine so junge Pastorin mit wenigen Jahren Berufserfahrung zu einem Gesicht von Kirche deutschlandweit werden könne - vorbei an Hierarchien und traditionellen Karrierewegen. Auch Gläubige, die die Bibel wörtlich auslegen, kritisieren und beschimpfen Josephine Teske für ihre Posts zu Homosexualität oder Menstruation. Propst Krüger sieht selbst bei provokanten Inhalten keinen Widerspruch zur Kirche: "Uns als Pastorinnen und Pastoren ist wenig zwischen Himmel und Erde fremd. Ängste, Freuden, Hoffnung, Lust, Leidenschaft - das volle Programm. Was Pastorin Teske macht, ist das sie genau die Themen aufgreift, die ihrer Meinung nach besprochen werden sollten." Der Rückhalt ihres Propstes bestärkt Josephine Teske darin, selbstbewusst mit negativen Reaktionen umzugehen.
Kirche dem Zeitgeist anpassen
Per Instagram schafft sie etwas, das Kirche sonst schwerfällt: Sie erreicht 20- bis 40-Jährige und Menschen, die mit Kirche eigentlich nichts am Hut haben. Wie Adriana Kontou: Sie lebt in Büdelsdorf, gehört aber nicht zu Teskes Kirchengemeinde, da sie griechisch-orthodox getauft ist. "Obwohl ich nicht gläubig bin, folge ich ihr und habe durch sie vieles über Glauben erfahren", erzählt Kontou und ergänzt: "Es hilft mir, Sachen manchmal anders zu sehen - und ihre Art finde ich so schön. Dass es nicht nur dieses saloppe Predigen ist, sondern sie erzählt Geschichten. Und wer hört sich nicht gerne Geschichten an?"
Josephine Teskes Instagram-Kanal lebt von ihrer Persönlichkeit. "Natürlich bin ich immer Pastorin, egal, was ich mache", sagt Teske. "Aber vor allem bin ich immer Phine und mit ganzem Herzen dabei." Die Inhalte wählt sie frei aus dem Bauch heraus. Auch Kirchenthemen wirken bei ihr nicht missionarisch, sondern gehören selbstverständlich zu ihrem Leben.
Digitale Angebote in Coronazeiten immer wichtiger

In der Corona-Zeit wurden auch in der Kirche digitale Angebote immer wichtiger, mit digitalen Andachten auf Instagram ist Teske vorne mit dabei. "Das ist für mich ein neuer Verkündigungsweg. Ich will über Instagram erreichen, dass Menschen ihre Beziehung zu Gott leben können, dass da Hürden abgebaut werden. Ich möchte zeigen, dass man nicht falsch glauben kann und nicht falsch beten." Nicht nur digital, auch in der analogen Welt ist ihr Instagram-Erfolg zu spüren: Immer mehr junge Menschen kommen zu ihr in den Gottesdienst, weil sie die Pastorin über Instagram kennen. Josephine Teske gibt Einblicke in ihre Arbeit als Pastorin, bringt kirchliche Inhalte in den Alltag ihrer Follower und schafft es so, Kirche via Social-Media im 21. Jahrhundert ankommen zu lassen.
In der aktuellen Podcast-Folge von "Das geht auf mich" erfährt Moderatorin Maja Herzbach noch viel mehr über Josephine Teske und ihrem Leben als "Instagram-Pastorin".
