Ein Strandzugang vor dem Hotel Hilton in Swinemünde © NDR

Podcast Dorf-Stadt-Kreis: Boomtown Swinemünde? Eine Stadt - zwei Gesichter

Stand: 30.06.2022 17:48 Uhr

Deutsche Ostseeurlauber auf Usedom geraten ins Schwärmen, wenn sie von ihren Besuchen in Swinemünde berichten: wunderschöne bis zu 150 Meter breite Strände, eine kilometerlange Promenade mit Restaurants, Cafés und Geschäften, ein großer Kurpark, alte Bäderarchitektur. Und das alles zu noch vergleichsweise günstigen Preisen.

Das ist die eine, die romantische Seite. Auf der anderen Seite des Flusses Swine - in Sichtweite der Urlauber - ragen Kräne in die Höhe. Die polnische Marine hat hier einen Standort, die Überbleibsel der alten Werft führen ein rostiges Schattendasein und große Tanker bringen seit 2015 Gas zum LNG-Terminal.

Urlaub und Industrie Seite an Seite - wie passt das zusammen?

Während in den Kaiserbädern auf deutscher Seite die Industrie kaum eine Rolle spielt, gab und gibt es wieder in Swinemünde eine starke maritime Wirtschaft. Hier fahren auch Fähren nach Skandinavien ab. Deshalb ist Swinemünde für viele Polen eine Art Sehnsuchtsort - der Hafen war das Tor zur Welt, sagt die polnische Publizistin Aleksandra Fedorska in der aktuellen Folge unseres Podcasts Dorf Stadt Kreis - Pomerania. Sie ist in Schleswig-Holstein aufgewachsen, kennt auch die Befindlichkeiten auf deutscher Seite, wenn es um Wirtschaftsinvestitionen geht, die in die Natur eingreifen. Aber, so sagt sie, um junge Leute an die Küste zu holen, reicht es nicht, Arbeitsplätze im Tourismus anzubieten. Davon könne man keine Familie ernähren. Deshalb seien die besser bezahlten Industriearbeitsplätze so wichtig.

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Erfolgsgeschichte LNG-Terminal

Gegen viele Widerstände hatte die polnische Regierung das Projekt Gashafen realisiert. Ziel war es, sich unabhängiger von russischem Gas zu machen. Im Dezember 2015 kam der erste Tanker, eine Investition, die sich gelohnt hat. Mit dem Wissen von heute war das eine sehr gute Entscheidung, bestätigt auch Thorsten Haasch, der Chef der Industrie- und Handelskammer in Neubrandenburg. Die Kapazitäten sind längst ausgeschöpft, neue Erweiterungen geplant. Auch Länder ohne Meerzugang, wie zum Beispiel Tschechien, profitieren davon.

Containerhafen geplant

Die polnische Zentralregierung sieht großes Potential im Ausbau der Logistik- und Transportwirtschaft in Swinemünde, auch mit Blick auf die Nachbarstaaten. Mit Eisenbahngesellschaften in Tschechien und der Ukraine wurden bereits erste Verträge geschlossen.

Die Planungen für den Containerhafen sind nach Informationen von Aleksandra Fedorska auf der Zielgeraden. Zwei international agierende Unternehmensgruppen haben sich um den Auftrag beworben. Künftig könnten also bis zu 400 Meter lange Containerschiffe in Sichtweite des Strandes vorbeiziehen. Eine Vorstellung, die vielen polnischen Senioren aber auch den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Sie fürchten einen Wertverlust für die Immobilien, die sie an der Küste gekauft haben, um ihren Ruhestand zu genießen.

Fertigstellung Swinetunnel Anfang 2023

Grafik vom Verlauf des Swinetunnels.
Der Tunnel soll die beiden Inseln Usedom und Wollin verbinden und damit auch die auf ihnen gelegenen Stadtteile. Bislang müssen Autofahrer und Fußgänger noch mit der Fähre übersetzen.

Für viele Urlauber, die aus anderen polnischen Regionen anreisen, wird der knapp zwei Kilometer lange Tunnel unter der Swine eine große Erleichterung bringen, freut sich Aleksandra Fedorska. Bislang hat der Usedomer Teil Swinemündes keinen direkten Anschluss an das polnische Festland. Eine Fähre pendelt über die Swine, verbunden mit oftmals langen Wartezeiten.

Bauboom soll enden

In den vergangenen Jahren hat sich die westliche Küstenregion stark verändert. Entstanden sind in Rekordzeit Hotels und Appartementanlagen. Damit soll jetzt Schluss sein, sagt Stadtpräsident Janusz Żmurkiewicz. Es gebe einen Raumordnungsplan und nur die jetzt bereits geplanten und im Bau befindlichen touristischen Vorhaben sollen noch umgesetzt werden. Insgesamt seien in Swinemünde nur sieben Prozent der Fläche bebaut - 93 Prozent sind Grün- und Wasserflächen.  

Der Stadtpräsident widerspricht auch Gerüchten, dass für den neuen Container-Hafen 500 Hektar Wald auf der Insel Wollin abgeholzt werden sollen. Dies stimme einfach nicht, der Hafen entstehe im Meer, lediglich für Zufahrtsstraßen müssten Bäume weichen. Klar, es werde Auswirkungen auf die Natur geben, so Żmurkiewicz, er sei aber immer gesprächsbereit, um die Bedeutung der Investition für Polen und die Gemeinde Swinemünde zu erläutern.

 

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Dieses Thema im Programm:

MV IM FOKUS – Darüber spricht Mecklenburg-Vorpommern! | 30.06.2022 | 16:00 Uhr

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