Nordkirche: Streit um Entschädigung bei Missbrauch
von Julia Wacket
Es gibt neuen Streit darüber, wie Missbrauchsopfer der evangelischen Kirche entschädigt werden sollen. Vor zwei Wochen hatte die Initiative "Missbrauch in Ahrensburg" von der Kirche 300.000 Euro pauschal für jedes Opfer gefordert. Die Nordkirche hat diese Forderung nun abgelehnt.
Sie habe bereits 2012 ein Verfahren zur Entschädigung entwickelt, die Unterstützungsleistung zur Anerkennung erlittenen Leids, welches von den meisten Betroffenen und von Wissenschaftlern gute Noten bekommen habe. "Im Mittelpunkt stehen die individuellen Bedürfnisse und Erwartungen der jeweiligen Betroffenen, nicht die Höhe der Leistungen oder gar eine pauschale Zahlung", sagte Susanne Gerbsch, Sprecherin der Nordkirche. 60 Betroffene hätten bislang das Verfahren der Nordkirche in Anspruch genommen und Unterstützungsleistungen erhalten. Über konkrete Summen wollte die Kirche keine Angaben machen.
Betroffenen-Initiative reagiert entsetzt
Anselm Kohn, Sprecher der Initiative "Missbrauch in Ahrensburg", reagierte entsetzt auf die Stellungnahme: "Die Kirche redet es sich schön, wenn sie meint, dass es nach den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen geht. Das ist furchtbar. Das ist nicht genug." Das Angebot sei in vielen Fällen daran gekoppelt, dass man sich auch in Zukunft an die Kirche binde. Die Kirche könne nicht Täter, Aufklärer und Entscheider zugleich sein.
Katholische Kirche macht Vorschläge
Die Betroffeneninitiative orientiert sich mit ihren Forderungen an der katholischen Kirche. Auf der deutschen Bischofskonferenz Ende September in Fulda hatten die Bischöfe "eine deutlich bessere Entschädigung von Missbrauchsopfern" beschlossen - über die Höhe wird aktuell noch diskutiert. Zwei Vorschläge stehen zur Debatte: Entweder eine pauschale Entschädigung von 300.000 Euro pro Fall oder ein abgestuftes Verfahren, bei dem je nach Schwere des Falls zwischen 40.000 und 400.000 Euro gezahlt werden.
Ahrensburger wollen pauschale Entschädigung
Die Ahrensburger fordern nun, dass auch bei den Protestanten über eine pauschale Entschädigung gesprochen wird. Sie haben sich bereits an den Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche Deutschland gewandt. Wie NDR Schleswig-Holstein erfuhr, will diese aber an der individuellen Anerkennung erlittenen Leides festhalten.
Größer Missbrauchsfall der evangelischen Kirche
Der Fall Ahrensburg ist der wohl größte Missbrauchsskandal in der evangelischen Kirche. Er kam 2010 ans Licht. Damals wurde bekannt, dass in der Kirchengemeinde Ahrensburg in den 70er und 80er Jahren Kinder und Jugendliche von einem Pastor missbraucht wurden. Weil seine Taten verjährt waren, ging der Täter straffrei aus.
