Die Villa Baltic in Kühlungsborn. © picture alliance Foto: Caro/ Jandke
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AUDIO: Villa Baltic Kühlungsborn: Eine (fast) unendliche Geschichte (32 Min)

Villa Baltic: Die (fast) unendliche Geschichte einer Residenz

Stand: 08.05.2025 07:00 Uhr

Seit mehr als 35 Jahren zerfällt die Villa Baltic an der Ostsee in Kühlungsborn. Sie ist zu einem Zankapfel zwischen Politik, Investoren und Verwaltung geworden. Am Schicksal der Villa hängt auch die Zukunft eines ganzen Stadtteils: Unser Podcast-Thema bei MV im Fokus.

von Thorsten Reinke

"Tut mir leid, der NDR muss raus!" Wieder einmal kommt dieser Satz von Uwe Ziesig (parteilos),  Bürgervorsteher der Stadtvertretung von Kühlungsborn. Entscheidet sich mindestens ein Viertel der 20 Stadtvertreter für den Ausschluss der Medien, muss unser Kamerateam den Saal verlassen. Seit Dezember 2024 ist das jedes Mal der Fall, wenn über die Zukunft der Villa Baltic abgestimmt wird. Das zeigt, wie aufgeladen die Diskussionen inzwischen sind, allein schon wegen der Geschichte der Residenz.

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Die Villa Baltic in Kühlungsborn. © picture alliance Foto: Caro/ Jandke
32 Min

Villa Baltic Kühlungsborn: Eine (fast) unendliche Geschichte

Seit mehr als 35 Jahren zerfällt die Villa Baltic in Kühlungsborn. Ihr Schicksal spaltet die Stadt in zwei Lager. 32 Min

Das schickste Herrenhaus von Kühlungsborn

Innenaufnahmen der verfallenen Villa Baltic in Kühlungsborn. © NDR Foto: NDR
Von dem einstigen Glanz der Villa ist nach über 100 Jahren nicht mehr viel erhalten.

Als die Villa Baltic 1912 fertig wird, ist sie Stadtgespräch. Total exklusiv im Neobarock seiner Zeit, mit langgezogenen Balkonen, einem Mansardendach und innen dunklem Marmor. Als Blickfang dient die Freitreppe aus rotem Granit, wobei das prächtige Treppenhaus durch ein geschwungenes Glasdach belichtet wird. Erbaut vom jüdischen Ehepaar Hausmann für 2,5 Millionen Goldmark. Deren Ehe bleibt kinderlos. So kommt das Gebäude nach deren Tod in die Hände der jüdischen Akademischen Gesellschaft und dient als Erholungsheim. Von den Nazis enteignet und der Goebbels Stiftung zugeschrieben, nutzt es nach dem 2. Weltkrieg der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB). Legendär die Schwoofabende in der Villa und die Steaks für 3,75 Mark. Ab 1972 war die Villa dann mit dem benachbarten Schwimmbad durch einen Gang verbunden, bis zum Abriss der Schwimmhalle 2017. Zu dem Zeitpunkt verfällt das Haus jedoch immer mehr. Nach der Wende fehlt das Geld und verschiedene Glücksritter und Investoren beißen sich an der denkmalgeschützten Sandsteinfassade die Zähne aus. Bis heute.

Ein heruntergekommenes Gebäude: Es passiert... nichts

Mit den Investorenbrüdern Jan und Berend Aschenbeck erscheinen dann die ersten wirklich ernsthaften Geldgeber auf der Bildfläche. So hofft zumindest die Stadt. Die beiden Projektentwickler aus Oldenburg versichern, den alten Glanz der Villa zurückzubringen und kaufen 2019 das Gebäude schließlich für zwei Millionen Euro. Ihre Pläne, ein Hotel daraus zu machen, scheitern jedoch. Also muss eine neue Idee her. Und die haben die Investoren: Sie wollen das benachbarte Gelände kaufen, genau dort, wo früher das Schwimmbad stand. Auf dem Grundstück soll ein 120-Zimmer-Hotel entstehen, mit dessen Betrieb sie die 18 Millionen Euro teure Sanierung der Villa finanzieren wollen. In den fünf darauffolgenden Jahren kommt es dann zu langen Diskussionen zwischen Stadt und Investoren. Über 30 Teilbeschlüsse in der Stadtvertretung werden gefällt, aber am Ende kein Kaufvertrag über das ehemalige Schwimmhallen-Grundstück unterzeichnet.

Neuwahlen und die Rolle zurück

2024 soll dann der Durchbruch kommen. Die Stadt ist unter Auflagen bereit die dickste Kröte zu schlucken: Das Hotel neben der Villa. Doch dann kommen Neuwahlen und mit den Neuwahlen eine neue Bürgermeisterin. Olivia Arndt von der Kühlungsborner Liste übernimmt die Führung der Stadt und mir ihr eine neue Stadtvertretung. Beide werfen den Vorgängern vor, die Interessen von Kühlungsborn nicht genügend vertreten zu haben. Alte Beschlüsse kommen wieder auf den Tisch, die Diskussionen beginnen von vorn. Doch inzwischen interessieren sich nicht mehr allein die Kühlungsborner für das Schicksal der Villa, sondern auch Bund und Land: in Form von acht Millionen Euro Fördergeldern, geknüpft an Bedingungen. Doch warum erfüllt Kühlungsborn diese Bedingungen bislang nicht?

Podcast: Die (fast) unendliche Geschichte der Villa Baltic

Die neue Podcast-Folge von MV im Fokus beleuchtet detailliert die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Villa Baltic. Zu Wort kommen die Kühlungsborner, der Ex-Bürgermeister, der gegen die eigene Stadtverwaltung klagt, die Bürgermeisterin, die ihren Vorgänger kritisiert und ein Investor, der ziemlich unter Strom steht. Der Podcast "Die (fast) unendliche Geschichte der Villa Baltic" ist überall abrufbar, wo es Podcasts gibt.

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fassade der Villa Baltic © Screenshot
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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 08.05.2025 | 07:00 Uhr

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