Welt der Musik
Montag, 27. April 2020, 20:00 bis
22:00 Uhr
Niemand weiß wirklich ganz genau, wie historische Instrumente vor 300 Jahren geklungen haben, davon ist Jürgen Ahrend überzeugt. Aber dem, der sie zu lesen versteht, geben sie ihre Geheimnisse preis. Vieles lässt sich in alten Orgeln schlicht nachmessen, manches kann man aus Schwester-Instrumenten schließen.
Orgeln zu neuem Leben erweckt
In den vergangenen zwei Jahrhunderten sind viele Orgeln umgebaut, klanglich verändert und dem Zeitgeschmack angepasst worden, wo sie nicht Kriegen und Katastrophen zum Opfer gefallen sind. Immer wieder hat Jürgen Ahrend das kleine Wunder erlebt, dass verfälschte und teilweise zerstörte Orgeln, die von allen schon aufgegeben waren, zu neuem Leben erwachten und nach Jahrzehnten musikalischer Praxis von allen Beteiligten akzeptiert werden. Oft gegen den anfänglichen Widerstand von Sachverständigen, Organisten und Gemeinden.
Man sagt Jürgen Ahrend nach, mehr Schnitger-Pfeifen in der Hand gehabt zu haben als Arp Schnitger selbst. Die fünf großen Schnitger-Orgeln, die durch seine Hände gingen, bestehen immerhin aus vielen tausend Pfeifen. Doch das lasse sich nicht beweisen, wehrt der Orgelbauer bescheiden ab. Es würde auch nicht viel über ihn aussagen.
Glücksfall Ostfriesland
Zusammen mit seinem Kollegen Gerhard Brunzema hat er sich 1954 selbständig gemacht. Als Firmenstandort wählten sie das verkehrsgünstig nahe an der holländischen Grenze gelegene Leer-Loga, was sich als ausgesprochener Glücksfall erweisen sollte, gibt es doch kaum eine andere Orgellandschaft mit einer so hohen Dichte an historischen Orgeln wie Ostfriesland. Hier konnten sich die jungen Orgelbauer ihre Sporen verdienen und schnell internationales Ansehen gewinnen.
Prinzip der Nachhaltigkeit
Von Anfang an haben Jürgen Ahrend und Gerhard Brunzema die Größe der Werkstatt zunächst auf sechs, später auf zehn Mitarbeiter begrenzt, die alle Bestandteile der Orgel selbst herstellen. Das gilt vor allem für die Pfeifen, was seither ein wesentlicher Faktor für die Klangqualität und eine vorzügliche Stimmhaltung ist.
Die durchdachte Werkstattorganisation garantiert eine rechtzeitige Fertigstellung der Instrumente vor der Ablieferung und eine gut bemessene Zeit für die Intonation, die immer von Jürgen Ahrend selbst ausgeführt wurde. Die Pfeifen verlassen in einem bereits klingenden Zustand die Pfeifenwerkstatt, was den Vorbildern aus dem alten Orgelbau entspricht.
Als Jürgen Ahrend die Werkstatt im Jahr 2005 an seinen Sohn Hendrik übergab, konnte er auf eine 50-jährige Firmengeschichte zurückblicken. Der Sohn führt die Tradition fort.
Ahrends Anfänge und seine spannendsten Restaurierungen
Am 28. April wird Jürgen Ahrend 90 Jahre alt. Im Gespräch mit Hans-Heinrich Raab erzählt er über die Anfänge unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Göttingen und über seine Lehrzeit, die eigentlich nie zu Ende gegangen ist, auch wenn er mit 24 seinen Meister gemacht hat. Außerdem berichtet er von einigen seiner spannendsten Restaurierungen.
Eine Sendung von Hans-Heinrich Raab
