Innenministerium lehnt Aufnahmestopp für Flüchtlinge in Grimmen ab

Stand: 04.11.2022 20:47 Uhr

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD) hat mit Ablehnung auf den Aufnahmestopp für Flüchtlinge reagiert, den die Stadtvertretung Grimmen am Donnerstagabend beschlossen hatte.

Der Beschluss sei rechtlich unverbindlich, sagte Pegel dem NDR Nordmagazin am Freitag. Der Innenminister erklärte aber auch, wenn Grimmen tatsächlich einen großen Anteil der ukrainischen Flüchtlinge in Vorpommern-Rügen aufgenommen habe, sei es sinnvoll, innerhalb des Landkreises zu schauen, ob andere Städte "stärker in die Bütt gehen", als sie es bisher tun.

Weitere Informationen
Schwerin: Geflüchtete aus der Ukraine warten vor der zentralen Erfassungsstelle für Ukraine-Flüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern. © Jens Büttner/dpa Foto: Jens Büttner/dpa

Kapazitätsgrenzen erreicht: Grimmen will vorerst keine Flüchtlinge mehr aufnehmen

Die Stadt möchte ein Zeichen setzen, denn Unterbringungen, Kitas und Schulen seien überlastet. Kritik kommt vom Flüchtlingsrat. mehr

Ministerium: Verteilung der Geflüchteten auf Kommunen ist Angelegenheit des Kreises

Pegel zeigte allgemein Verständnis für die schwierige Situation der Kommunen bei der Flüchtlingsbetreuung. Die Herausforderung, Flüchtlinge aufzunehmen und zu betreuen, sei größer als in den vergangenen Jahren. Das Innenministerium betonte, dass die Verteilung von Flüchtlingen auf die Kommunen in der Zuständigkeit der Kreise liege. Pegel kündigte weitere Gespräche mit dem Landrat von Vorpommern-Rügen an.

Bürgermeister: Grimmen an der Grenze der Kapazität

Der Grimmener Bürgermeister Marco Jahns (CDU) hatte den mehrheitlichen Beschluss in der Stadtvertretung für einen Aufnahmestopp damit begründet, dass die Stadt ihre Kapazitätsgrenze erreicht habe. In puncto Wohnraum, Schulen und Kitas sei die erforderliche Infrastruktur nicht mehr gegeben. Die Stadt Grimmen habe 333 ukrainische Flüchtlinge aufgenommen. "Damit haben wir als Stadt Grimmen über zehn Prozent der knapp 3.200 Ukrainer, die im Landkreis Vorpommern-Rügen erfasst sind", sagte Stadtsprecher Erdmann. Man habe knapp 10.000 Einwohner. Nach aktuellem Schlüssel müsste Grimmen daher eigentlich nur maximal 133 Flüchtlinge aufnehmen.

"Grimmen hat jetzt mal den Mut gehabt, das zu sagen"

Die momentane Situation überfordert laut Erdmann auch den Haushalt. Für Integration benötige man die entsprechende Infrastruktur und Finanzen. "Beides ist jetzt bei uns in Grimmen nicht mehr gegeben." Wenn es keine Betreuung der Kinder und Jugendlichen gebe, leide auch die Integration ihrer Eltern. "Deshalb weisen wir das strikt zurück, dass wir hier als unsozial oder anderen Kommunen gegenüber unsolidarisch auftreten."

Der Beschluss komme auch mit Blick auf die zu erwartenden weiteren Flüchtlingen, die im Winter aus der Ukraine kommen könnten. Damit könnten auch für Grimmen weitere Aufnahmen anstehen. Anderen Kommunen gehe es ähnlich. "Bloß Grimmen hat jetzt mal den Mut gehabt, das zu sagen."

CDU-Vertreter stimmen geschlossen für Aufnahmestopp

Die Grimmener CDU-Stadtvertreter hatten geschlossen für den Flüchtlings-Aufnahmestopp gestimmt. Die CDU-Stadtvertreterin Birgit Mietzner sagte dem NDR Nordmagazin, dass alle drei Schulen der Stadt bei der Integration von ukrainischen Kindern an ihre Grenzen gekommen sind. Laut der CDU-Stadtvertreterin soll die Entscheidung in Grimmen kein Zeichen gegen Integration sein, sondern ein Signal, dass die Stadt Hilfe braucht.

Flüchtlingsrat: Ein gefährliches Signal

Der Flüchtlingsrat des Landes hatte die Entscheidung kritisiert, dies sei ein gefährliches Signal in Zeiten von brennenden Unterkünften für Flüchtlinge und Hakenkreuz-Schmierereien an solchen Gebäuden, so die Geschäftsführerin Ulrike Seemann-Katz. Politiker von Linken und Grünen sowie der Flüchtlingsrat nahmen den Beschluss zum Anlass, von Bund und Land mehr Unterstützung für die Kommunen zu fordern. "Es rächt sich jetzt aber auch, dass Einrichtungen wie die Flüchtlingsunterkunft in Basepohl im September 2016 wieder geschlossen wurden, statt diese im Standby-Modus zu behalten", hieß es in einer Mitteilung der Linken-Landesspitze.

Weitere Informationen
Flüchtlinge aus der Ukraine gehen in Richtung Hansemesse in Rostock. © dpa/Zentralbild Foto: Bernd Wüstneck

Geflüchtete in MV: Kreise und Gemeinden an Belastungsgrenze

24.781 Schutzsuchende sind in diesem Jahr bisher nach Mecklenburg-Vorpommern gekommen, davon mehr als 22.000 aus der Ukraine. mehr

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD, r) im Gespräch mit NDR Nordmagazin Moderator Stefan Leyh. © NDR Foto: NDR

Innenminister: Schutz für Flüchtlingsunterkünfte in MV wird erhöht

Nach der mutmaßlichen Brandstiftung in der Flüchtlingsunterkunft in Groß Strömkendorf sollen solche Einrichtungen stärker bestreift werden. Die Ermittlungen laufen weiter auf Hochtouren. mehr

Groß Strömkendorf: Die ukrainische Fahne weht auf dem Dach eines Nebengebäudes vor den Resten des abgebrannten Hotelgebäudes. © Jens Büttner/dpa Foto: Jens Büttner/dpa

Feuer in Flüchtlingsunterkunft in MV: Politisches Motiv vermutet

Der Staatsschutz ermittelt. Ergebnisse werden kommende Woche erwartet. In Wismar nahmen mehr als 100 Menschen an einer Mahnwache teil. mehr

Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 04.11.2022 | 19:30 Uhr

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Bürgerfest in Schwerin von oben © dpa Foto: Jens Büttner

Liveticker am 4. Oktober: Fest zum Tag der Deutschen Einheit in Schwerin

In Schwerin läuft der dritte Tag des Bürgerfestes zur Deutschen Einheit. Im Liveticker berichten wir über Besucher und Gastgeber. mehr

Die Applikation App WhatsApp ist auf dem Display eines Smartphones zu sehen. © picture alliance/dpa Foto: Silas Stein

Im Handy abonnieren: Die NDR MV Nachrichten bei Whatsapp

Im NDR MV Whatsapp-Kanal gibts die wichtigsten Themen für Mecklenburg-Vorpommern kompakt und schnell zusammengefasst. extern