VIDEO: Clubs in Hamburg sterben aus (2 Min)

Hamburger Molotow-Club: Betreiber kündigt Massenentlassung an

Stand: 12.01.2024 19:23 Uhr

Sechs Monate bleiben dem Betreiber und seinen Mitarbeiter noch am Hamburger Nobistor, dann muss der Club einem Hotelneubau weichen. Nun hat Molotow-Chef Andi Schmidt eine Massenentlassung angekündigt.

Das Molotow gilt in Hamburgs Club- und Musikszene als Institution. Zweimal schon musste der Club umziehen. Die letzten zehn Jahre war er am Nobistor zu Hause - doch kurz vor Weihnachten kam die Nachricht, dass das Molotow einem Hotelneubau weichen muss. Proteste und Aktionen halfen bisher nichts. Ein Gespräch mit Clubbetreiber Andi Schmidt.

Wie ist die aktuelle Situation?

Andi Schmidt: Ziemlich dramatisch. Ich war bei meinem Steuerberater, der mir gesagt hat, dass ich eine Massenentlassungsanzeige einreichen muss, um allen gesetzlichen Formalitäten und Fristen genüge zu tun, weil es ein halbes Jahr Kündigungsfrist gibt. Somit muss ich das bis Ende des Monats machen. Das ist natürlich ein sehr schwerer Schritt.

Wie viele Menschen betrifft das?

Schmidt: 47, wie ich jetzt genau weiß. Ab 35 oder 40 muss man dieses Massenentlassungsdings machen.

Schriftzug "Molotow" hinter einer Demonstration © picture alliance/dpa | Jonas Walzberg Foto: Jonas Walzberg
AUDIO: Hamburger Molotow-Club: Betreiber kündigt Massenentlassung an (3 Min)

Man hat ja eigentlich das Gefühl, dass ganz viele Kräfte in dieser Stadt - ich denke nur an die Demo Ende des Jahres - auf Seiten des Molotows sind. Auch die Kulturbehörde, der Kultursenator hat sich dafür ausgesprochen, dass ihr da seid. Wie sind da die Gespräche?

Andi Schmidt, der Betreiber des Molotow, sitzt in seinem Club. © NDR.de/ Helene Buchholz Foto: Helene Buchholz
Andi Schmidt, der Betreiber des Molotow, in seinem Club

Schmidt: Wir sind im Gespräch und versuchen eine Lösung zu finden, was natürlich nicht einfach ist. Jede Unterbrechung bedeutet, dass ich meine Leute entlassen muss und dass ich wieder von vorne anfangen muss. Deswegen will ich eigentlich da bleiben, wo ich bin. Weil ich auch nicht einsehe, dass immer die Clubs weichen müssen. Irgendjemand will immer was bauen: Hotels, eine Straße, eine Brücke - und immer müssen die Clubs gehen, warum? Das Molotow umzusiedeln macht keinen Sinn und das werde ich auch nicht mitmachen.

Kannst Du das uns das ein bisschen genauer erklären. Hamburg schmückt sich weltweit mit dem Reeperbahn-Festival und den Klubs, die wir an der Reeperbahn haben. Das werden immer weniger. Warum muss das Molotow bleiben und warum muss es bleiben, wo es jetzt ist - am Nobistor?

Schmidt: Das Molotow muss auf der Reeperbahn bleiben, weil es außer uns nur noch zwei andere Klubs gibt, die überhaupt Live-Musik machen: das Mojo und das Docks. Live-Musik gehört auf die Reeperbahn. Hamburg nennt sich Musikstadt und schmückt sich mit dem Etikett. So muss es dann halt auch was für den Erhalt tun. Wenn es jetzt auf der Reeperbahn nur noch Hotels, Fast-Food-Ketten und Systemgastronomie gibt, dann wird es eine beliebige Amüsiermeile, wie es sie in jeder Stadt über hunderttausend Einwohner gibt. Wenn es das ist, was Hamburg möchte, dann sollen sie so weitermachen. Wenn nicht, dann müssen wir etwas ändern.

Also ich hoffe, dass wir da nicht ausziehen müssen. Und wenn wir ausziehen, dann ziehe ich noch einmal um und zwar nur an den Ort, an dem ich dann bleibe. Dieses von hier nach da und dann wieder da und so, das funktioniert nicht. Ein Club ist nicht irgendwie so ein Monopoly-Hotel, was man von einem Spielende auf das andere schieben kann, sondern eher wie ein Kartenhaus, das zusammenfällt, wenn man es verschiebt.

Das Gespräch führte Susanne Hasenjäger.

 

Weitere Informationen
Zahlreiche Demonstranten stehen mit Plakaten auf der Reeperbahn vor dem Musikclub "Molotow". © Jonas Walzberg/dpa Foto: Jonas Walzberg

Solidaritäts-Demo gegen die Schließung vom Musikclub "Molotow"

Mehr als tausend Menschen haben am Sonnabend in Hamburg für den Erhalt demonstriert. Das "Molotow" muss bis Ende Juni am jetzigen Standort ausziehen. mehr

Menschen stehen vor dem Molotow auf der Reeperbahn. © picture alliance/dpa Foto: Gregor Fischer

Kündigung am Nobistor: Musikclub "Molotow" muss raus

Die Betreiber müssen sich schon zum dritten Mal neue Räume suchen. Der Senat will helfen bei einer weiteren Zwischenlösung. mehr

Das brachliegende Areal der ehemaligen Esso-Häuser im Paloma-Viertel an der Reeperbahn auf St. Pauli. © Christian Charisius/dpa Foto: Christian Charisius

Wie geht es weiter mit dem Paloma-Viertel auf St. Pauli?

Seit neun Jahren liegt das Areal am Spielbudenplatz in Hamburg brach. Wann der Eigentümer einen Bauantrag stellt, ist weiter unklar. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR Info | 12.01.2024 | 16:00 Uhr

This Band is Tocotronic, Cover
Podcast von ARD Kultur, rbb, NDR Kultur © ARD

"This Band is Tocotronic" in der ARD Audiothek

Der Podcast von rbb und NDR erzählt die Geschichte der Band. extern

Porträt von Philipp Schmid © NDR Foto: Sinje Hasheider

Philipps Playlist

Philipp Schmid kennt für jede Lebenslage die richtige Musik. Egal ob Pop, Klassik oder Jazz. Träumt Euch zusammen mit ihm aus dem Alltag! mehr

Peter Urban © NDR Foto: Andreas Rehmann

Urban Pop - Musiktalk mit Peter Urban

Spannende Stories, legendäre Konzerte, bewegende Begegnungen: Peter Urban hat viel erlebt und noch mehr zu erzählen. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Eine Frau schießt ein Foto mit einem Tablet in einer Fotobox. © Museum Industriekultur Osnabrück

Heute Internationaler Museumstag - Museen laden zum Mitmachen ein

Kostenfrei können Besucher Ausstellungen sehen und Dinge ausprobieren. Ganz nach dem Motto "Museen mit Freude entdecken". mehr