Der NDR Dialog-Bus steht auf einer Wiese. © NDR Foto: Ralf Plessmann

Dialog-Bus-Tour: Was die Menschen im Norden vom NDR erwarten

Stand: 08.11.2022 11:00 Uhr

Lass uns reden! Unter diesem Motto war der NDR Dialog-Bus von Juli bis November im ganzen Norden unterwegs. Ein Angebot an die Menschen, ihre Meinung zum NDR kundzutun - und eine Chance für uns, zu erfahren, was die Leute bewegt.

von Daniel Sprenger

Der NDR vor Ort: niedrigschwellig und im direkten Austausch. Das ist die Idee hinter dem NDR Dialog-Bus. Mehr als 200 Mitarbeiter*innen aus allen NDR Programmen, Landesfunkhäusern und Regionalstudios haben sich im Rahmen der NDR Dialog-Bustour 2022 mit den Menschen in Norddeutschland ausgetauscht. Sie waren von Juli bis November in Ribnitz, Hameln und Norderstedt sowie in Dutzenden weiteren großen und kleinen Orten im gesamten Sendegebiet. Stets ohne Kamera und Mikrofon, dafür mit viel Zeit zum Zuhören. Denn das Motto der Dialog-Bustour lautete "Lass uns reden!" Die Gespräche sollten auf Augenhöhe stattfinden, um aus erster Hand zu erfahren, welche Themen die Norddeutschen bewegen und welche Erwartungen sie an ihren NDR haben.

Altbackenes Image trotz guter aktueller Inhalte

"Der NDR wirkt altbacken, obwohl die Inhalte es oft gar nicht sind", so fasst Linnéa Kviske die Ansicht vor allem jüngerer Menschen zusammen, die sie beim Halt des Dialog-Busses am Kieler Blücherplatz traf. Die Gesprächspartner wünschten sich gleichwohl mehr Berichterstattung über "jüngere" gesellschaftliche Themen wie neue Lebens- und Familienmodelle, Festivals und Trends. "Bitte nicht nur negative Berichterstattung" sei eine weitere Forderung gewesen und ein Plädoyer für mehr Constructive Journalism. In der ARD-Mediathek sollte zudem nicht von der Kategorie "Teens" gesprochen werden, wenn es für jüngere Menschen gedacht ist. Mit Ende 20 wolle man nicht "Teen" genannt werden, zumal die Inhalte der Kategorie eher für 20- bis 30-Jährige geeignet seien.

Unübersichtliche Mediathek und zu späte Sendezeiten

Die Mediathek und der Verkauf der eigenen Produkte - sowohl im herkömmlichen linearen Fernsehen sowie im Netz - waren wiederholt angesprochene Punkte. Gute Inhalte würden im Fernsehen viel zu spät am Abend oder in der Nacht gezeigt. Die Alternative, sie online in der Mediathek zu sehen, sei nicht immer eine praktische Option. Die Unübersichtlichkeit der ARD-Mediathek wurde von vielen kritisiert. Die Forderung: eine Mediathek für alle Angebote der Öffentlich-Rechtlichen.

Christopher Braun war mit dem Dialog-Bus in St. Peter-Ording und fasst als Quintessenz seines Einsatzes zusammen: "Wir müssen nicht lernen, gute Inhalte zu machen, sondern lernen, den Menschen die vorhandenen Inhalte besser anzupreisen." Auf den Handys müssten NDR Inhalten in den Feeds häufiger erscheinen. Außerdem müsste darauf geachtet werden, dass der Absender viel auffälliger platziert wird.

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Logo von Dialog NDR auf blauem Hintergrund. © NDR Foto: Grafik

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Ute Andres, NDR Studioleiterin in Göttingen, berichtet von ihrem Treffen mit Studenten, die ins selbe Horn stoßen. Die Mediathek werde oft als unübersichtlich und User-unfreundlich wahrgenommen. Da es keine intelligente Suchfunktion gebe, werde die Suche nach konkreten Inhalten oft frustriert aufgegeben.

Während das lineare Fernsehen und Radio überhaupt nicht relevant für diese Gruppe seien, erführen Dokumentationen und Reportagen auf YouTube eine hohe Wertschätzung. Zudem seien spezielle YouTube-Formate wie Strg_F bekannt und sehr beliebt. "Sie werden allerdings nicht mit dem NDR verknüpft", sagt Andres. Auf ihre Nachfrage, ob in den Beiträgen eine sichtbare Verbindung zum NDR störend wäre: "durchweg ein Nein". Die Studierenden gaben an, dass sie den NDR als zu zögerlich wahrnehmen, was die eigene Vermarktung betrifft. Als Beispiele wurden Sender wie ProSieben angeführt, bei denen regelmäßig bewusst gemacht wird, dass man gerade ein Format von ProSieben schaut. Das Verständnis für ein Mehr an Eigenwerbung scheint durchaus ausgeprägt zu sein in der Generation.

