"Rollender Georg": LKW bringt klassische Musik in die Region
Eine Woche vor Beginn der Internationalen Händel-Festspiele in Göttingen wollen die Festspielmacher den Händel-Spirit aus der Uni-Stadt in die Region bringen - mit Pop-Up-Konzerten auf einer LKW-Ladefläche.
Mehr Klassik für alle: Dafür schicken die Festspielmacher den "Rollenden Georg" an Orte, an denen man weder Händel noch andere klassische Musik vermuten würde. Auf einem Platz an der Sankt Norbert-Kirche in Friedland hält er beispielsweise an. Die Plane wird zur Seite geschoben, die Ladefläche ist die Bühne. Während die drei Musiker des Trio Lézard aus Saarbrücken ihre Instrumente und Notenpulte aufbauen, nehmen schon die ersten Gäste auf Bierzeltgarnituren. Sie freuen sich auf das, was da auf sie zu kommt: "Ich finde es aufregend, dass die so durch die Dörfer fahren und ihre Musik machen", erzählt eine Frau aus dem Publikum. Auch der Elektro-LKW als Konzertbühne kommt gut an: "Das ist auf jeden Fall eine coole Aktion!"
Sarrusophone bringen besonderen Klang mit
Dann legt das Holzbläser-Trio los. Händel steht auf dem Programm, zunächst mit Oboe, Klarinette und Fagott. Die Musik wirkt leicht und frisch, passend zum sonnigen Frühlingstag. Dann wechseln sie die Instrumente und spielen auf Sarrusophonen aus dem 19. Jahrhundert. Sie sehen aus wie eine Mischung aus Fagott und Saxophon, und in der Tat: Ihre Geschichte ist eng mit der des Saxophons verknüpft. Der Klang ist jedoch feiner, erklärt Stéphane Egeling: "Im 19. Jahrhundert hatte Sarrus eine Idee: Wenn der Herr Sax solche lauten Instrumente macht, dann machen wir für die Oboisten und Fagottisten doch das gleiche - und hat die Sarrusophone erfunden."
Als Mundstück dient ein Röhrchen, ähnlich wie bei einem Fagott. Was so leichtfüßig klingt, ist für die Musiker eine Herausforderung. Denn die mehr als hundert Jahre alten Instrumente sind lange aus der Mode gekommen. Daher gibt es keine richtige Ausbildung, wie Fagottist Geert Brouwers aus den Niederlanden erklärt: "Man muss selber herausfinden, wie alles geht. Ich habe für dieses Instrument zehn verschiedene Rohre gemacht, um soweit zu kommen, dass wir zu dritt diese Musik machen können. Das macht Spaß."
Rollender Georg macht auch in Kinderklinik Station
Immer wieder stellen sie sich der Aufgabe, alte Instrumente neu zu lernen. "Wir haben die Freiheit, einen Klang selber zu kreieren", erklärt Stéphane Egeling. "Wenn du ein Englischhorn spielst oder ein Fagott oder eine Oboe, dann gibt es eine Erwartungshaltung. Hier nehmen wir Instrumente und es kann eben keine Erwartungshaltung geben. Wir können uns selber einen Klang, selber die Musiken ausdenken." Jan Creutz, Klarinettist des Trio Lézard, freut sich: "Dann steckt man so ein schönes Doppelrohr drauf und schon kommen die zauberhaftesten Klänge." Ihre Faszination für alte Instrumente teilen sie auch mit dem Publikum des Rollenden Georg in Friedland.
Der Rollende Georg hat sich zu einem Aushängeschild der Händel-Festspiele in Göttingen entwickelt. Das Ziel sei, Händel und klassische Musik dort hinzubringen, wo sie normalerweise nicht zu hören sei, sagt Intendant Jochen Schäfsmeier - in die Region, in ein Nachbarschaftszentrum in Göttingen oder auf Spielplätze: "Wir gehen auch in die Kinderklinik, damit die Kinder, die nicht zum Konzert kommen können, aber mal eine Abwechslung brauchen, was von uns angeboten bekommen." In Friedland kam der Rollende Georg, mit dem Trio Lézard auf einem Lkw, beim Publikum hörbar gut an.
Der Rollende Georg ist noch zu folgenden Terminen zu erleben:
Sa, 10.5., 10 Uhr: Nachbarschaftszentrum Grone, Göttingen
Sa, 10.5., 11.15 Uhr: Spielpark Lönsweg, Göttingen
Sa, 10.5., 12.45 Uhr: Weststadtplatz, Göttingen
Sa, 10.5., 14.30 Uhr: Spielplatz Den Haag-Straße/Europaallee, Göttingen
Sa, 10.5., 16 Uhr: Universitätsmedizin, Wiese Spielplatz Osteingang, Göttingen
