Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, sitzt bei einem Interview in ihrem Büro im Ministerium. © Bernd von Jutrczenka/dpa
Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, sitzt bei einem Interview in ihrem Büro im Ministerium. © Bernd von Jutrczenka/dpa
Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, sitzt bei einem Interview in ihrem Büro im Ministerium. © Bernd von Jutrczenka/dpa
AUDIO: Lemke: Rückwärtsgewandte Debatten müssen aufhören (8 Min)

Umweltministerin Lemke verteidigt Atomausstieg

Stand: 14.04.2023 15:57 Uhr

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat auf NDR Info den endgültigen Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie gegen Kritik verteidigt. CDU-Chef Friedrich Merz sprach sich dagegen am Freitag erneut für eine AKW-Laufzeitverlängerung aus. Am Sonnabend endet in Deutschland nach mehr als 60 Jahren das Zeitalter der Atomkraft.

Lemke sagte in dem Hörfunk-Interview, dass die Energieversorgung auch für den kommenden Winter gesichert sei. "Ich bin der Meinung, wir sollten unsere gesamte Energie jetzt darauf setzen, Photovoltaik, Windkraftspeicher, Energiesparen und Energieeffizienz nach vorne zu treiben und mit diesen rückwärtsgewandten Debatten aufhören." Die Entscheidung zum Atomausstieg sei gefallen und politisch besiegelt. Jetzt gelte es, die Alternativen nach vorne zu bringen, so Lemke.

Die Grünen-Politikerin rief die Atomkraft-Befürworter dazu auf, mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürgern kein politisches Spiel zu treiben. "Diejenigen, die sagen, wir sollten Atomenergie nutzen, blenden die Sicherheitsrisiken und die ungelöste Endlagerfrage komplett aus; das springt zu kurz."

CDU-Chef Merz: "Schwarzer Tag für Deutschland"

Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender, bei einem Pressestatement. © picture alliance/dpa Foto: Kay Nietfeld
CDU-Chef Friedrich Merz hat kein Verständnis für den jetzigen Atomausstieg.

CDU-Chef Merz sagte - ebenfalls auf NDR Info - dass sich die Energieversorgungslage auf der ganzen Welt seit dem Beginn des Russland-Ukraine-Krieges vor gut einem Jahr verschärft habe. Daher dürfe der Atomausstieg jetzt nicht wie zuvor politisch beschlossen durchgeführt werden. Deutschland sei das einzige Land, dass jetzt aus der Atomkraft aussteige. "Da stellt sich schon die Frage: Wer ist hier eigentlich der Geisterfahrer?" Merz forderte erneut eine Laufzeitverlängerung für die drei am Netz verbliebenen deutschen Atomkraftwerke bis zumindest Ende 2024.

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Die Ampel-Koalition hole Kohlekraftwerke wieder ans Netz, um eine ideologisch begründete Entscheidung durchzusetzen. Dadurch erhöhe sich aber der klimaschädliche CO2-Ausstoß. Merz sprach mit Blick auf das Abschalten der deutschen Atomkraftwerke von einem "schwarzen Tag" für Deutschland.

Die Stromversorgung in Deutschland werde derzeit nur knapp durch Kohle- und Gaskraftwerke gewährleistet. Man dürfe aber in der derzeitigen Lage auf keine einzige Kilowattstunde verzichten. "Wir brauchen ein Überangebot an Strom, damit die Preise runtergehen", sagte Merz. Das ändere aber nichts daran, dass die erneuerbaren Energien konsequent ausgebaut werden müssten.

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AUDIO: CDU-Chef Merz plädiert erneut für AKW-Laufzeitverlängerung (9 Min)

Auch AKW Emsland geht vom Netz

Vor 62 Jahren nahm das erste Atomkraftwerk in Deutschland seinen kommerziellen Betrieb auf. Am Sonnabend soll nun endgültig Schluss sein mit der nuklearen Stromerzeugung, dann gehen die letzten drei deutschen Atomkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim vom Netz. Eine Laufzeitverlängerung, wie sie unter anderem CDU-Chef Merz fordert, ist laut Johan Lilliestam, Professor für Energiepolitik an der Uni Potsdam, gar nicht mehr möglich. "Dafür fehlt der Brennstoff, dafür fehlt das Personal, dafür fehlt die Betriebsgenehmigung, dafür fehlt die Sicherheitsprüfung. (...) Deswegen ist das eine Scheindebatte, es ist ein bisschen politisches Getöse, was wir jetzt gerade erleben", sagte Lilliestam auf NDR Info.

Wasserdampf steigt aus dem Kühltum des Kernkraftwerks Isar 2 im bayerischen Essenbach. © dpa Foto: Armin Weigel
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In Zukunft sollen die erneuerbaren Energien die Hauptlast der Stromerzeugung in Deutschland tragen, ergänzt um zusätzliche Gaskraftwerke mit der Perspektive einer Umstellung auf Wasserstoff. Deutschland geht damit einen anderen Weg als viele andere europäische Staaten.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Aktuell | 14.04.2023 | 06:22 Uhr

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