Schauspielerin Rosa Thormeyer steht im Hochzeitskleid auf der Bühne und streckt die Arme aus. Ole Lagerpusch tanzt um sie herum. © picture alliance/dpa | Markus Scholz

Sicherheit bei der Arbeit: Corona-Maßnahmen im Kultursektor

Stand: 12.06.2022 10:50 Uhr

In Deutschland sind die Corona-Beschränkungen bis auf wenige Ausnahmen aufgehoben - bundesweit gelten nur noch einige "Basisschutzmaßnahmen". Zum 26. Mai ist auch die SARS-CoV-2-Arbeitssschutzverordnung ausgelaufen - mit erheblichen Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Wie damit umgehen?

von Anina Pommerenke

Das ist aktuell mit Blick auf ein weiter dynamisches Infektionsgeschehen, neuen Varianten und vor allem aus Sorge vor einer erneuten Welle im Herbst nicht nur in Deutschland Thema, sondern wird weltweit diskutiert. Während einige Betriebe das Angebot, im Homeoffice zu arbeiten, deutlich ausgeweitet haben, drohen andere Konzerne gar mit Kündigung, wenn die Mitarbeiter nicht ins Büro kommen wollen. Viele Arbeitgeber stellen weiterhin Masken und Corona-Tests zur Verfügung. Doch verpflichtende Tests oder 3G-Nachweise können Arbeitgeber in den meisten Branchen nicht mehr ohne weiteres anordnen.

Gerade der Kultursektor hat sich in den vergangenen Monaten als anfällig erwiesen, sobald sich Corona-Infektionen in einem Ensemble ausgebreitet haben. Schließlich geht es auf der Bühne oftmals ohne Nähe nicht. Zahlreiche Vorstellungen mussten abgesagt oder verschoben werden. Wie geht der Norden jetzt mit der aktuellen Lage um?

Ensemble Resonanz: Teststrategie verhindert Konzertausfälle

Das Ensemble Resonanz aus Hamburg musste in den vergangenen Monaten tatsächlich keine einzige Veranstaltung aus internen Gründen absagen. Seit Beginn der Pandemie teste sich das Ensemble regelmäßig im Rahmen laufender Projekte, heißt es auf Nachfrage von NDR Kultur. Auch das Managementteam sei in den Testings inbegriffen, so haben man bislang positive Fälle unter den Musiker:innen sofort ausfindig machen und erfolgreich weitere Ansteckungen verhindern können.

Grundsätzlich sei man beim Ensemble Resonanz aber auch auf kurzfristige Ausfälle vorbereitet. Wobei Sprecherin Ruth Warnke darauf hinweist, dass sich manche Positionen im Ensemble einfacher ersetzen lassen als beispielsweise Führungspositionen oder Solist:innen. So arbeite das Ensemble immer schon mit einem Pool an Gastmusiker:innen zusammen, um Besetzungen über die Anzahl der Ensemblemitglieder hinaus erweitern zu können.

Flexibel auf das Infektionsgeschehen reagieren

Hilfreich seien im Falle des Falles aber auch die langjährigen Vernetzungen und Kontakte zu Solist:innen, um in Ausnahmefällen kurzfristig Ersatz zu finden, so Warnke. "Am Ende gehört auch Glück dazu. Es darf nicht die Unersetzlichen treffen… und die Infektion nicht zu kurzfristig vor den Konzerten auftreten." Gleichzeitig setze man auf flexibles Arbeiten etwa im Home-Office und agile Arbeitsverteilung, sodass Ausfälle im Management-Team bisher gut abgefedert wurden. Laut Warnke ist das Ensemble so bisher recht gut durch die Wellen hoher Infektionszahlen gekommen.

Aktuell arbeite man im Ensemble Resonanz mit freiwilligen Tests: Vor jedem Projektstart und zu anderen verabredeten Gelegenheiten. Bei möglichen weiteren Maßnahmen wolle man auf das jeweilige Infektionsgeschehen reagieren, so sei eine Rückkehr zu Masken, Hygienemaßnahme und Homeoffice nicht auszuschließen. Auch eine mögliche weitere Infektionswelle im Herbst habe das Ensemble Resonanz bereits im Blick, berichtet Warnke. So versuche man, eine mögliche neue Welle in der Planung zu bedenken, zum Beispiel beim Blick auf die Raumplanung, Reisen, Teameinteilung und das Budget.

