Heinold und Touré: Mit ungleicher Doppelspitze zum Grünen-Erfolg?
Finanzministerin Monika Heinold und Landtagsvizepräsidentin Aminata Touré ziehen für die Grünen als Doppelspitze in den Wahlkampf in Schleswig-Holstein - zwei Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten.
Ein Foto bei Twitter, zwei Frauen in einem pink ausgeleuchteten Raum. Ein politisches Statement. "Das war ein schönes Fotoshooting gestern", twitterten beinahe zeitgleich die grüne Finanzministerin Monika Heinold und Landtagsvizepräsidentin Aminata Touré. Dadurch war die Entscheidung bereits vor einer Woche bekannt geworden. Am Mittwoch folgte die offizielle Bekanntgabe.
Heinold und Touré wollen für die Grünen antreten, mit dem Ziel, stärkste Kraft in Schleswig-Holstein zu werden. Während für CDU-Ministerpräsident Daniel Günther schon früh feststand, dass er als Ministerpräsident weitermachen möchte und die SPD mit Thomas Losse-Müller nach den Sommerferien einen Ex-Grünen als ihren Spitzenmann präsentierte, warteten alle auf das Angebot der Grünen im Land. Lange Zeit war unklar, ob Monika Heinold weitermacht oder ihren Rückzug aus der Landespolitik antreten würde.
Zeit der Teamarbeit
1996 wurde sie erstmals in den Landtag gewählt, seit 2012 ist die 62-Jährige nun Finanzministerin, verhandelt zur Zeit auch noch in Berlin das Thema Finanzen für eine mögliche Ampelkoalition. Würden die Kraft und Lust nach Monaten der ermüdenden Corona-Pandemie für eine weitere Legislaturperiode reichen? Könnte sie die Dynamik entfachen, die es braucht, um Menschen wieder für Politik zu begeistern? Nun sagt Heinold: "Für meine Person kann ich sagen, dass ich mich entschieden habe, auch weiterhin bereit zu sein, Verantwortung für dieses Land zu tragen."
Immer wieder war auch der Name Aminata Touré in Zusammenhang mit einer Spitzenkandidatur genannt worden. Die 28-Jährige hat eine politische Blitzkarriere hingelegt. Seit 2017 sitzt sie als Abgeordnete im schleswig-holsteinischen Landtag, 2019 wurde sie Landtagsvizepräsidentin, erreichte bundesweit Aufmerksamkeit, da sie in diesem Amt nicht nur die jüngste, sondern auch die erste schwarze Frau in Deutschland ist, und aktuell ist auch ihre Stimme in Berlin bei den Koalitionsgesprächen gefragt.
Aminata Touré ist dynamisch, absolviert politische Diskussionsabende, einen Frauenstammtisch, Buchlesungen, nebenbei zahlreiche Interviews, ein eigener Podcast. Es ist ihre Zeit, nicht als Einzelkämpferin, sondern im Team: "Mit Monika Heinold, einer erfahrenen Politikerin und mir, einer Politikerin, die in den letzten Jahren an Erfahrung gewonnen hat und auch Interesse daran hat, an politischen Lösungen zu arbeiten, haben wir, glaube ich, eine Spitze oder ein Duo, das definitiv den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden kann."
Heinold: Machtbewusst aber nicht machtbesessen
Es ist in der Tat ein politisches Angebot, das eine Vielzahl von Menschen im Land ansprechen könnte. Da ist mit Monika Heinold die erfahrene Finanzpolitikerin, die zunächst in der Küstenkoalition mit SPD und SSW und nun in der Jamaika-Koalition mit CDU und FDP in ganz unterschiedlichen Bündnissen unter Beweis gestellt hat, wofür sie als Haushälterin des Landes steht. Das hat ihr Respekt eingebracht - über die Parteigrenzen und Koalitionen hinweg. Sie gilt als machtbewusst, aber nicht machtbesessen und sagt selbst: "Ich gehöre nicht zu denjenigen, die sagen, ich, ich, ich, ich kann es besser, ich bin größer, ich bin schöner. Ich sage, bei den Grünen setzen wir nicht aufs ich, sondern aufs wir."
Auch, wenn Aminata Touré zur Zeit auf der politischen Erfolgswelle schwimmt, war ihr Weg nicht vorgezeichnet, die Startchancen schlechter als bei anderen Kindern. 1992 wurde Aminata Touré in Neumünster geboren. Ihre Eltern waren erst im selben Jahr aus Mali nach Deutschland geflohen. In den ersten fünf Jahren lebte Touré gemeinsam mit ihrer Familie in einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge. Sie durfte nicht in den Kindergarten gehen, war bis zu ihrem zwölften Lebensjahr immer wieder davon bedroht, abgeschoben zu werden.
Touré: Erfolgswelle trotz schlechter Startchancen
Rassismus-Erfahrungen sind, so sagt sie, Teil ihres Alltags. Und genau dagegen tritt sie ein. Macht sich stark für die Integration von Geflüchteten, für den Schutz von Minderheiten, für die Rechte von Frauen. Aminata Touré sieht sich als Stellvertreterin einer Vielzahl von Menschen, die nicht die Chance haben, ihre Stimme so öffentlichkeitswirksam einzusetzen.
Zwei Frauen aus zwei Generationen, zwei unterschiedliche Arten, Politik zu machen, zwei ganz verschiedene Lebenssituationen. Monika Heinold und Aminata Touré - sie beide wollen die Grünen in Schleswig-Holstein in die Landtagswahl führen. Damit dürfte das Foto bei Twitter in einem pink ausgeleuchteten Raum nur der Anfang einer Reihe von Bildern sein, die sie in den nächsten Monaten von sich zeigen werden.
