Booten liegen in einem verschlickten Hafenbecken © NDR Schleswig-Holstein Magazin Foto: NDR

Welche Folgen die Elbvertiefung für Sportboothäfen in SH hat

Stand: 11.10.2022 13:37 Uhr

Schlick blockiert mehr als ein Dutzend Häfen in Schleswig-Holstein. In Borsfleth setzen Vereinsmitglieder dagegen eine selbst gebaute Maschine ein, kommen aber nicht mehr hinterher. Der Seglerverband fordert Geld vom Land.

von Jonas Salto

Der Sport-Schipper Verein Borsfleth liegt direkt hinter dem Störsperrwerk an der Elbe. Im Sommer ist es hier paradiesisch. Schilf wächst entlang des Flusses, an den Wochenenden machen bis zu 30 Gast-Boote im Hafen fest. Sogar eine Robbe lässt sich ab und zu blicken. Für Segler und Motorbootfahrer ein schönes Ziel. Wäre da nicht das Problem mit dem Schlick.

Letzte Elbvertiefung hat das Problem verschlimmert

2019 starteten die letzten Baggerarbeiten zur Elbvertiefung. Dadurch können noch schwerere Containerschiffe in den Hamburger Hafen einlaufen. Andererseits haben seitdem die Schlickmassen spürbar zugenommen, sagt Ludger Walterbusch vom Sport-Schipper Verein Borsfleth: "Früher hat es gereicht, wenn wir alle drei Jahre mal eine Bagger-Firma damit beauftragt haben, die Sedimente umzulagern. Jetzt müssen wir jedes Jahr baggern und kommen trotzdem nicht gegen an."

Die Konsequenz: Der Borsflether Hafen ist um gut ein Drittel verkleinert worden. Viele Anlegeplätze für Gast-Boote stehen nicht mehr zur Verfügung. Stattdessen ist dort nun ein riesiger Schlickhaufen, der bei Niedrigwasser höher als der Anleger ist.

Elbrevier verliert an Attraktivität

Holzpfeiler gucken aus einem verschlickten Hafenbereich raus © NDR Schleswig-Holstein Magazin Foto: NDR
Schlick macht den Seglern in Borsfleth das Leben schwer - sie käpfen dagegen mit einer eigenen Maschine.

Damit die 40 Segel- und Motorschiffe der Vereinsmitglieder überhaupt noch in den Hafen ein- und auslaufen können, mussten sie selbst eine Maschine bauen, um den Schlick fernzuhalten. Denn die Bagger-Schiffe sind laut Verein im Dauereinsatz auf der Elbe und stehen für Borsfleth nicht zur Verfügung. Vor jeder Saison spülen die Mitglieder also mit ihrer Maschine Wasser aus der Stör auf den Schlick. Er verflüssigt sich dadurch und wird aus dem Hafen in tiefere Regionen gespült. Doch die selbstgebaute Maschine schafft es nur, einen kleinen Teil des Hafenbeckens freizuspülen. Am Ende der Saison ist bereits wieder so viel Schlick im Hafenbecken, dass Schiffe mit zwei Metern Tiefgang schon gar nicht mehr dorthin fahren. Läuft das Wasser wieder auf, stecken sie nämlich zu lange fest und schaffen es nur knapp, zur nächsten Tide in einen anderen Hafen zu kommen.

Durch die ständigen Elbvertiefungen hat sich die Strömungsgeschwindigkeit der Gezeitenwelle erhöht. Damit ist das Zeitfenster, in dem Segler und Motorbootfahrer über die Elbe und Nebenflüsse fahren können, kleiner geworden, erklärt Jan-Dirk Tenge vom Seglerverband Schleswig-Holstein: "Das Segelgebiet ist anspruchsvoller geworden und hat damit natürlich auch an Attraktivität verloren." Das zeigt sich laut Tenge auch am Hafen in Wedel. Dort gibt es 2.200 Liegeplätze, wovon mittlerweile nur noch 1.700 belegt sind.

Hilfe vom Land scheint nicht in Sicht

Um die Sportboothäfen entlang der Elbe beim Kampf gegen den Schlick zu unterstützen, hat die Stadt Hamburg die Stiftung "Elbefonds" gegründet. Seit 2020 erhalten betroffene Häfen Förderungen. Damit können die Baggerkosten mit bis zu 30 Prozent gedeckt werden. Auf die Vereine kommen aber noch weitere Kosten zu, die von der Stiftung nicht berücksichtigt werden, erklärt Ludger Walterbusch aus Borsfleth: "Alle fünf Jahre brauchen wir eine neue Bagger-Genehmigung vom Umweltministerium SH. Das kostet 12.000 Euro. Alle zwei Jahre muss das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt eine Genehmigung erteilen. Hier liegen die Kosten allerdings nur bei 250 Euro."

Den von der Elbverschlickung betroffenen Sportboothäfen geht laut Seglerverband das Geld aus. Deswegen fordert der Verband Hilfe vom Land. In Niedersachsen gebe es bereits eine entsprechende Verordnung für finanzielle Hilfen für Sportboothäfen, sagt Jan-Dirk Tenge: "Wir sind ein Land, das zwischen den Meeren liegt. Wir können doch nicht tatenlos zusehen wie das meerumschlungene Bundesland auf einmal Segeln auf seiner Westseite einstellen muss."

Das Wirtschaftsministerium in Schleswig-Holstein verwies auf NDR Anfrage zunächst auf das Umweltministerium. Dort heißt es: "Von Seiten des Ministeriums wird eine Förderung für Schleswig-Holstein nicht beabsichtigt, diese liegt auch nicht im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums." Man stehe im intensiven Austausch mit den zuständigen Verwaltungen von Niedersachsen und Hamburg sowie des Bundes. Ziel sei die Entwicklung eines nachhaltigen Sedimentmanagements in der gesamten Tideelbe.

VIDEO: Schlickprobleme im Hamburger Hafen trotz Elbvertiefung (4 Min)

Wirtschaftsministerium: Mittel fehlen

"Wir haben Verständnis für die Not der Sportboothäfen an der Unterelbe", teilte das Wirtschaftsministerium auf erneute Anfrage mit. Der Elbefonds sei grundsätzlich das richtige Instrument, um die Häfen zu unterstützen. Eine Richtlinie wie in Niedersachsen gebe es aktuell nicht und sie sei auch nicht in Planung. "Dafür stehen aktuell keine Mittel zur Verfügung“, heißt es aus dem Ministerium.

Der Sportboothafen-Betrieb in Borsfleth ist laut dem Vorsitzenden Ludger Walterbusch im Moment nur durch ein riesiges ehrenamtliches Engagement möglich. Viele Mitglieder hätten über 1.000 Arbeitsstunden jährlich auf der Uhr. Pflicht sind nur 30 Stunden pro Jahr. Der Verein will weiterhin versuchen, gegen die zunehmenden Schlickmassen anzukommen. Dazu sagt Ludger Walterbusch mit Blick auf das Wasser und die naheliegende Peterswerft: "Der Hafen hier in Borsfleth ist mein Heimathafen. Hier bin ich zu Hause. Das ist mein Revier und hier möchte ich auch sein. Ich muss nicht weit wegfahren."

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 11.10.2022 | 17:00 Uhr

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