Ozeaneum: Klangsessel macht Unterwasserlärm hörbar
Nicht nur an Land, sondern auch in den Meeren und Ozeanen ist es zuletzt immer lauter geworden. Im Deutschen Meeresmuseum und im Ozeaneum in Stralsund gibt es deshalb jetzt sogenannte "Klangsessel".
Der Klangsessel im Ozeaneum in Stralsundsieht aus wie ein überdimensionaler halber Tennisball. Ein runder Riesen-Lautsprecher, in den man sich hineinsetzen kann, um dann auf Knopfdruck akkustisch in die Tiefen der Ozeane abzutauchen. Denn dort gibt es ganz erstaunliche Dinge zu hören. Gesprächige Kabeljaus zum Beispiel, oder eine knarzig klingende Languste, das geheimnisvolle Stakkato einer Geisterkrabbe oder auch eine mitteilsame Muschel.
Manche Geräusche wie das tiefe Brummen der Blauwale kann man im Klangsessel nicht nur hören, sondern sogar fühlen, erklärt Dorit Liebers-Helbig vom Deutschen Meeresmuseum in Stralsund: "Das liegt an der Architektur des Sessels, weil der hat eine Rückenmembrane. Und wenn gerade tiefe und laute Geräusche abgespielt werden, vibriert diese Membrane. Und die Schallwellen sind dann sozusagen auch spürbar."
Lärm verursacht auch Stress für Meeresbewohner
Das kann aber auch unangenehm werden. Denn neben den natürlichen Klängen des Meeres sind auch menschengemachte Töne zu hören. Und die haben es in sich, wie bei der sogenannten Schallkanone. Mit dem Gerät wird der Ozeanboden für Forschungsarbeiten untersucht. Zuhören ist auch das Geräusch eines Kreuzfahrtschiffes. "Das war ja auch gerade unser Ziel zu zeigen: Es gibt im Meer nicht nur eine Geräuschquelle, sondern ganz viele," erklärt Liebers-Helbig. "Die überlagern sich. Also wenn Wale singen und Krabben Geräusche erzeugen und nebenbei noch Fische blubbern, dann ist das auch schon ein Vielklang. Aber den kann man auch, wenn man zuhört, noch differenzieren. Und die Kakophonie im Meer entsteht ja erst durch die wirklich riesige Anzahl an seismologischen Untersuchungen, Gerätschaften, Schiffsverkehrlärm, der vom Menschen erzeugt wird."
Das ist der ganz besondere Reiz des Klangsessels: Man kann jedes Geräusch einzeln hören. Man kann aber auch mehrere Geräusche gleichzeitig abspielen, so dass sich die Töne überlagern, "um irgendwann mitzukriegen: Man wird selber auch ganz irre von dem Lärm im Meer", sagt Dorit Liebers-Helbig. "Vom Menschen verursachter Unterwasserschall kann zu Schwerhörigkeit führen", erklärt die Hydrologin Heike Herata vom Umweltbundesamt, das an der Entwicklung der Klangsessel beteiligt war. "Wenn Tiere schwerhörig sind, können sie natürlich bestimmte Funktionen nicht mehr wahrnehmen wie Kommunikation, Nahrungssuche usw. Sie sind gegenüber Raubfeinden nicht mehr so widerstandsfähig, weil sie das eben nicht genau hören."
Schutzgebiete können gegen Unterwasserlärm helfen
Selbst bei Muscheln führt der Lärm zu jeder Menge Stress, weiß Dorit Liebers-Helbig vom Meeresmuseum: "Sie nehmen weniger Nahrung zu sich, und produzieren so weniger Nachkommen. Sie werden kleiner und sie haben eine geringere Fitness und eine geringere Vitalität." Die Druckwellen durch den Lärm können sogar so groß werden, dass Quallen oder winzige Krebstierchen wie das Plankton regelrecht zerfetzt werden.
Mehr Schutzgebiete könnten helfen, den Lärm im Meer zu vermindern, genauso wie Schiffe, die langsamer und dadurch leiser fahren. Und, so Hydrologin Heike Herata: "Die Kreuzfahrten haben ja so wahnsinnig zugenommen. Ich glaube, wenn jeder wüsste, wie schwierig das eben auch für Meeresbewohner ist, vielleicht würden sich Einige dazu entscheiden, dies nicht zu tun. Und wir können hier natürlich mit so einem Klangsessel sehr professionell, die Zusammenhänge zwischen Quellen und Auswirkungen darstellen. Und das ist uns unheimlich wichtig."
