Das Icon des Streamingdienstes Idagio © dpa
Das Icon des Streamingdienstes Idagio © dpa
Das Icon des Streamingdienstes Idagio © dpa
AUDIO: Spotify-Alternativen wie Deezer und Idagio für Klassik-Acts (4 Min)

Idagio, Deezer & Co: Alternativen zu Spotify für Klassik-Acts

Stand: 10.01.2024 11:05 Uhr

Der Musikstreaming-Dienst Spotify hat ein neues Ausschüttungsmodell eingeführt. Lohnt sich das Streaming für Klassik-Künstler*innen noch? Welche alternativen Plattformen gibt es?

von Dagmar Penzlin

Spotify hat sein Ausschüttungsmodell im Januar geändert: Mit einer Mindestgrenze von 1.000 Streams pro Jahr, ab der überhaupt Tantiemen fließen. Die Musikstreaming-Welt für klassische Musikerinnen und Musiker wird damit nicht wirklich neu justiert. Interessant ist jedoch aus gegebenem Anlass die Frage: Welche alternativen Plattformen gibt es? Was bieten sie für Künstler wie Publikum?

Weitere Informationen
Auf einer Tastatur liegen ein Smartphone, auf dem das Spotify-Logo angezeigt wird, und ein Kopfhörer. © picture alliance / NurPhoto Foto: Jaap Arriens

Spotify will Künstler anders bezahlen: Was ist geplant?

Ab Januar soll es Änderungen im Bezahlmodell für die Künstlerinnen und Künstler geben - das sorgt für heftigen Widerstand. mehr

Apple und Spotify sind alternativlos

Künstlermanager Hasko Witte betreut mit seinem "Büro für Künstler" mit Sitz in Buxtehude Klassik-Größen wie den Pianisten Matthias Kirschnereit, das Boulanger Trio und die Klarinettistin Sharon Kam. Namhafte Künstlerinnen und Künstler, für die gerade die großen Streaming-Plattformen ein Muss seien, so der Manager. Denn Musik hören die meisten Menschen heute digital: "Deswegen sind diese großen Streaming-Plattformen wie Apple und Spotify alternativlos."

Voraussetzung sei natürlich, dass die Plattenfirmen beziehungsweise entsprechende Distributionsteams die Musiken bei den Streaming-Plattformen anmelden. Die Hoffnung ist, auf Playlists zu landen und dadurch Streamings in Millionenhöhe zu bekommen. So gelang es Matthias Kirschnereit, mit einem zweieinhalb Minuten kurzen Mendelssohn-Stück auf über 15 Millionen Abrufe zu kommen. Spotify erstelle die Playlists mit Künstlicher Intelligenz. "Man kann ungefähr rechnen, dass man den Gegenwert einer verkauften CD ab etwa 3.000 Streamings reinbekommt", erklärt Witte.

Apple Classical Music kuratiert händisch

Apple Classical Music sei im Klassikbereich attraktiver, denn die Playlists werden von Experten kuratiert. "Gerade für den Klassik-Bereich gibt es in Berlin einen Herren, der für Apple Deutschland den Klassik-Bereich kuratiert", erklärt Witte. Dieser sei von der Plattenindustrie sehr umworben. "Es werden Marketing-Pläne mit ihm entwickelt. Plattenfirmen müssen sagen, wie viel Geld sie für Social-Media-Aktivitäten investieren und wo sie wiederum auf Apple und so weiter verlinken."

Deezer aus Paris: Standard-Plattform mit Künstler-Profilen

Neben Spotify und Apple Classical Music ist als weitere Streaming-Plattform noch Deezer zu nennen, ein französischer Anbieter mit Sitz in Paris. Die Gestaltungsmöglichkeiten seien zwar sehr begrenzt, sagt Witte, doch: Deezer ist eine Standard-Plattform - auch mit Künstler-Profilen. "Das wird von Deezer selbst mit kleinen Fotos und Texten versehen. Wenn man dann sagt: 'Das ist ein ganz altes Foto von mir', kann man das Foto austauschen. Ansonsten kann man da selbst nicht so wahnsinnig viel tun."

