Helfer reinigen das verseuchte Material © Lena Haamann Foto: Lena Haamann

Bienen in Gefahr: Imker im Kampf gegen die Amerikanische Faulbrut

Stand: 03.05.2022 05:00 Uhr

In Elmshorn kämpfen die Imker schon das zweite Jahr in Folge mit der Faulbrut. Zahlreiche Völker und Honigernten haben sie schon verloren. Aber: Noch geben sie nicht auf.

von Lena Haamann

Er zieht eine Wabe aus dem Bienenstock und sucht konzentriert die Hunderte von Bienen ab, die darauf sitzen. Michael Keßler ist auf der Suche nach der Königin. Er will sie in Sicherheit bringen, bevor er seine rund 6.000 Bienen von den einzelnen Waben abschütteln wird. Eigentlich würde er sie jetzt in die Rapsfelder stellen und Anfang Juni ihren Honig ernten. Stattdessen muss er sein gesamtes Material aufwendig reinigen, denn seine Völker sind von der Amerikanischen Faulbrut befallen. Zusammen mit vier anderen Imkern zieht er sich seine Schutzkleidung an. Die Unterstützung braucht er, denn jetzt kommt es darauf an, schnell zu sein. "Wir nehmen den Bienen ihr Zuhause, ihre Vorräte und ihre Brut weg, das lassen sie nicht kampflos mit sich machen", sagt der Hobbyimker.

 Für den Menschen ungefährlich - für Bienen tödlich

Michael Keßler spricht aus Erfahrung, denn obwohl er erst seit drei Jahren imkert, ist es nicht das erste Mal, dass die hartnäckige Tierseuche bei ihm ausbricht. Von 29 Völkern sind nur noch 11 übrig geblieben. Die restlichen Bienen schwärmen jetzt um die Imker herum, während sie eine Wabe nach der anderen abklopfen. Mit dabei ist auch Andreas Thanhäuser, Obmann für Bienengesundheit im Kreis Pinneberg: "Die Faulbrut ist das Schlimmste, was einem Imker passieren kann. Der Erreger ist ein hochansteckendes Bakterium, das die Brut der Bienen zersetzt und zum Tod des gesamten Volkes führt, wenn der Imker nicht eingreifen würde", weiß er. Für den Menschen ist die Krankheit ungefährlich.

Bienen sollen sich sauber hungern

Die Bienen stecken sich an, indem sie ein befallenes Volk ausrauben oder eine verlassene Beute, also Bienenbehausung, plündern. Dabei infizieren sie sich mit den Sporen, die sich an den Brut-, Honig- oder Futterwaben befinden und tragen die Krankheit in ihr eigenes Volk. Durch verseuchtes Futter gelangt der Erreger in die Larven und bringt sie zum Absterben. Ein Gebiet in Elmshorn um die befallenen Imkereien herum ist deshalb schon im vergangenen Jahr zum Sperrbezirk erklärt worden. Hier dürfen Völker weder rein noch raus und werden regelmäßig vom Veterinäramt untersucht. Michael Keßlers Bienen bewohnen jetzt leere Kästen. "Sie bleiben ein paar Tage ohne Futter und hungern sich auf diese Weise sauber", erklärt er. "Den infizierten Honig scheiden sie wieder aus."

Ätzende Natronlauge gegen die Erreger

Die Waben, die Bienenstöcke, sein gesamtes verseuchtes Material muss der Hobbyimker nun aufwendig sanieren. Ein ganzes Wochenende lang. Gemeinsam mit insgesamt neun weiteren betroffenen Imkern und welchen, die helfen wollen. Auf dem Gelände der Elmshorner Feuerwehr haben sie schon früh morgens verschiedene Reinigungsstationen aufgebaut. "Wir fangen hier am Kratztisch an, bitte alle Materialien von Wachs und Propolis befreien, so gut es geht. Am Ende gibt es eine Qualitätskontrolle", weist Andreas Thanhäuser die Imker ein. Die zweite Station für die rund 100 Bienenstöcke und 2.000 Waben: das Säurefass. In kochender Natronlauge müssen die Imker alles desinfizieren und anschließend mit einem Hochdruckreiniger abspritzen. Das Wachs aus den Waben schmelzen sie ein. Jeden Imker kostet diese Aktion rund 600 Euro. Und alles haben sie im vergangenen Jahr schon einmal gemacht.

 "Imkern kann man nicht per Youtube lernen"

Weil die Faulbrut-Erreger kurz nach der letzten Aktion in hoher Zahl wieder nachgewiesen wurden, gehen die Imker davon aus, dass der Befall nicht aus den sanierten Imkereien stammen kann. Sie vermuten nicht gemeldete oder verwilderte Bienenvölker im Sperrbezirk. "Die Imkerei erfreut sich wieder großer Beliebtheit und viele versuchen, sich das Wissen dazu nur über Youtube anzueignen. Das ist sicher ein Grund für die Zunahme der Seuche." Die Elmshorner Imker haben deshalb 1.000 Flugblätter an die Bewohner im Sperrbezirk verteilt und sich auch selbst auf die Suche nach wilden Völkern gemacht. Bisher ohne Erfolg.

"So macht die Imkerei keinen Spaß"

Die Verbreitung der Amerikanischen Faulbrut ist in ganz Schleswig-Holstein ein Problem. Zehn Sperrgebiete gibt es momentan, so viele wie noch nie. "So macht die Imkerei keinen Spaß", sagt Michael Keßler. "Wenn unsere Reinigungs-Aktion dieses Mal wieder nicht hilft, werde ich erst einmal pausieren." Und er ist nicht der einzige, der so denkt. In zwei Monaten werden die Elmshorner Imker erfahren, ob ihre Sanierung erfolgreich war. Dann werden wieder alle Völker im Sperrbezirk auf den Erreger untersucht.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Schleswig-Holstein Magazin | 03.05.2022 | 19:30 Uhr

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