Ein Leben in Bildern
"Wer die Form zerstört, der beschädigt auch den Inhalt." Was für das musikalische Schaffen Herbert von Karajans gilt, gilt ebenso für seine Person. Sorgsam inszenierte er sein Image als Virtuose am Pult mit bildgewaltigen Auftritten und messerscharfen Äußerungen.
Karajan hatte eine künstlerische Vision und den Ehrgeiz, diese bis ins Detail umzusetzen. Er war Klangfanatiker und Kontrollfreak. Bei seinen Aufnahmen überließ er nichts dem Zufall und steuerte von der Aufnahme bis zur Vermarktung den gesamten Prozess der Musikproduktion. Karajans Aufnahmen gehören noch heute zu den wichtigsten und meistverkauften Klassik-Einspielungen, obwohl seine späteren Interpretationen für ihren zeittypischen Breitwandsound mitunter kritisiert wurden.
Die Berliner Philharmoniker bezeichnete Karajan gerne als "sein Orchester". 1959 übernahm er als Nachfolger von Wilhelm Furtwängler den Chefdirigentenposten. Unter seinem Dirigat entwickelten die Philharmoniker einen ganz eigenen Klang. Mit der Berliner Philharmonie, deren Grundstein Karajan 1960 mitlegte, erhielt das Orchester 1963 ein eigenes Haus. Noch heute sind der Schreibtisch und die Einrichtung des Dirigentenzimmers unverändert in dem Zustand, in dem Karajan sie hinterlassen hat.
Mit dem jungen Glenn Gould trifft Karajan auf den Gegenentwurf seiner Künstlerpersönlichkeit. Scheu, verschroben und als leidenschaftlicher Opernhasser um ein klares, fast motorisch anmutendes Klangbild bemüht, steht er gänzlich konträr zu Karajan. Zusammen mit den Berliner Philharmonikern spielte Gould unter Karajans Leitung drei legendäre Konzerte in Berlin.
Auch bei den Salzburger Festspielen war Karajan von Erfolg verwöhnt. 1960 dirigierte er als künstlerischer Leiter die Premiere zur Eröffnung des Großen Festspielhauses. Ein Jahr später brillierte er mit der Oper "Boris Godunow".
Nicht nur vor Publikum, auch als Regisseur hinter der Kamera spornte Karajan die mit ihm arbeitenden Musiker zu Höchstleistungen an.
1967 verfilmte er mit der Mezzo-Sopranistin Grace Bumbry in der Hauptrolle Georges Bizets Oper "Carmen".
Musik war seine größte Leidenschaft, doch auch anderen Vergnügen widmete er sich mit Begeisterung. Karajan war passionierter Sportwagenfan und Hobbypilot.
Der private Karajan bleibt hinter dem öffentlichen zurück. Dabei war er ein Familienmensch, auch wenn für seine dritte Frau Eliette, mit der er von 1958 bis zu seinem Tod 1989 zusammenlebte, während seiner Karriere nur wenig Zeit blieb. Mit ihr bekam er seine zwei Töchter Isabel und Arabel.
Der Musikernachwuchs war für Karajan von großer Bedeutung. In Dirigentenkursen gab er sein Wissen weiter und gründete 1974 mit den Berliner Philharmonikern eine Orchester-Akademie - in einer Zeit, in der eine solche Form der institutionalisierten Förderung eine absolute Neuerung war.
Längst ist der Mythos Karajan Synonym für seinen Berufsstand geworden. Wer an Dirigenten denkt, denkt Karajans Auftreten als brillanter Orchesterherrscher gleich mit. Auch wenn neue Dirigentenpersönlichkeiten ihrem Orchester auf Augenhöhe begegnen, wirkt sein Auftreten als "Maestro" unauslöschlich nach.
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