G8-Gipfel: Land wegen Polizeispitzels verklagt
Demos, Strandkorb und Staats- und Regierungschefs aus den acht wichtigsten Ländern der Welt im großen Nobel-Hotel an der Ostsee: Der G8-Gipfel in Heiligendamm im Juni 2007 ist längst Geschichte. Aber in Gerichtsakten spielt er wieder eine Rolle. Nun hat das Verwaltungsgericht Schwerin die Klage eines US-Bürgers gegen das Land Mecklenburg-Vorpommern verhandelt.
Der Fall klingt nach einem guten Krimi-Stoff: Es geht um den Einsatz eines verdeckten Ermittlers in der Anti-Gipfel-Szene. Der britische Polizist Mark Kennedy alias Mark Stone hat für National Public Order Intelligence Unit (NPOIU) gearbeitet, eine Art Polizei-Sonder-Organisation, um Umweltaktivisten auszuspähen. Mark Kennedy wurde 2007 auch auf Jason Kirkpatrick angesetzt, der damals in Berlin wohnte.
LKA habe sich nicht an Gesetze gehalten
Kennedy habe seine Nähe gesucht, ihn in seiner Berliner Wohnung besucht und ihn ausgehorcht, beschwert sich Kirkpatrick. Auch während des Gipfels habe er in und um Heiligendamm mehrmals Kontakt gesucht. Weil als erwiesen gilt, dass der Polizist auch im Dienst des Landes Mecklenburg-Vorpommern stand, hat Kirkpatrick mit Hilfe seiner Berliner Anwältin Anna Luczak das Land verklagt. Für beide ist klar: Das Landeskriminalamt (LKA) hat sich damals nicht an geltende Gesetze gehalten.
Keine rechtliche Grundlage für Einsatz des Polizeispitzels
Von Kirkpatrick sei nie eine Gefahr ausgegangen, und er sei auch nie in Straftaten verwickelt gewesen - trotzdem seien Berichte über ihn geschrieben und weitergegeben worden. Der Einsatz des ausländischen Polizeispitzels sei auch deshalb rechtswidrig gewesen, es habe schlicht die rechtliche Grundlage gefehlt. Ein verdeckter Einsatz wäre nur erlaubt gewesen, so die Anwältin, wenn die Zielperson in Zusammenhang mit schweren Straftaten gestanden hätte. Bei ihrem Mandanten sei das aber klar nicht der Fall gewesen.
Britischer Polizist im Landesdienst
Das Innenministerium in Schwerin wollte sich auf Nachfrage nicht zu der Angelegenheit und dem Einsatz des verdeckten Ermittlers äußern. Eine Sprecherin verwies auf das laufende Gerichtsverfahren (AZ 7A 2862/16). Allerdings hatte schon vor Jahren der damalige Innenminister Lorenz Caffier (CDU) eingeräumt, dass der britische Polizist für die Zeit des Gipfels in Landesdiensten war. Ihm seien auch Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten erstattet worden, heißt es in Antworten auf Anfragen der damaligen Linksfraktion. Den Vertrag habe die "zuständige Behörde der Landespolizei" geschlossen - das wäre also das LKA.
Verfahren läuft seit fünf Jahren
Das Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sehr wahrscheinlich gibt es beim Gerichtstermin am Freitag noch keine Entscheidung. Der Einzelrichter hat zur mündlichen Verhandlung gebeten. Für das Land tritt dort keine externe Anwaltskanzlei auf, das erledigen Beamte aus dem Innenministerium. Das Verfahren läuft bereits seit mehr als fünf Jahren. Alle Unterlagen im Zusammenhang mit dem Einsatz sind aus Datenschutzgründen vernichtet. Das, so die Anwältin des Klägers, habe das Land bereits mitgeteilt.
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