Stand: 07.07.2013 13:00 Uhr

"Burschis raus!" - Demo gegen Rechten-Treffen

von Oliver Diedrich

Für den Hamburger Verfassungsschutz ist die Sache klar: "Die 'Pennale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg' ist eine Vereinigung, die deutliche Bezüge zum Rechtsextremismus aufweist", steht im aktuellen Bericht der Behörde. Für die Demonstranten, die an diesem Sonnabend vor einem Backsteinhaus in der Sierichstraße stehen, ist die Sache auch klar: "Noch so jung und schon so scheiße - gegen das Treffen der extrem rechten Schülerburschenschaften!" steht auf einem Plakat. Doch was geht den jungen Männern in Burschenschaftler-Uniform durch den Kopf, die auf dem Balkon im zweiten Stock stehen? Sie prosten mit großen Bierhumpen den Teilnehmern der Kundgebung zu, tanzen, klatschen. Und als eine Demonstrantin eine Rede über Burschenschaftler und Sexismus hält, stellen sie eine halbnackte Blondine aus Pappe zu sich auf den Balkon.

"Bundesweites Treffen rechter Schülerburschenschaften"

Die Demonstration an diesem Vormittag richtet sich gegen das Jahrestreffen des Allgemeinen Pennäler Ringes, das die Hamburger Pennale Burschenschaft Chattia (PB! Chattia) in den Räumen der Burschenschaft Germania in der Nähe der Alster ausrichtet. An die 100 Menschen haben sich vor dem Gebäude versammelt. Ein Sprecher des vom Verfassungsschutz als "linksextremistisch beeinflusst" eingestuften Hamburger Bündnisses gegen Rechts erläutert, warum sie hier protestieren: "Das ist ein bundesweites Treffen von rechten Schülerburschenschaften." Und er nennt Beispiele für personelle Überschneidungen von NPD und Burschenschaften, erklärt, weshalb manche "schlagende Verbindung" eine Kaderschmiede für den Neonazi-Nachwuchs sei.

Säbelrasseln und Bierkrüge im Takt

Was hinter den Mauern des Verbindungshauses an diesem Wochenende genau stattfindet, darüber können Außenstehende nur spekulieren. Ein Nachbar, der direkt nebenan wohnt, ist sich allerdings ziemlich sicher: "Die werden trinken, singen, fechten und am Ende wird es sehr, sehr laut." Mehrmals schon habe er wegen Ruhestörung die Polizei gerufen, wenn die Burschenschaftler feierten. "Aber wir haben es aufgegeben. Dann machen die halt die Musik aus und hauen stattdessen mit ihren Bierkrügen im Takt auf die Tische." Auch das Säbelrasseln der ritualisierten Kämpfe könne man in seiner Wohnung hören. Kürzlich habe ein Krankenwagen kommen müssen, um einen jungen Mann zu retten, der sich wohl schwer verletzt habe.

Verfassungsschutz: "Beziehungen in die rechtsextremistische Szene"

"PB! Chattia" zum Vorwurf, rechtsradikal zu sein:

"Wir definieren uns weder als 'rechts' noch als 'links'. Wir sind 'geradeaus' und bei uns kann jeder das denken, sagen oder wählen, was er will. Natürlich sind wir Patrioten. Wir sind stolz darauf, Deutsche zu sein. Wer wäre nicht stolz darauf, ein Landsmann von Goethe oder Schiller zu sein? Wir wissen, daß die Deutsche Geschichte nicht nur aus zwölf Jahren besteht."
(Internetseite Pennale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg)

"Seit ihrer Gründung wirkten in der PB! Chattia Personen mit, die Beziehungen in die rechtsextremistische Szene unterhalten bzw. für die NPD aktiv sind oder waren", heißt es im Hamburger Verfassungsschutzbericht 2012 weiter. Die Verbindung habe etwa 30 Mitglieder und wende sich vorrangig an Schüler und Auszubildende ab 16 Jahre. Erst im vergangenen April hatte PB! Chattia von sich reden gemacht, als die Gruppe, ebenfalls in den Räumen der Burschenschaft Germania, zu einem Kampf gegen eine Kieler Schülerverbindung einlud. Der frühere Bürgerschaftskandidat der Hamburger NPD, Björn Neumann, der die Veranstaltung besuchen wollte, griff damals vor dem Haus einen Fotografen an.

Demo verläuft friedlich

Die Polizei ist diesmal mit zahlreichen Beamten und Fahrzeugen vor Ort, hat die Sierichstraße vor dem Verbindungshaus abgesperrt. Nur Anwohner dürfen die Sperre passieren. Doch abgesehen von den Lautsprecherdurchsagen, der Protestmusik der Demonstranten und ein bisschen Gegröhle vom Balkon des Verbindungshauses bleibt es ruhig und friedlich.

Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 06.07.2013 | 19:30 Uhr

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