Parabel: Ein neuer Ort für regionale Kunst in Hamburg

Stand: 14.05.2025 13:14 Uhr

Mitten in Ohlsdorf eröffnet Ende Mai ein neuer Ausstellungsraum für regionale moderne Kunst aus Hamburg - an einem einzigartigen Ort: Die Parabel ist eine ehemalige Kirche, in der Maike Bruhns ihre umfassende Sammlung zeigt.

von Peter Helling

Letzte Vorbereitungen vor der Eröffnung der Parabel, der ehemaligen Nikodemuskirche in Hamburg-Ohlsdorf: Sammlerin Maike Bruhns hat genaue Vorstellungen davon, wie ihre Bilder präsentiert werden sollen. Gemeinsam mit ihren Söhnen und ihrem Enkel platziert sie die Kunstwerke in dem neuen Ausstellungsraum.

Die Bilder stammen von Künstlerinnen und Künstlern aus Hamburg und sind in den letzten 100 Jahren entstanden. So auch ein Bild von Erich Brill von 1929: Es zeigt die Binnenalster, in leicht verwaschenen Farbtönen, mit Farbflecken und einigen wenigen Autos.

Maike Bruhns steht in der Parabel, der als Kunstraum umgestalteten ehemaligen Nikodemuskirche in Hamburg. © Screenshot
Kunstsammlerin Maike Bruhns hat den Umbau selbst finanziert und die Bilder aus ihrer Sammlung zusammen mit ihrer Familie in der Ausstellung aufgehängt.

"So ein Ausstellungshaus gibt es in Deutschland in Nürnberg, in Frankfurt, in München, in Berlin, aber nicht in Hamburg. Hamburg hat kein Haus für regionale Kunst. Das ist unsere Lücke, die wir füllen wollen", erklärt Maike Bruhns ihr Anliegen.

Von der Kirche zum Kunsthaus

Was diesen Ort so einzigartig macht: Die Parabel war ursprünglich eine Kirche - mit parabelförmigen Bögen aus Sichtbeton. Maike Bruhns hat fünf Jahre nach einem Ort wie diesem für ihre wertvolle Kunstsammlung gesucht. Ihre Familie hat ihn auf eigene Kosten umbauen lassen.

Familie Bruhns übernimmt Kirche als Erbpacht

Der Architekt Axel Winckler auf der Empore der Parabel in Hamburg-Ohlsdorf. © Screenshot
Für Architekt Axel Winckler war das ein ganz besonderes Projekt: eine Kirche in ein Kunsthaus zu verwandeln.

Die Nikodemuskirche wurde vor drei Jahren entwidmet und der Familie Bruhns als Erbpacht überlassen. Nun haben Architekt Axel Winckler und sein Team sie in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz in einen Ausstellungsraum verwandelt.

"Wir haben etwas vorgefunden, was schon großartig war. Dieser Raum ist mit dieser Parabelform schon so kräftig und so schön, dass er die Grundstruktur für die Ausstellung gibt", erklärt Axel Winckler.

Werke von Anita Rée, Karl Müller und Curt Singer

Blick in die Ausstellung in der Parabel in Hamburg-Ohlsdorf. © Screenshot
Das Kirchenschiff wurde nach Vorgaben des Denkmalschutzes umgestaltet und beherbergt nun Bilder Hamburger Künstler.

Von der Empore, wo früher die Orgel stand, guckt man in das frühere Kirchenschiff, das jetzt deutlich heller ist als vorher. Bunte Glasfenster brechen das Licht. Das Schöne: Der Raum gibt den Bildern einen idealen Rahmen, etwa einem sensiblen Porträt von Anita Rée. Bilder von Karl Müller und Curt Singer zeigen den Hamburger Hafen und den Elbstrand bei Övelgönne. "Ich möchte, dass die Hamburger stolz sind auf ihre eigenständige Kunst", formuliert Maike Bruhns ihr Anliegen.

Von spätimpressionistischen Ölbildern bis zu Popart ist hier alles vertreten. Ein Bild von Rolf Nesch zeigt ein blassblaues stilisiertes Segelschiff, das im Nebel verschwimmt. Auf anderen sieht man fratzenhaft verzerrte Gesichter, kurz nach Kriegsende. Im ehemaligen Altarbereich fliegen Wildgänse durch Häuserschluchten, ein Bild von Dieter Asmus.

Bruhns' Sammlung umfasst rund 3.500 Bilder

Maike Bruhns hat privat in den letzten 45 Jahren fast 3.500 Bilder gesammelt. Jedes hat eine eigene Geschichte, oft sind es auch Bilder verfolgter jüdischer Künstler und Künstlerinnen der 30er-Jahre. Die 85-jährige Kunsthistorikerin hat die Bilder bei privaten Besuchen entdeckt oder auf Auktionen.

"Es war anfangs nur das Bild an der Wand, was mir Freude gemacht hat. Mit fortschreitender Forschung habe ich Schwerpunkte gesetzt, und dann wurde es ein leidenschaftliches Hobby", blickt Maike Bruhn auf die Entstehung ihrer Sammlung zurück. 

Raum weckt Assoziationen zu Schiffen

Ausstellungsansicht des neuen Kunstortes Parabel in Hamburg © Screenshot
Parabel - so heißt der neue Kunstort in Hamburg in der ehemaligen Nikodemuskirche in Ohlsdorf.

Bruhns Sammelleidenschaft sorgt dafür, dass diese ehemalige Kirche nun ein Ort für moderne Kunst ist. Er versteht sich auch als Ort der Forschung, wo Kunst in wechselnden Ausstellungen gezeigt wird. In einem Raum, der sofort Assoziationen weckt.

"Was mich besonders fasziniert, ist die Ähnlichkeit mit einem Schiff. Ein umgekehrter Schiffskörper mit Spanten, und die Betonbögen wären dann die Spanten. Das Schiff ist in der Kunst ein ganz wichtiges Symbol für das Lebensschiff des Menschen über dem Meer des Lebens", so Bruhns.

Dieses steinerne Schiff mit dem massiven Turm segelt von nun an am Rand des Ohlsdorfer Friedhofs und schenkt dem Viertel einen aufregenden Raum für Kunst aus und über Hamburg.

Der neue Ausstellungsort "Parabel" in Ohlsdorf an der Fuhlsbüttler Straße wird am 24. und 25. Mai mit einem "Soft Opening" eröffnet. Ab Juni kann man von Freitag bis Sonntag für 8 Euro die wechselnden Kunstausstellungen besuchen.

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