Idagio in Berlin hat eigenes Studio, Qobuz aus Paris für "Nerds"

Wenn auch mit geringerer Reichweite ausgestattet, bleiben eine Reihe von Plattformen wichtig, die Streaming in höherer und höchster Qualität anbieten. So etwa Idagio: ein Anbieter für Video- und Audio-Streaming, gestartet 2015, mit Sitz in Berlin. Das Besondere ist aus Künstler*innen-Sicht das so genannte Fair-Artist-Payout-Modell von Idagio, wonach Geld an Musiker und Labels pro gehörter Sekunde und nicht pro Klick gezahlt wird. Der Dienst sei sehr spezialisiert: "Es ist nur klassische Musik. Teilweise auch selbst produzierte klassische Musik. Idagio hat ein eigenes Studio. Da kann man aufnehmen und gleich streamen." Dies sein ein toller Service, "allerdings erreicht man darüber nicht so wahnsinnig viele Menschen." Die Suchfunktion bei Idagio ist natürlich auf Klassik-Kenner*innen ausgelegt.

Die gleiche Zielgruppe hat Qobuz vor Ohren: ein französischer Streamingdienst, der klassische Musik hochauflösend in verschiedenen Formaten anbietet, das sei ein "Bisschen auch was für Nerds", kommentiert Witte lächelnd.

Streaming: Definitiv Thema für klassische Kreative

Streaming ist also definitiv ein Thema für klassische Musikerinnen und Musiker. Für Künstler-Manager Hasko Witte ist das Thema sogar der Dreh- und Angelpunkt bei jedem Projekt. Und das bedeutet: "Streaming-affin" zu sein ist unabdingbar etwa für ein Album-Konzept, indem es auch kurze Musikstücke berücksichtigt - damit der Sprung auf Playlists gelingt.

Dann spielt auch Spotifys neues Ausschüttungsmodell sicherlich keine Rolle mehr: Die magischen 1.000 Streams pro Jahr machen Playlists locker erreichbar. Es gehöre einfach heute zur strategischen Entwicklung dazu, dass man bei tolles Projekt frage: "Wie kriegen wir das auf den Streaming-Plattformen unter?" so Witte.

Anmerkung der Redaktion: In einem Interview mit NDR Kultur sagt Hasko Witte, Labels könnten sich über Agenturen bei Spotify in wichtige Playlisten einkaufen. Dazu merkt der Streaminganbieter an, solche Praktiken verstießen gegen die Nutzungsbedingungen des Unternehmens. "Wenn wir potenzielle Fälle von Streaming-Manipulation erkennen oder darauf aufmerksam gemacht werden, mildern wir die Auswirkungen, indem wir Maßnahmen ergreifen, die die Entfernung von Streams und die Einbehaltung von Tantiemen beinhalten können".

Weitere Informationen
Der Musikmanager Hasko Witte © Steven Haberland Foto: Steven Haberland
10 Min

Musikagent Hasko Witte: "Spotify verteilt die Erlöse ungerecht"

Für klassische Musiker sind die neuen Spotify Ausschüttungen besonders misslich. 10 Min

Das Bild zeigt das Logo von Spotify auf einem Smartphone-Display. © Fabian Sommer/dpa +++ dpa-Bildfunk Foto: Fabian Sommer

15 Jahre Streamingdienst Spotify: Vom David zum Goliath

Musikredakteur Mischa Kreiskott erzählt von der Entstehungsgeschichte des musikalischen Streamingdienstes - und darüber, ob das Geld heute dort gerecht verteilt wird. mehr

Sängerin Miu © imago

Petition gestartet: Hamburger Sängerin Miu kritisiert Spotify-Pläne

"Wir dürfen nicht zulassen, dass Musik weiter entwertet wird", fordert Miu, die im Vorstand des Verbandes Pro Musik ist. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 10.01.2024 | 06:20 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Klassik

Jazz

Rock und Pop

This Band is Tocotronic, Cover
Podcast von ARD Kultur, rbb, NDR Kultur © ARD

"This Band is Tocotronic" in der ARD Audiothek

Der Podcast von rbb und NDR erzählt die Geschichte der Band. extern

Porträt von Philipp Schmid © NDR Foto: Sinje Hasheider

Philipps Playlist

Philipp Schmid kennt für jede Lebenslage die richtige Musik. Egal ob Pop, Klassik oder Jazz. Träumt Euch zusammen mit ihm aus dem Alltag! mehr

Peter Urban © NDR Foto: Andreas Rehmann

Urban Pop - Musiktalk mit Peter Urban

Spannende Stories, legendäre Konzerte, bewegende Begegnungen: Peter Urban hat viel erlebt und noch mehr zu erzählen. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Das Chilehaus im Hamburger Kontorhausviertel © NDR Foto: Irene Altenmüller

100 Jahre Chilehaus: Vision und Utopie

Das Architekturjuwel wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Die Urenkelin des Bauherren Isabel Arends hat darüber 22 Erzählungen veröffentlicht. mehr