Ältere in MV mit Kritik am Musik-Mix und mit Wunsch nach mehr Regionalem

Ein ganz anderes Bild ergab sich für Friederike Witthuhn in Demmin. Dort traf sie vornehmlich ältere Menschen. Diese kritisierten den Musik-Mix bei NDR 1 Radio MV: zu viele englische Titel, die über 60-Jährigen hätten gern auch mal was "Schnulzigeres". Zudem könnte der NDR für ihren Geschmack noch regionaler unterwegs sein und "nicht ständig Schwerpunkte auf Neubrandenburg, Rostock, Greifswald oder Schwerin setzen.

Doch an einem Punkt traf sich die Wahrnehmung der Älteren mit der der Jüngeren: "Unsere Mediathek wurde - von dem vor allem älteren Publikum - als zu umständlich eingeschätzt", so Witthuhn.

Unterwegs in Hamburg: "Auch andere Meinungen (er-)dulden"

NDR 90,3 Stadtreporter Karsten Sekund war mit dem Dialog-Bus in Hamburg unterwegs. Seine Beobachtung: "In allen Altersgruppen hat der NDR ein positives Grundimage. Regionale Berichte und Reportagen werden sehr geschätzt." Allerdings sei des Öfteren der Wunsch geäußert worden, nicht nur Mainstream-Meinungen zu propagieren "nach dem Motto: Nur Öko und Radfahrern ist super, alle Corona-Maßnahmen der Regierung sind richtig, der Russe ist an allem Schuld. Wir sollten auch andere Meinungen (er-)dulden und nicht ignorieren." Die Gesprächspartner forderten Mut zu kontroversen Diskussionen, zu investigativem Journalismus und vielen lokalen Berichten, zum Beispiel aus den Stadtteilen.

Sekunds NDR 90,3 Kollege Christian Fremy war mit dem Dialog-Bus im Stadtteil Mümmelmannsberg. Dort sei der Wunsch nach mehr positiver Berichterstattung aus dem Viertel stark gewesen, so Fremy. "Journalist*innen sollten Mümmelmannsberg nicht sofort als 'Problemstadtteil' im Kopf haben und nur dementsprechend einordnen." Mehr Präsenz des NDR - mit Ü-Wagen, zum Dreh des Hamburger des Tages oder des Themas der Woche - wurde vorgeschlagen.

Jens Riewa im Gespräch mit jungen Nachrichten-Konsumenten

Jens Riewa im Gespräch mit Anna und Markus. © NDr Foto: Ralf Pleßmann
Jens Riewa im Gespräch mit Anna und Markus: Wie konsumieren junge Menschen Nachrichten? Das stand im Vordergrund des Austauschs.

Tagesschau-Sprecher und Hamburg Journal Moderator Jens Riewa ist ebenfalls in den Dialog-Bus gestiegen. Ihn habe das direkte Gespräch mit dem Publikum gereizt, sagt er, nachdem er im Hamburger Szeneviertel Sternschanze fast eine Stunde lang mit Markus und Anna gesprochen hat - beide aus Berlin, er gebürtiger Österreicher. Für den 24-jährigen Bauingenieur sind verlässliche Nachrichten wichtig: "Es gibt so viele Fake News, was ist wahr und was wird dramatisiert?" Er nutze gleich mehre Quellen, um sich zu informieren. Online natürlich und meistens über eine App. Eine gewisse Nachrichtenmüdigkeit stellt Anna bei sich fest, sie zieht eher kompakte Formate vor. Nachrichten müssen großgeschrieben sein, dürfen nicht länger als dreißig Sekunden dauern und sollen dazu noch schnell zu konsumieren sein, nimmt Jens Riewa mit aus dem Gespräch.

2023 geht es weiter - mit Dialog-Bus, Pop-up-Stores und Townhall-Debatten

Solche Anregungen für den NDR soll es auch 2023 wieder geben. Die NDR Dialog-Bus-Tour soll fortgesetzt und ausgeweitet werden. Ein zweiter Bus - das Dialog-Video-Mobil - wird das Angebot um eine digitale Komponente erweitern. Hier können Menschen dem NDR im geschützten Raum (ähnlich wie ein Foto-Automat) selbst eine Videobotschaft aufnehmen. Dies können Fragen, Anregungen oder auch Kritikpunkte sein. Die Nutzer*innen bekommen das Versprechen, innerhalb von zwei Wochen eine Antwort des NDR zu erhalten. Diese wird zumeist ebenfalls aus einem kurzen Videoclip bestehen.

Zudem befinden sich zwei Dialog-Pop-up-Stores in der konkreten Planung. Dabei werden in mittelgroßen Städten jeweils für eine Woche leerstehende Ladengeschäfte in den Innenstädten angemietet. Hier gehen die NDR Programme dann über einen längeren Zeitraum in den Dialog mit den Bürger*innen vor Ort. Außerdem sind eine Reihe von Townhall-Debatten geplant - ein Setting, das etwa dem einer Wahlarena entspricht. In Ihnen gehen Programmverantwortliche des NDR in den intensiven Austausch mit bestimmten gesellschaftlichen Gruppen zu den Themen, die diese besonders bewegen.

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Der NDR Dialog-Bus steht auf dem Marktplatz in Barth (MV). © NDR

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