Auf zwölf Beinen zum WM-Titel: Zwei Brüder erfolgreich im Canicross
Nur verbunden mit einer dehnbaren Leine lassen sie sich von ihren Hunden ziehen, und zwar nicht auf Schlitten, sondern auf ihren Füßen. Canicross heißt diese Sportart, die zwei Brüder aus Bad Bramstedt sehr erfolgreich betreiben.
Als der zwölf Jahre alte Hannes Simon den Kofferraum des Familienbusses öffnet, springen die beiden Hunde Racer und Biaki aus ihren Boxen auf den Waldboden. Drei Mal in der Woche trainieren Hannes und sein zehn Jahre alter Bruder Lukas gemeinsam mit den Europäischen Schlittenhunden im nahegelegenen Wald in Bad Bramstedt. Mit dabei: Ihre Mutter Susanne Simon. Sie betreibt den Sport schon länger. "Es ist etwas ganz Ursprüngliches, Elementares, draußen mit den Hunden unterwegs zu sein", sagt sie, "und die lieben es auch." Lukas und Hannes ziehen sich ihre Laufschuhe an und legen einen Bauchgurt um, in den sie Racers und Biakis elastische Leinen später einhaken. Die Hunde bellen aufgeregt. "Die wollen jetzt loslaufen," erklärt Lukas. Erst einmal müssen er und sein Bruder sich aber alleine noch etwas aufwärmen, denn Canicross belastet die Gelenke. Deshalb trainieren sie auch drei Mal in der Woche ohne ihre Hunde Kraft, Ausdauer und Geschwindigkeit.
So schnell laufen Hunde bei der Hetze
Der Zughundesport stammt aus Skandinavien. Aber auch in Deutschland wird Canicross immer beliebter. "Jedes Jahr gibt es mehr Wettkämpfe und mehr Teilnehmer, weil so viele Menschen heutzutage einen Hund haben", erzählt Susanne Simon und erklärt: "Bei dem Sport wird die Bindung zwischen Mensch und Tier gestärkt." Wenn man Canicross so professionell betreibt wie Lukas und Hannes, dann mit extra dafür gezüchteten Hunden wie Racer und Biaki. Die Europäischen Schlittenhunde stammen auch aus Skandinavien und eignen sich besonders für Mitteldistanzstrecken. "Sie sind schneller als Huskys und sehen auch nicht mehr so aus. Es steckt viel Jagdhund mit drin. Denn so schnell zu rennen, ist ein Element der Jagd: die Hetze. Diese Hunde lieben das", sagt Susanne Simon.
Ein Kilometer in knapp zwei Minuten
"Eins, zwei, drei und los!", rufen Lukas und Hannes. Endlich dürfen ihre Hunde rennen. Und die Jungs halten mit. An die 30 Kilometer pro Stunde schnell. Die Distanz bei Wettkämpfen: Ein Kilometer. "Am Anfang dachte ich, das mach ich jetzt zum Spaß, und das wird keine große Sache. Aber ich wurde immer besser, die Hunde wurden immer besser. Und dann landet man hier", freut sich Hannes. Hier - das sind 15 Rennen, bei denen er und sein Bruder schon gestartet sind. Jedes Mal haben sie es unter die ersten Drei geschafft. So haben sie sich auch für die Weltmeisterschaft Anfang Mai in der Bretagne qualifiziert. Lukas ist die Strecke in 2:37 Minuten gelaufen - am schnellsten in seiner Altersklasse. Hannes wurde Vierter. "Ich hab mir schon gedacht, dass sie gut sind, weil sie megasportlich sind, richtige Bewegungstalente, aber dass sie auch die mentale Stärke haben, um zwei Tage lang eine WM zu bestreiten, da war ich schon überrascht, dass die da so cool sind", sagt ihre Mutter.
"Eine megagute Kombo"
"Ho, ho!", rufen die beiden - das ist der Befehl für links abbiegen. Vor dem Bus kommen sie wieder zum Stehen, und es gibt erst einmal ein isotonisches Getränk - für die Vierbeiner. Insgesamt hat die Familie sechs Hunde. Lukas und Hannes haben ihre eigenen. "Mit Racer bin ich so viele Rennen gerannt, da baut man eine starke Bindung auf. Er liegt mir ziemlich am Herzen", sagt der 12-jährige. Mit den Hunden zusammen etwas zu unternehmen, das macht für die beiden den Reiz am Sport aus, sagen sie. Dazu das Laufen, "das ist einfach eine megagute Kombo", findet Hannes.
Mit dem Dogscooter mit bis zu 50 Sachen durch den Wald
Jetzt hilft Mutter Susanne beim Ausladen spezieller Roller, extra für Zughunde gemacht. Denn die Brüder sind noch in einer weiteren Disziplin erfolgreich: Im sogenannten Dogscooter. Susanne Simon hakt die Leinen der Hunde an den Rollern ein, dann geht es los. Bis zu 50 Stundenkilometer schnell werden die Vierbeiner vor dem Dogscooter. Sorgen um ihre Jungs macht Susanne Simon sich aber keine mehr: "Sie wissen, was sie tun und haben eine gute Technik." Sie unterstützt die beiden voll und ganz, begleitet sie zu jedem Rennen. Das nächste Ziel von Lukas und Hannes: Die Europameisterschaft im Herbst, bei der sie an den Start gehen - natürlich mit Racer und Biaki.