Steckerleiste mit Schalter © picture alliance / dpa Themendienst Foto:  Andrea Warnecke

Kieler OB Kämpfer über Energiesparen: "Wir müssen jeden Stein umdrehen"

Stand: 16.08.2022 16:27 Uhr

In diesem Jahr profitieren viele Kommunen noch von langfristigen Lieferverträgen. Für das nächste Jahr sieht das anders aus. Deshalb hat unter anderem Kiel jetzt Pläne geschmiedet, wie und wo Energie gespart wird.

Gas wird vermutlich nur noch begrenzt vorhanden sein - und die Energiekosten weiter steigen: Das bedeutet auch für die Kommunen, dass sie Energie sparen müssen. Wie aber tun sie das? Dazu gibt es viele Ideen. "Wir müssen als Gesellschaft jeden Stein umdrehen, um Dinge zu finden, wo wir immer noch ein ordentliches Leben haben, wo nicht unser Alltag total eingeschränkt ist, aber trotzdem die Energie runtergeht", sagt Ulf Kämpfer, der Kieler Oberbürgermeister, der gleichzeitig auch Vizepräsident des Deutschen Städtetags ist, im Interview mit NDR Schleswig-Holstein. Das sei wichtig, um Versorgungssicherheit zu haben, aber auch, damit die Kosten nicht weiter explodieren, so der SPD-Politiker. Man habe jetzt ein erstes Maßnahmenpaket, berichtet der Oberbürgermeister, ein zweites und ein drittes Paket werde bereits geprüft.

Kämpfer: Schwimmbäder sollen 20 Prozent Energie einsparen

Man werde die Bundesvorgaben erfüllen, auf 19 Grad in den Büros runtergehen, Heiz- und Warmwasser sparen, das heißt, das Warmwasserbecken abschalten, die Durchlauferhitzer. "Wir wollen unsere Bäder so fahren, dass sie 20 Prozent Energie einsparen, denn 20 Prozent - das müssen wir allen tun und da sollen die Kommunen mit gutem Beispiel vorangehen." Das Eisfestival der Stadtwerke wird abgesagt. "Wir werden auch schauen: Was können wir mit Beleuchtung machen", sagte Kämpfer. Er gibt zu, dass das Ausschalten von Beleuchtung eher symbolische Wirkung habe, eine Eisbahn sei dagegen schon ein ziemlicher Energiefresser.

Vier-Tage-Woche im Rendsburger Rathaus

In Schleswig-Holstein ist die Wassertemperatur der Schwimmbäder in vielen Städten längst abgesenkt. Und auch bei der Beleuchtung soll Energie eingespart werden: In Husum wird das Schloss künftig nicht mehr angestrahlt und in Neumünster wird die Straßenbeleuchtung morgens früher aus- und abends später eingeschaltet. In Elmshorn soll die Raumtemperatur in den städtischen Gebäuden reduziert werden. Auch in Wedel oder Flensburg wird überlegt, weniger zu heizen. Im Rathaus der Stadt Rendsburg etwa könnten die Dienstzeiten auf eine Vier-Tage-Woche verkürzt werden. Der Kreis Plön will die Temperaturen zum Beispiel in Sitzungsräumen senken. Auch Wasser ist Thema: Die Gemeinde Trittau will beispielsweise in ihrer Sporthalle das Warmwasser abstellen.

Mehrkosten von 50 Prozent?

In diesem Jahr profitieren viele Kommunen noch von langfristigen Lieferverträgen und müssen somit keine steigenden Energiekosten abfedern. Für das nächste Jahr aber rechnet beispielsweise die Stadt Flensburg mit Mehrkosten von 50 Prozent für Strom und Wärme in Museen, Schulen oder Verwaltungsgebäuden: 2,5 Millionen Euro plant die Stadt da ein.

Steigende Sozialausgaben sind in dieser Summe noch nicht eingerechnet. Beispielsweise werden die Kosten für die Unterkünfte bei Arbeitslosen höher, wenn die Heizkosten steigen. Auch der Heizkostenzuschuss beim Wohngeld wird zu Buche schlagen. Und es könnten auf Dauer noch mehr Menschen finanzielle Unterstützung brauchen.

Kämpfer: Gasumlage über längere Zeit strecken

Kämpfer forderte den Bund auf, drohende Insolvenzen von Stadtwerken mit Liquiditätshilfen abzufangen. "Wir müssen in den nächsten Wochen verbindliche Ziele und Vorgaben festlegen, um die angestrebten 20 Prozent Energieeinsparung zu erreichen, und wir müssen sagen, in welcher Reihenfolge wir das machen wollen", so Kämpfer. "Erstens glaube ich, wird es nicht reichen, wenn jeder so das tut, was er gerade möchte". Und das Zweite - so glaubt Kämpfer - sei eine steigende Akzeptanz, wenn die Einsparziele verbindlich durch den Bund vorgegeben werden. Er sei sehr froh, dass es jetzt so kommt. Der Städtetags-Vizepräsident schlägt außerdem vor, die ab Herbst fällige Gasumlage nicht alle paar Wochen zu ändern und sie außerdem über längere Zeit zu strecken - damit es verlässlich und planbar ist und der Einzelne davon nicht überfordert wird. Es gehe dabei um bis zu 34 Milliarden Euro, die die Verbraucher zahlen müssten, sagt Kämpfer.

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Schleswig-Holstein Magazin | 16.08.2022 | 19:30 Uhr

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