Ein Mann und eine Frau stehen auf der Bühne mit bedröppelten Gesichtern. Die Frau geht gerade durch einen rot, weiß gestreiften Vorhang. © Appolonia T. Bitzan
Ein Mann und eine Frau stehen auf der Bühne mit bedröppelten Gesichtern. Die Frau geht gerade durch einen rot, weiß gestreiften Vorhang. © Appolonia T. Bitzan
Ein Mann und eine Frau stehen auf der Bühne mit bedröppelten Gesichtern. Die Frau geht gerade durch einen rot, weiß gestreiften Vorhang. © Appolonia T. Bitzan
AUDIO: "Manzini-Studien" von Pollesch: Hochvirtuos und hochbescheuert (4 Min)

"Manzini-Studien" von René Pollesch: Hochvirtuos und hochbescheuert

Stand: 14.05.2025 14:17 Uhr

Im vergangenen Jahr starb der Theatermacher René Pollesch. Die Berliner Volksbühne ist heute mit den "Manzini-Studien" zu Gast am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg - einem der letzten Stücke, das von Pollesch inszeniert wurde.

von Peter Helling

Das Geheimnis der Pollesch-Stücke? Ein Fan hat die Antwort: "Man geht hinterher total beseelt raus und denkt irgendwie über alle Fragen des Lebens nach, ohne dass man eine Antwort findet, es macht den Kopf frei und ordnet alles nochmal ganz neu." Hühner auf der Bühne, eine Kuh oder gleich King Kong? So etwas geht nur bei René Pollesch.

Die großartige Schauspielerin Kathrin Angerer sitzt in einer riesigen Affen-Pfote und schmachtet den Gorilla von unten an, wie im Hollywood-Klassiker von 1933.

Ich liebe dich, ich liebe dich über die Maßen!

"Manzini-Studien": Eine Handlung gibt es nicht

Drei Menschen liegen in bunten Klamotten auf einer übergroßen Gorillahand. © Appolonia T. Bitzan
"Ich weiß nicht, was ein Ort ist, ich kenne nur seinen Preis" ist ein Stück von Regie-Genie René Pollesch, dass in Hamburg aufgeführt wird.

Marie Rosa Tietjen tritt an den Bühnenrand und bewegt ihre Hände durch die Luft. Schließlich enstspringt dem Bühnenboden eine Wasserfontäne, eine Art Quelle. Das ist Theatermagie, aber wo ist der Sinn? Der Schauspieler Martin Wuttke taucht mit seinem Kopf immer durch einen Vorhang hinter sich und dreht sich frisch frisiert mit absurder Perücke nach vorne, als wäre nichts passiert. Er gibt das Pokerface.

Alles, was groß und gut ist an der Menschheit, tritt vielleicht erst durch den Knacks ein.

Es sind Schnipsel wie diese, die keinen Sinn ergeben, und wenn, dann auf einer tieferen Ebene. Als wollten sie sagen: Das Leben ist immer eine Verwandlung, ein Spiel und Sprache. Eine Handlung gibt es nicht wirklich. Aber man vermisst auch nichts.

Und jetzt sind wir hier, und das ist das Ende.

Planloses Plaudern über das Leben

Die drei Schauspielerinnen und Schauspieler spielen, dass sie nicht spielen und spielen, dass sie pausenlos Hänger haben oder sich in Textschleifen verheddern. Dieses scheinbar planlose Geplauder über das Leben und über die Knackse in der Persönlichkeit sind hochvirtuos und hoch-bescheuert. Eine Besucherin findet es toll: "Wir kennen Pollesch,. Ich bin Psychologin und es war sehr psychoanalytisch. Ich fand den Text einfach beeindruckend. Es war wunderbar."

Die Hardcore-Pollesch-Fans bevölkern diesmal den Schauspielhaus-Saal, sitzen gut gelaunt neben dem eher schmallippig gutbetuchtem Publikum des Hamburger Theaterfestivals, für die Pollesch erkennbar Neuland ist. Bei jedem Huster aus dem Saal stoppen die drei Schauspieler.

Pollesch-Stücke werden immer seltener

Fast schon tragisch, aber diese wunderbar versponnenen und glücklich machenden Theaterabende werden irgendwann wie Dinosaurier und Riesengorillas aussterben, denn Regisseur und Autor René Pollesch, der letztes Jahr gestorben ist, hat verfügt: Die Texte dürfen nicht von anderen nachinszeniert werden.

Bitte klatschen Sie nicht zu laut, die Welt ist sehr alt, sie könnte einen Sprung kriegen.

Fans und alle anderen halten sich nicht daran und jubeln. Die "Manzini-Studien" von Regisseur René Pollesch sind heute Abend um 19 Uhr ab Deutschen Schauspielhaus in Hamburg zu sehen.

Weitere Informationen
Rene Pollesch © picture alliance/dpa | Daniel Karmann

Theatermacher René Pollesch ist tot: "Ein gigantischer Verlust"

René Pollesch war einer der großen Dramatiker der deutschen Theaterszene. Auch am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg inszenierte er viele Stücke. mehr

René Pollesch sitzt am Bühnenrand © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Britta Pedersen Foto: Britta Pedersen

Theatermacher René Pollesch: Was machte ihn herausragend?

Vor gut zwei Wochen feierte "Ja nichts ist ok", Polleschs letzte Theaterinszenierung, Premiere. Am Montag ist er im Alter von 61 Jahren unerwartet gestorben. mehr

Macbeth © Lalo Jodlbauer Foto: Lalo Jodlbauer

Deutsches SchauSpielHaus

Das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg ist eines der größten und wichtigsten Sprechtheater im deutschsprachigen Raum. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 14.05.2025 | 17:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Theater

Ein älterer Mann (der Schauspieler Wolfram Koch) mit Brille, in Unterhemd mit Hosenträgern, sitzt auf der Bühne und hat den linken Arm erhoben. © Armin Smailovic/Schauspielhaus Zrich Foto: Armin Smailovic

Theater Festival Hamburg 2025 startet mit Sartre und Pollesch

Vom 2. Mai bis 26. Juni versprechen die Organisatoren "pralles Theater" mit mutigen und fesselnden Inszenierungen. Los geht's mit Sartres "Die schmutzigen Hände". mehr

Nahaufnahme von Notenblättern mit lila und roter Beleuchtung. Darauf liegt der Schriftzug "CHOR MUSIK" in großen weißen und rosa Buchstaben. © NDR | istock/getty images

Chormusik - Klangwelten der Vokalmusik entdecken

Tallis Scholars bis Maybebop - Chormusik aus sechs Jahrhunderten von der Renaissance bis zur Gegenwart. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Ein Mann und eine Frau stehen auf der Bühne mit bedröppelten Gesichtern. Die Frau geht gerade durch einen rot, weiß gestreiften Vorhang. © Appolonia T. Bitzan

"Manzini-Studien" von René Pollesch: Hochvirtuos und hochbescheuert

Die Berliner Volksbühne ist heute mit den "Manzini-Studien" zu Gast am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg - einem der letzten Stücke, das von Pollesch inszeniert wurde. mehr