CD der Woche: Eine Studie des Klangs
Bereits mit 20 war Isang Enders erster Solocellist der Staatskapelle Dresden - ein Ausnahmetalent, inzwischen international als Solist erfolgreich. "Vox Humana" ("menschliche Stimme") heißt seine neue Aufnahme.
Tatsächlich kommt der Celloklang der menschlichen Stimme mit am nächsten, durch seinen Oktavbereich und die Sonorität. Das wusste schon der französische Gambist Marin Marais. Isang Enders, der als Kind Knabensopran war, bringt die Musik auf einem Violoncello von Jean Baptiste Vuillaume aus dem Jahr 1840 zum Singen - kein barockes Instrument, denn ein solches würde sich für die weiteren Werke auf der CD kaum eignen. Aber einen Barockbogen verwendet er hier dennoch.
Je impressionistischer, desto genauer
Dreh- und Angelpunkt des Albums ist Claude Debussy. Viel Bogen, wenig Druck, viel Luft. Diesen Rat hatte Isang Enders als Student bekommen. Mittlerweile hat er festgestellt: Debussy sorgt selbst für genaue Spielanweisungen. Es gelte nicht, schreibt Enders im Beiheft, je wässriger, desto impressionistischer. Eher umgekehrt: je impressionistischer, desto genauer.
Das "Clair de lune" einmal ganz anders: In diesem Eigenarrangement spielt Isang Enders zusammen mit dem schottischen Gitarristen Sean Shibe. Es geht ihm darum, die Inspirationsquellen Debussys offenzulegen - und zwar in beide Richtungen. Durch wen wurde der Komponist angeregt, und wen hat er selbst inspiriert? Isang Enders folgt den Stimmungen, die sich aus den jeweiligen Werken ergeben. Seine Kammermusikpartner sind Freunde, Weggefährten und - im Stück "L'eau" von Olivier Messiaen - auch sein Vater Joachim Enders am Harmonium.
Eine Studie des Klangs
Von dem barocken Vorgänger Marin Marais lässt Isang Enders den Blick bis tief ins 20. Jahrhundert streifen - auch zu Lili und, in diesem Fall ihrer Schwester, Nadia Boulanger. Sein Klavierpartner ist Sunwook Kim.
Französische Werke aus vier Jahrhunderten - "Vox Humana" ist eine Studie des Klangs und Abbild eines musikalischen Beziehungsgeflechts. Eine CD, die eindrucksvoll zeigt, dass das Cello nicht an bestimmtes Repertoire gebunden ist, solange man ihm Gesang entlockt.
Vox Humana
- Label:
- Berlin Classics
