Bauernproteste: Politische Vorgaben und keine Planungssicherheit
Landwirte sorgen sich um ihre Zukunft. Sie kritisieren die strengen politischen Vorgaben, vermissen dabei Planungssicherheit und verweisen auf die stark gestiegenen Produktionskosten, denen niedrige Erzeugerpreise gegenüberstehen, etwa bei Mastschweinen.
Ein Streitpunkt ist die Düngelandesverordnung. Darin sind die sogenannten Roten Gebiete markiert, also jene Regionen, in denen das Grundwasser zu stark mit Nitrat belastet ist. Aktuell wird ein neuer Entwurf diskutiert, der vom Landwirtschaftsministerium erarbeitet wurde. Denn das Oberverwaltungsgericht Greifswald hatte im vergangenen November die Düngelandesverordnung von 2019 und die Änderungsfassung von 2020 für unwirksam erklärt. Inzwischen befasst sich das Bundesverwaltungsgericht Leipzig mit dem Thema.
Mehr rote Gebiete als bisher
Im Entwurf zur neuen Düngelandesverordnung sind nun 46 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche als Rote Gebiete ausgewiesen, bislang waren es 13 Prozent. Die Unterschiede entstehen, weil zwei unterschiedliche Verfahren herangezogen wurden, um die Nitratwerte zu ermitteln.
Nitratwerte unterschiedlich ermittelt
In der vom Gericht gekippten Verordnung wurde jeder einzelne der 53 Grundwasserkörper im Land und die dazugehörigen Messstellen betrachtet. Insgesamt hat Mecklenburg-Vorpommern 552 Grundwasser-Messstellen. Ermittelte eine Messstelle einen zu hohen Nitratwert, wurde die dazugehörige Fläche drumherum als rot markiert. Dem Gericht fehlten ausreichend Kontrollpunkte, die die gemessenen Werte quasi bestätigen. Bei dem nun angewandten Verfahren wurden Nährstoffdaten aus Landwirtschaftsbetrieben herangezogen, die in den Jahren 2012 bis 2016 aufgeführt wurden. Daraus wurde abgeleitet, wieviel Dünger Landwirte ausgebracht haben, mit dem Ergebnis, dass es zu viel gewesen sei.
Landwirte bezweifeln Messdaten
Viele Landwirte zweifeln die Messdaten des Landes an. Wer in einem solchen Roten Gebiet wirtschaftet, muss weniger düngen. Betroffene Landwirte verweisen immer wieder auf Ertrags- und Qualitätseinbußen etwa bei Getreide. Landwirte fragen sich zudem, welchen Einfluss Klärwerke, Kiesgruben oder auch Abwasser haben. Sie fordern auch mehr Messstellen, haben teilweise eigene Messtellen errichtet, in enger Zusammenarbeit mit Fachbehörden, die nach Aussage der Landwirte unauffällige Nitratwerte messen. Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) hatte zuletzt wiederholt zu hohe Nitratwerte kritisiert. Diese seien ein reales Problem. "Nitrat und Pflanzenschutzmittel gehören nicht ins Grundwasser, auch aus Verantwortung vor nachfolgenden Generationen", sagte der Minister auf einer Pressekonferenz Anfang der Woche. Zudem müsse sich das Land an Vorschriften halten, die der Bund vorgibt. Außerdem macht die Europäische Union seit Jahren Druck und fordert von Deutschland wirksamere Maßnahmen gegen die hohen Nitratwerte im Grundwasser.
Tierhalter sorgen sich
Ein weiteres Konfliktthema sind die hohen gesetzlichen Auflagen in der Tierhaltung, bei denen es vor allem um eine artgerechtere Haltung und mehr Tierwohl geht. So dürfen Sauen künftig nicht mehr in sogenannten Kastenständen gehalten werden. Landwirte fordern für ihre Betriebe mehr Planungssicherheit beim Umbau der Ställe, auch eine finanzielle Unterstützung. Zudem verweisen sie auf den steigenden Wettbewerbsdruck innerhalb der EU, weil die Vorgaben nur für Deutschland gelten. Für Schweinebauern erschwert sich die Situation zusätzlich, da wegen der Afrikanischen Schweinepest weltweit Absatzmärkte verloren gegangen sind. In Mecklenburg-Vorpommern war die Tierseuche erstmals im November 2021 festgestellt worden.
Kosten für Produktion gestiegen
Der Bauernverband verweist auf die deutlich gestiegenen Produktionskosten für Dünger, Benzin, Diesel und Strom. Demgegenüber stehen die stark schwankenden und teilweise niedrigen Erzeugerpreise etwa bei Milch und Fleisch. Der neue Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Die Grünen) will dies ändern. Er strebt höhere Preise für Lebensmittel und Agrarprodukte an, von denen direkt auch die Landwirte profitieren sollen. Positiv heben viele Bauern hervor, dass Verbraucher zunehmend auf regionale Produkte setzen. Studien belegen das.
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