Eine Schreibmaschine © ORF/Johannes Puch Foto: Johannes Puch

Bachmann-Wettbewerb mit Open-Air-Lesungen und neuer Preisvergabe

Stand: 23.06.2022 10:55 Uhr

Die 46. Ausgabe des "Bachmann-Wettbewerbs" kündigt sich "voller Neuerungen" an. Unter anderem sollen die Lesungen in Klagenfurt auf einer Open-Air-Bühne stattfinden. Zwei norddeutsche Autoren sind dabei.

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von Jürgen Deppe

Am Mittwoch sind im österreichischen Klagenfurt am Wörthersee die "Tage der deutschsprachigen Literatur" gestartet. Als solche kennt sie allerdings kaum jemand: sie werden meist "Bachmann-Wettbewerb" genannt, schließlich wird am Ende des dreitägigen Wettlesens neben anderen Preisen als Hauptpreis auch der Ingeborg Bachmann-Preis verliehen.

Nach zwei Jahren wieder live vor Publikum

In den letzten beiden Jahren ist die Veranstaltung Pandemie-bedingt virtuell durchgeführt worden - per Konferenzschalte und ohne Publikum. Das ist nun Schnee von gestern, es gibt wieder Präsenz! Neu ist, dass die jeweils halbstündigen Lesungen open air auf einer sogenannten Literatur-Bühne im Klagenfurter Funkhausgarten stattfinden sollen.

Die anschließende Jury-Diskussion - ebenfalls halbstündig und live vor Publikum - soll dann aber wie gehabt im Studio stattfinden. Ob das funktionieren wird, bezweifelt NDR Literaturredakteur Jürgen Deppe: "Zum einen wird der ganze Wettbewerb dadurch extrem wetterabhängig, zum andern ist der Reiz des direkten und zum Teil sehr unverblümten, ruppigen Aufeinandertreffens von Jury und Autor weg. Da wird man schauen müssen, ob sich das bewährt."

Fast 17 Stunden Live-Berichterstattung im Fernsehen

Seit Jahren überträgt der Sender "3sat" den Wettbewerb von der ersten bis zur letzten Sekunde, hinzu kommt ein umfangreiches Begleitprogramm. Das wird in diesem Jahr auf über 1.000 Minuten ausgeweitet, also fast 17 Stunden live aus Klagenfurt. Am Sonntag soll dann die bisher eigentlich immer eher spröde Preisverleihung deutlich mehr Glanz bekommen.

Neues Punktesystem soll für mehr Fairness sorgen

Das sind aber eher Äußerlichkeiten: Spannender ist, dass der Modus der Preisvergabe reformiert wird. Früher wurde für jeden Preis, der dort verliehen wird, einzeln abgestimmt. Da konnte es passieren, dass am Ende ein Text, der bei jeder Abstimmung auf dem zweiten Platz lag - also sehr, sehr gut - komplett leer ausging. Das soll jetzt mit einem neuen Punktesystem ausgeschlossen werden.

"Zweieinhalb" Teilnehmende kommen aus dem Norden

In diesem Jahr stellen sich 14 Autorinnen und Autoren der Jurybewertung, eingeladen von den sieben Kritikerinnen und Kritikern, die die Jury bilden. Und wenn die Lesenden früher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz kamen, dann ist das mittlerweile viel diverser geworden: Etliche der Autorinnen und Autoren haben einen Migrationshintergrund, kommen ursprünglich etwa aus dem Iran oder aus Rumänien.

Andere leben noch außerhalb des deutschsprachigen Raums, in Slowenien etwa oder im Irak. Wieder andere haben den deutschsprachigen Raum verlassen und leben jetzt in Italien oder den USA. "Zweieinhalb" Teilnehmende kommen sogar aus dem Norden: Andreas Moster aus Hamburg, Juan S. Guse aus Hannover - und halb aus dem Norden Leona Stahlmann, die zumindest bis vor kurzem in Hamburg gelebt hat - und gerade nach Bayern gezogen ist.

"Dynamiken, die einen sprachlos zurücklassen"

Wer am Ende die Nase vorn haben wird, steht für NDR Literaturredakteur Jürgen Deppe in den Wolken: "Ich verfolge den Wettbewerb seit über 30 Jahren und habe noch nie richtig gelegen." Das liege in erster Linie am Prozedere: "Wenn die Jury direkt im Anschluss an die Lesung öffentlich über den Text diskutiert, dann ergeben sich da manchmal Dynamiken, die einen sprachlos zurücklassen. Da werden - auch nach ganz außerliterarischen Kriterien - Texte in den siebten Himmel gelobt oder umgekehrt in Bausch und Bogen verrissen." Das sei für den Zuschauer höchst unterhaltsam, habe aber mit Literaturkritik nicht wirklich was zu tun. Besonders schlimm sei es für diejenigen, die auf offener Bühne "vorgeführt" werden.

Bei der Beurteilung kommt erschwerend hinzu, dass die Texte, die gelesen werden, vorher nicht veröffentlicht werden dürfen. Wer beim Bachmann-Wettbewerb in den kommenden Tagen wann liest, wird im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten ausgelost.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 22.06.2022 | 16:15 Uhr

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