Erste Geflüchtete aus der Ukraine sind in MV angekommen
Seit Russland die Ukraine angreift, sind Zehntausende Menschen auf der Flucht. Seit dem Wochenende sind erste Kriegsflüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern angekommen.
Die ersten Geflüchteten aus der Ukraine sind über die polnische Grenze nach Mecklenburg-Vorpommern gekommen. Zunächst waren in der Nacht zum Sonntag 20 Ukrainer in Privatautos in Schwerin angekommen. Am Sonntagabend kam dann ein Bus mit Frauen und Kindern. Schwerin hatte laut Innenminister Christian Pegel (SPD) am Donnerstag unverzüglich auf den Aufruf des Landeskrisenstabs reagiert, Unterkünfte für Geflüchtete aus der Ukraine vorzubereiten. Mittlerweile stehen in Schwerin nach Angaben der Stadtverwaltung Unterkünfte für 200 Flüchtlinge bereit. Die Stadtverwaltung und Hilfsorganisationen verbreiteten zudem über die sozialen Medien Informationen in deutscher und ukrainischer Sprache, so Pegel. Der Minister dankte allen Beteiligten für ihr Engagement. Die Ankunft weiterer ukrainischer Staatsbürger wurde im Laufe des Sonntags auch in Neubrandenburg, Rostock und Stralsund zu erwartet. Auch dort seien die Stadtverwaltungen darauf vorbereitet.
Bisher keine Hilfesuchenden in Rostock angekommen
Am Rostocker Hauptbahnhof warteten rund 30 Helfer, denn es kursierte die Information, dass Geflüchtete aus der Ukraine mit Zügen aus Richtung Berlin kommen würden. Auch ein Reisebus aus Kiew sei auf dem Weg, hieß es. Eine Bestätigung dafür hat es nicht gegeben und schließlich ist auch niemand angekommen. Aber die Hilfsbereitschaft ist groß: Viele Menschen haben Lebensmittel, Getränke oder warme Kleidung zum Bahnhof gebracht. Die Spenden liegen nun vorerst bei der Jüdischen Gemeinde der Stadt. Verschiedene Gruppen hatten zu Hilfsleistungen aufgerufen und dazu, Wohnungen bereit zu halten. Allein der Verein "Rostock hilft" hat bisher 66 mögliche Unterkünfte zur Verfügung.
Viele private Hilfsaktionen
Auch in Greifswald werden bereits viele Sachspenden gesammelt. Sie können im Rathaus abgegeben werden. Die Spenden werden in die polnische Partnerstadt Stettin, oder direkt an die polnisch-ukrainische Grenze geschickt. Andere Spenden bleiben in Greifswald. Denn auch dort laufen die Vorbereitungen, sollten Flüchtende ankommen. So hat der Landkreis Vorpommern-Greifswald beispielsweise eine zentrale Adresse eingerichtet, um Wohnungsangebote von der Bevölkerung zu bündeln.
MV hilft auch an den Grenzen
Harald Linde ist ein ehrenamtlicher Helfer von der Insel Usedom. Er hat sich mit sechs Sprintern auf den Weg an die polnisch-ukrainische Grenze gemacht. Seine Frau ist Ukrainerin. Vor Ort unterstützen er und sein Team die Menschen beispielsweise mit Nahrungsmitteln, Babynahrung und Wasser. "Wir haben zu Hause eine gigantische Welle an Hilfsbereitschaft erlebt", sagte Linde bei NDR MV Live. "Wir haben zum Beispiel völlig unproblematisch von den örtlichen Hotels die Fahrzeuge zur Verfügung gestellt bekommen." Aktuell sei der Bedarf an Hilfe aber noch recht verhalten, weil immer nur schubweise kleinere Gruppen eintreffen. "Pro Stunde kommen etwa 10 bis 20 Fußgänger und zwei Pkw über die Grenze. Auf der ukrainischen Seite muss es also massive Staus geben", führt Linde fort. Demnach läuft dort alles in geordneten Bahnen.
Drei Tage auf der Flucht bis nach Stettin
In Stettin ist die Hilfsbereitschaft ebenfalls spürbar groß. "Hier ist für alles gesorgt", sagt NDR Reporter Stefan Weidig, der live aus Stettin berichtet. Am Sonntagmorgen kamen die ersten Geflüchteten in der polnischen Metropole Stettin, wenige Kilometer östlich von Mecklenburg-Vorpommern an. Der durchgehende Intercity war am Vorabend direkt an der ukrainischen Grenze abgefahren. An Bord waren etwa 40 Geflüchtete aus der Ukraine, darunter Igor mit seiner Familie aus Winnyzja. Die 300.000-Einwohner-Stadt liegt mitten in der Ukraine. Über Lwiw (Lemberg) bis an die Grenze zu kommen, sei schwer gewesen. Zehn Stunden habe er, so berichtet Igor in gebrochenem Englisch, mit seinen Töchtern, seiner Frau und seinen Schwestern an der ukrainisch-polnischen Grenze warten müssen. Von Winnyzja bis nach Stettin waren sie drei Tage unterwegs. Mit dem Bus, zu Fuß und nun zuletzt mit dem Zug.
Langes Warten an der Grenze
Im Zug nach Stettin saß auch der 16-jährige Modan mit seiner Mutter aus Brody. Der Ort liegt etwa 100 Kilometer von Lwiw entfernt. Auch sie haben lange an der Grenze nach Polen warten müssen. Von seinem Vater hat er lange nichts gehört, der kämpfe gegen die Russen, berichtet Modan. Eine Stettiner Flüchtling-Organisation hatte direkt am Bahnsteig kleine Stände aufgebaut. Mit dabei auch der freiwillige Helfer Philipp: "Hier geben wir ihnen erstmal was zu essen: Früchte, Wasser, Tee und Brot. Wir helfen ihnen beim Registrieren und haben auch Fahrer, um sie zu transportieren." Die Helfer verteilen auch Flyer mit wichtigen Informationen der Stettiner Stadtverwaltung.
Zu Verwandten in Stettin
Philipp berichtet, dass die meisten Flüchtlinge erst einmal in Stettin bleiben und unterkommen wollen. "Sie haben Verwandte hier, sie haben Freunde hier. Die Wurzeln vieler Ukrainer hier in der Region sind schon vierzig oder fünfzig Jahre alt." Einige der Flüchtlinge benutzen Stettin nur als Transit-Station. Sie wollen weiter nach Deutschland oder nach Dänemark. Die Stettiner Flüchtlings-Organisation stellt sich unterdessen darauf ein, dass in den kommenden Tagen die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine weiter steigen wird.
Ehrenamtsstiftung gibt bis zu 3.000 Euro für Flüchtlings-Initiativen
Initiativen für die Ukraine-Hilfe im Land können Unterstützung von der Ehrenamtsstiftung Mecklenburg-Vorpommern bekommen. Bis zu 3.000 Euro pro Initiative seien möglich, sagte eine Sprecherin der Stiftung am Montag. Damit könnten etwa Transportkosten finanziert werden. Zur Vernetzung von Organisationen, Hilfswilligen und diversen Spenden könne die Internet-Plattform der Stiftung "Gutes tun in MV" genutzt werden. Die bürgerschaftliche Flüchtlingshilfe in MV formiere sich gerade, darunter seien Initiativen, die bereits während der Flüchtlingswelle aus Syrien 2015 und 2016 aktiv waren. Es würden bereits Sachspenden für Geflüchtete gesammelt, private Unterkünfte und Mitfahrgelegenheiten organisiert.
