Kirchentag 2025 in Hannover: Glaube in unruhigen Zeiten

Stand: 05.05.2025 11:31 Uhr

Von Mittwoch bis Sonntag fand der Deutsche Evangelische Kirchentag in Hannover statt. Das Motto: "mutig, stark, beherzt". Der Krieg in Europa und aktuelle politische Ereignisse prägten das Treffen.

"Es waren sehr schöne Tage mit spannenden Veranstaltungen, intensiven Gesprächen, Gottesdiensten, mit Musik und Zuversicht", betonte der Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zum Abschluss des Evangelischen Kirchentages 2025. Die Besucherinnen und Besucher hätten gute Laune in die Stadt gebracht. Man habe gesungen und miteinander geplaudert und alle seien sehr nett und freundlich miteinander umgegangen, so Weil.

Kirchentag voller Hoffnung

Bereits beim großen Gottesdienst zur Eröffnung auf der Bühne vor dem Neuen Rathaus hatte Landesbischof Ralf Meister seine Hoffnungen formuliert: "Kirchentag ist die Energie von vielen, vielen Menschen, die nicht die Hände in den Schoß legen, sondern aufbrechen, um diese Welt gerechter zu machen." Mit Begeisterung könne der Zustand der Welt zum Besseren gewendet werden, so das Oberhaupt der Evangelischen Landeskirche Hannover. Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund äußerte sich in ihrer Eröffnungsrede zur politischen Rolle der Kirche in der Gesellschaft.

Hunderte Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgen den Eröffnungsgottesdienst des Evangelischen Kirchentages 2025 in Hannover vor der Bühne vor dem Neuen Rathaus. © dpa Foto: Moritz Frankenberg
AUDIO: Kirchentag 2025 in Hannover eröffnet: So war der erste Tag (4 Min)

"Christlicher Glaube ist politisch", sagte Siegesmund. "Es braucht eine Kirche, die sich auch politisch äußert und Haltung zeigt." Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war ebenfalls zur Eröffnungsveranstaltung nach Hannover gekommen. Für ihn sei der Kirchentag wie ein "Nach-Hause-Kommen", sagte Steinmeier. "Er ist der Ort, an dem wir die Fragen stellen, die uns gerade auf den Nägeln brennen" - persönlich und gesellschaftlich.

Prägende Themen: Missbrauch, Krieg in der Ukraine und die gesichert rechtsextremistische AfD

Gottesdienste, Konzerte, Diskussionen - vieles auf diesem Kirchentag war so, wie auf anderen auch. Geprägt wurde das diesjährige Treffen darüber hinaus, von zwei Themen, die aus der aktuellen Politik kommen: dem Krieg in der Ukraine und der Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextremistisch" durch das Bundesamt für Verfassungsschutz.

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Tage voller Musik, Tanz und Gesang

Das Junge Vokalensemble Hannover und die Big Band "Fette Hupe" stimmten auf dem Opernplatz mit Duke Ellingtons selten aufgeführtem Jazzoratorium "Sacred Concerts" beschwingt auf den Kirchentag ein - mit Vokalsolisten, Chor und Stepptanz. Und auch an den folgenden Tagen hielt das Programm große und kleinere kulturelle Veranstaltungen parat: eine Ausstellung mit der Neuinterpretation des Kreuzweges Jesu Christi im Sprengel Museum Hannover, ein Operngottesdienst in der Markuskirche, ein Mitsingkonzert mit der NDR Radiophilharmonie und viele mehr. Bis zum 4. Mai waren rund 1.500 kulturelle, geistlich-liturgische und gesellschaftspolitische Veranstaltungen im Angebot.

