Gesundheit der uralten Ivenacker Eichen überrascht Experten
Die 1.000 Jahre alten Ivenacker Eichen stecken den Klimawandel offenbar besser als erwartet weg. Das ist das Ergebnis eines umfassenden Gesundheits-Checks im vergangenen Sommer, das jetzt vorgestellt wurde.
Dabei entdeckten die Baum-Spezialisten auch eine botanische Besonderheit. In der Krone einer uralten Eiche wachsen unterschiedliche Blätter. Die Eichen im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte gehören zu den ältesten Bäumen Deutschlands und sind ein Nationales Naturmonument. Für ihr Alter könnte der Zustand der Eichen nicht besser sein, schätzen die Experten ein. "Das ist ganz wunderbar. Alles in Ordnung. Gut so", sagt die Bodensachverständige Katharina Weltecke. Gerade vor der ältesten Eiche, deren Alter auf 800 bis 1.000 Jahre geschätzt wird, ziehen die Experten ihren Hut. Der Baumbiologe Andreas Roloff sagt, es sei "unfassbar", dass der Baum es mit einer Höhe von 32 Metern noch schafft, das Wasser in die Krone zu transportieren: "Das ist ganz ungewöhnlich."
Nach Schwächephase gut erholt
Der Baum gibt den Experten aber auch Rätsel auf. Er muss in den vergangenen Jahren eine Schwächephase gehabt haben. Aber ausgerechnet in den trockenen Jahren 2018 und 2019 hat die Eiche sich wieder aufgerappelt. Katharina Weltecke: "Wieso konnte sie sich davon erholen in der Zeit, in der es allen anderen Bäumen definitiv schlecht ging? Das ist schon erstaunlich, ein Hoffnungsschimmer, dass diese alten Eichen, die seit 1.000 Jahren die Zeit überdauert haben, offensichtlich ein Anpassungsvermögen haben, das sonst eigentlich nur Jungbäumen oder Bäumen der nächsten Generation durch Nachwuchs zugesprochen wird."
Experten zählten Regenwürmer
Zwei Tage lang hatten sich im Sommer 15 Experten Zeit für die Eichen genommen. Untersucht haben sie nahezu alles, was sich an einem Baum untersuchen lässt, von der Wurzel bis zur Krone. Auch der Boden und der Standort wurden unter die Lupe genommen. Mit einem Schallwiderstandsmessgerät haben sie ins Innere des Stammes geschaut, ohne ihn anzubohren. Mit einem Georadar haben sie die Wurzeln geortet. Außerdem zählten sie, wie viele Regenwürmer sich im Boden um die Eiche aufhalten. Mit Hilfe eines Wurfseils wurden Zweige aus der Krone entnommen. So konnten die Experten feststellen, wie stark die Triebe in den vergangenen Jahren gewachsen.
Stieleiche, Traubeneiche, Pyrenäeneiche
Die größte Überraschung entdeckte Andreas Roloff an der ältesten Eiche. Drei verschiedene Blattformen wachsen an ihren Zweigen. Bislang gingen die Experten davon aus, dass die uralten Eichen Stieleichen sind. An dem Baum fand Roloff jedoch verschiedene Blätter, die Merkmale von Stileichen, Traubeneichen oder Pyrenäeneichen aufweisen. Das ist eine botanische Neuheit. Roloff mutmaßt, dass sich der Baum damit gewappnet hat für Hitze und Trockenheit. "Meine Hypothese ist, dass in den wärmeren Kronenbereichen diese Traubeneichen-ähnlichen Blätter auftreten und in den beschatteten die Stieleichen-ähnlichen. Also die Lösung dieses Krimis, die steht noch aus."
Zu viel Wild im Eichen-Park
Trotz des positiven Befundes sind die Experten mit Prognosen sehr vorsichtig. Denn selbst ein sehr alter Baum, der immer günstige Bedingungen hatte, kann von heute auf morgen überrascht werden von Extrem-Ereignissen. Dennoch gehen die Baumspezialisten davon aus, dass die uralten Eichen uns alle überleben werden. Der Standort ist ideal, sie kommen gut ans Grundwasser. Wenn es keine einschneidenden Ereignisse gibt, dann können sie noch Jahrhunderte weiterleben. Eine Empfehlung wollen die Experten aber noch los werden. Die Eichen stehen auf dem Gelände des Ivenacker Tiergartens. Dort lebt Damwild, wodurch der Boden viel Stickstoff aufweist. Bislang kommen die Eichen damit offensichtlich zurecht. Trotzdem empfehlen die Gutachter, den Wildbestand etwas zu reduzieren.
