Virtual-Reality-Brille zeigt die Welt aus Sicht der Pferde
Wie sehen eigentlich Pferde? Auf diese Frage liefert Agraringenieur Benito Weise vom Landwirtschaftlichen Bildungszentrum (LBZ) Echem die Antwort - erlebbar mithilfe einer Virtual-Reality-Brille.
"Pferde haben die größten Augäpfel unter den europäischen Säugetieren", erklärt Weise. Ihre Sinneswahrnehmung sei perfekt auf Flucht getrimmt, die visuelle Wahrnehmung aber anders als bei Menschen. So können die Vierbeiner in der Dämmerung gut sehen, sie brauchen dafür wenig Licht. Während Menschen etwa einen 100-Grad-Blick haben, sind es bei Pferden mehr als 300 Grad. So nehmen sie auch ihre Umwelt wahr, die nahezu hinter ihnen liegt. "Ein Gewitter haben die schon längst erkannt, da haben wir den Wetterbericht noch gar nicht verstanden", sagt der Entwickler. Wirklich scharf sehen sie aber nur in einem kleinen Bereich von rund 30 Grad vor ihnen.
Tierwohl steht im Mittelpunkt

Weise, der beim LBZ in Echem (Landkreis Lüneburg) die außerbetriebliche Ausbildung koordiniert, möchte seine Erkenntnisse aus Büchern und wissenschaftlichen Studien gern weitervermitteln. Vielfach sei das Verständnis für die Tiere einfach nicht da - aus Unwissenheit. Das will der Entwickler mit der Brille ändern. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen der Tiergerechtigkeit, dem Tierwohl und der Unfallvermeidung dienen.
Weise entwickelte bereits die Kuh-Brille
Der LBZ-Mitarbeiter befasst sich bereits seit Jahren mit dem Thema Tierwohl. Er sucht immer wieder nach neuen didaktischen Ansätzen, die Tierhaltenden "einen etwas emotionaleren Zugang zu dem Tier ermöglichen", erklärt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Dieses Ziel hat Weise schon 2018 mit der Kuh-Brille verfolgt. Sie folgt demselben Ansatz: die Welt der Kuh für Halter, Züchter und anderen Interessierte sichtbar zu machen und damit aufzuzeigen, wo zum Beispiel Haltung und tägliche Wege der Tiere verbessert werden können.
Brille soll auch das Hören erlebbar machen
Wegen Lieferschwierigkeiten bei der Kamera will Weise die VR-Brillen mit gebrauchten Ersatzteilen ausrüsten und sie zunächst nur verleihen. Die Sehhilfen in Echtzeit seien ein Novum, bisher habe es nur von Kameras aufgezeichnete und am Computer bearbeitete Bilder gegeben. Interesse wird es wohl genug geben, denn schon die Kuh-Brille sprach sich schnell herum: "Es gibt Anfragen von Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen aus China, den USA und Neuseeland", so Weise. Nun bastelt er noch an einer akustischen Ergänzung für die technisch anspruchsvolle Pferde-Brille. Die Menschen hätten das Hören verlernt, deshalb sei es besonders interessant, den Sinn bei Vierbeinern zu simulieren.
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