Viele Themen beim Kirchentag 2025

Das Programm sollte Menschen aus allen Altersklassen ansprechen. Es gab Gottesdienste und Bühnen speziell für Kinder und Jugendliche, aber auch Podiumsdiskussionen. Ein Thema, das die Kirche noch immer unverändert beschäftigt, war die Debatte um sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch. Aber auch der Zusammenhalt der Gesellschaft, die Zukunft der Demokratie, der Kampf gegen Rassismus oder die Frage der Gestaltung der globalen Klimagerechtigkeit zwischen den Generationen standen auf der Tagesordnung. Menschen aus Politik und Gesellschaft, Aktivisten, Sozialforscher und Ethiker diskutierten mit. Der Flüchtlingsbeauftragte der evangelischen Kirche und Berliner Landesbischof Christian Stäblein betonte, dass Kirche immer auch politisch sei: "Wir sind nicht die besseren Politikerinnen und Politiker, aber wir sind manchmal auch dafür da, um zu mahnen und um im guten alten Sinne ins Gewissen zu reden."

Postkarten und Bierdeckel mit Kirchentagsmotto zum Evangelischen Kirchentag in Hannover 2025. © picture alliance / epd-bild | Heike Lyding Foto: Heike Lyding
AUDIO: Vor dem Kirchentag in Hannover: Wie steht es um die evangelische Kirche? (32 Min)

"Frieden" als großes Kirchentagsthema

In diesem Jahr spielte auch das Thema Frieden eine große Rolle. Der stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende und Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen, Tobias Bilz, betonte bereits vorab, dessen Bedeutung: "Es geht um die Frage, wie wir es ausbalancieren: Einerseits gibt es auf dieser Welt Krieg, und wir müssen dem Bösen wehren. Andererseits stehen wir als Christen besonders für die Friedensbotschaft."

Ökumenische Friedenssynode mit Margot Käßmann

Besprochen wurde das Thema Frieden in Hannover nicht nur auf den offiziellen Veranstaltungen des Kirchentages. Eine unabhängige ökumenische Friedenssynode hat am 1. Mai einen"Christlichen Friedensruf Hannover 2025" gegen die "Militarisierung von Politik und Gesellschaft" verabschiedet. Federführend war die frühere EKD-Ratsvorsitzende und Landesbischöfin von Hannover, Margot Käßmann, die auf dem Kirchentag eine Bibelarbeit hielt. Auf einem Podium des Kirchentages ist sie aber nicht aufgetreten.

Von Taylor Swift bis Fußball alles dabei

Es gab musikalische Abendmahle und Gottesdienste mit Musik von ABBA, Taylor Swift und einer Mischung aus traditioneller jüdischer, christlicher und islamischer Musik. Auch für Sportbegeisterte war einiges im Angebot wie ein Fußball-Gottesdienst und eine Lauf-Andacht, bei der die Teilnehmenden zusammen joggten. Auf dem "Markt der Möglichkeiten" stellten gemeinnützige Gruppen ihre Konzepte vor. Besucherinnen und Besucher konnten am Freitag zwischen verschiedenen Abendmahlen auswählen, viele waren mehrsprachig: unter anderem in Farsi, auf Tschechisch, auf Englisch, auf Ungarisch, in Gebärdensprache, aber auch auf Plattdeutsch.

Prominente Gäste beim Kirchentag 2025

Viel Prominenz war beim Kirchentag zu Gast: Neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dem scheidenden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kam auch Altkanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer war dabei und die US-amerikanische Bischöfin und Trump-Kritikerin Mariann Edgar Budde begeisterte Tausende mit ihrem Auftritt.

Der nächste Kirchentag 2027 ist in Planung

Hannovers Landesbischof Ralf Meister übergab am Samstagabend schon einmal symbolisch den "Staffelstab" an die Evangelische Kirche im Rheinland: Der 40. Deutsche Evangelische Kirchentag findet im Mai 2027 in Düsseldorf statt. Auch den Katholikentag gibt es alle zwei Jahre: Ausgerichtet wird der 104. Deutsche Katholikentag vom 13. Mai bis 17. Mai 2026 in Würzburg.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Hallo Niedersachsen | 30.04.2025 | 19:30 Uhr

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