Thalia Theater stellt Tests und Masken

Deutlich härter hat es speziell im Frühjahr das Thalia Theater in Hamburg getroffen. Alle paar Tage musste das Haus auf seinen Social-Media-Kanälen Vorstellungen absagen. Wie der kaufmännische Geschäftsführer Tom Till berichtet, gab es bei etwa 700 Veranstaltungen der laufenden Saison 100 Änderungen. Gerade im März und April sei die Omikron-Variante des Corona-Virus einmal durchs gesamte Ensemble gegangen, das habe das Haus - trotz eines umfassenden Hygiene-Konzeptes - vor große Schwierigkeiten gestellt.

Über die jeweiligen Maßnahmen am Hause berate eine eigene Corona-Task-Force, erzählt Till, die eng mit dem Betriebsrat und mit dem Ensemble zusammenarbeite: "Das sind ja schließlich die Leute, die es angeht". Grundsätzlich habe man versucht, durch das tägliche Testen Infektionsketten frühzeitig zu erkennen und zu unterbrechen. Jetzt habe sich die Lage verändert, da es aktuell nicht erlaubt sei, die Mitarbeiter zum Testen zu zwingen, erläutert Till, trotzdem biete das Haus das weiterhin an. Außerdem werden weiterhin Masken zur Verfügung gestellt, speziell für Menschen, die sogenannte körpernahe Dienstleistungen ausüben, wie etwa die Maskenbildner.

Publikum hat Verständnis für Ausfälle

Ausfälle könne das Haus zwar teilweise auffangen, aber nicht immer: "Also einen Jens Harzer kannst du nicht einfach umbesetzen. Das geht nicht!", betont Till. Bei kleineren Rollen sei dies schon eher möglich, wobei das Publikum auch stets großes Verständnis habe, wenn ein kurzfristig eingesprungener Schauspieler mit Textbuch auf die Bühne komme: "Das Publikum reagiert da eigentlich ziemlich cool!" Bei anderen Produktionen werden Zweitbesetzungen hingegen miteingeplant.

Ganz ähnliche Erfahrungen in Sachen Corona-Ausfälle wie am Thalia Theater hat auch Mathias Köhn, Kaufmännischer Direktor und Geschäftsführer am Theater Osnabrück, gemacht. Auch dort kam es in den Monaten März und April so stark wie nie zuvor zu zahlreichen Erkrankungen in den Ensembles und den technischen Abteilungen, berichtet er. Damit verbunden waren auch Verschiebungen und Ausfälle von Vorstellungen.

Freiwilligkeit auch am Theater Osnabrück

Nicht immer könne das Haus krankheitsbedingte Ausfälle auffangen. Im Musiktheater sei das durch Gäste von außen möglich, berichtet Köhn, und in der Sparte ohnehin üblich. Im Schauspiel ließe sich das nur durch kurzfristige interne Umbesetzungen lösen. Das sei entsprechend nur bei kleineren bis mittleren Rollen realisierbar. Ähnlich verhalte es sich beim Tanz - entweder suche man internen Ersatz oder nehme gar eine leichte Veränderung der Choreografie vor.

Verpflichtende Schutzmaßnahmen gibt es laut Köhn am Theater Osnabrück derzeit nicht, schließlich sei die Zahl der Infektionen gerade sehr gering. Die Schutzmaßnahmen basieren daher auf Freiwilligkeit. Trotzdem werde die Entwicklung der Infektionszahlen im Theater sehr genau beobachtet, um notfalls wieder verpflichtende Schutzmaßnahmen einzuführen, berichtet Köhn. Für ihn scheint es nur eine Frage der Zeit sein, bis Corona wieder um sich greift: "Spätestens im Herbst erwarten wir wieder die Einführung von Schutzmaßnahmen für Mitarbeitende und Publikum."

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassikboulevard | 11.06.2022 | 16:00 Uhr

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