Politische Straftaten sind in Niedersachsen auf Höchststand
Die politisch motivierte Kriminalität in Niedersachsen nimmt zu. 2021 gab es so viele Fälle wie noch nie, teilte das Innenministerium dem NDR in Niedersachsen mit. Die Zahlen werden seit 2001 erhoben.
5.010 politisch motivierte Straftaten sind 2021 in Niedersachsen registriert worden. Das bedeutet laut Innenministerium einen Anstieg um 38 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Der Anstieg der politisch motivierten Straftaten ist auch in dieser Deutlichkeit leider nicht überraschend", sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstag. Gründe sieht das Innenministerium zum einen im Superwahljahr 2021 sowie im Zusammenhang mit Protesten gegen die Schutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie. Ein Viertel oder etwa 1.300 Taten standen demnach im Zusammenhang mit der Bundestagswahl und niedersächsischen Kommunalwahlen, dabei ging es weit überwiegend um beschädigte oder gestohlene Wahlplakate.
Straftaten in der "Reichsbürger"-Szene verdoppelt
Besonders die Zahl der Straftaten, die politisch motiviert, aber keinem spezifischen Phänomen zuzuordnen waren, ist den Angaben zufolge gestiegen. Ihre Anzahl hat 2021 mit 1.790 Taten um 183 Prozent drastisch zugenommen. Auch dies sei maßgeblich auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie mit den damit verbundenen versammlungsrechtlichen Aktionen sowie auf die Bundestagswahl und die Kommunalwahlen in Niedersachsen zurückzuführen, teilte das Ministerium mit. Auffällig sei zudem, dass sich die Straftaten im Zusammenhang mit der Szene der sogenannten Reichsbürger auf 206 verdoppelt habe.
Rechte Straftaten am häufigsten
Den größten Anteil unter den politisch motivierten Straftaten machen allerdings immer noch jene aus, die politisch rechts motiviert sind - darunter etwa antisemitische Straftaten und das Tragen von Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen.
Pistorius: Mehr Personal für Kriminalität im Internet
"Immer mehr Menschen sind ohne kritische Überprüfung der Inhalte dazu bereit, an Verschwörungstheorien zu glauben, die Inhalte und Memos insbesondere über Messenger-Dienste und soziale Netzwerke zu verbreiten und sogar völlig abstrusen Erzählungen Glauben zu schenken", sagte Pistorius. "Auf all diese Entwicklungen haben wir, auch mit personellen Maßnahmen und Schwerpunktsetzungen innerhalb der Sicherheitsbehörden, bereits reagiert und werden diesen Weg weiterhin gehen."
Deutlicher Anstieg auch bei Gewaltstraftaten
Die Anzahl von politisch motivierten Gewaltstraftaten, etwa Körperverletzungen, Brandstiftung, Widerstand oder Angriffe auf Vollstreckungsbeamte, ist im vergangenen Jahr ebenfalls deutlich angestiegen und mit 267 Fällen so hoch wie seit 2016 nicht mehr. Den größten Anteil machen 121 Gewaltstraftaten mit einer "linken" Tatmotivation aus. Ein "rechtes" Tatmotiv wurde bei 68 Gewaltdelikten festgestellt.
Religiöser Terror: Straftaten sinken
Gewaltdelikte, deren Motivation hauptsächlich auf eine aus dem Ausland stammende Ideologie zurückzuführen ist, und religiös motivierte Gewaltdelikte sind im Vergleich zu 2020 von 165 auf 138 Taten weiter zurückgegangen. Auch die Zahl der in diesen Zusammenhängen ausgeübten terroristischen Straftaten sank von 18 auf 9.
