770 Jahre alte "Stier mit Krone"-Darstellung in Gnoien entdeckt
In Gnoien im Osten des Landkreises Rostock haben Restauratoren offenbar einen Sensationsfund gemacht: Sie fanden eine um die 770 Jahre alte Darstellung eines Stierkopfes mit Krone.
Er ist stark verwittert, der Stierkopf mit Krone. Doch als Leonard John und Peter Wagner ihn mit ihrer Speziallampe beleuchten, wird den Restauratoren schnell klar: Dies könnte eine frühe Darstellung des "Stierkopf mit Krone" sein. Der Stier mit Krone ist das Mecklenburger Wappentier. Noch heute taucht er zwei Mal im Landeswappen von Mecklenburg-Vorpommern auf. Er repräsentiert dort die Großherzogtümer Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin.
Seit zwei Jahren laufen an der Marienkirche in Gnoien Restaurierungsarbeiten. In zehn Metern Höhe kurz unterm Dach entdeckten Bauarbeiter Anfang Januar die ungewöhnlichen Ritzungen. Schnell wurden die Restauratoren hinzugezogen. "Wir haben in der Architektur in dieser frühen Zeit bisher keine Darstellung von diesem Wappenkopf", erzählt Leonard John. "Kunst- und baugeschichtlich ein sehr wertvoller Fund, weil wir uns damit in der christlichen Besiedlungsgeschichte befinden", ergänzt Peter Wagner mit leuchtenden Augen.
Französische Lilien im Putz der Gnoier Kirche
Auch andere seltene Bilder entdecken die Restauratoren. Darunter im Putz um ein Fenster herum zwei Schwertlilien im französischen Stil. Ebenfalls geritzt und gut erhalten. Die Lilie ist das Wappen der französischen Könige. Warum dies hier in Gnoien in den Putz gezeichnet wurde, die Männer können nur mutmaßen. "Es gibt diese Lilien auch in Neukloster und Burg Stargard, immer in Verbindung mit dieser gotischen Architektur. In Neukloster ist es bezeugt, dass die Franzosen Einflüsse hatten", erklärt Peter Wagner.
Korrekturkniffe im Mittelalter
Die Marienkirche wurde für die Restauratoren zu einer wahren Schatzkiste. Durch verfaulte Dachbalken dringen Leonard John und Peter Wagner in den Dachstuhl der Sakristei vor. An eine Wand, die seit dem Mittelalter nicht mehr bearbeitet worden ist. Hier entdecken sie, wie die Bauherren von damals ihre Arbeiten korrigierten. "Wenn eine Fuge zu breit war oder der Stein zu tief saß, wurden einfach Linien mit ziegelroter Kalktünche auf den Putz gezeichnet. So hatte man von Weitem wieder ein einheitliches Bild", erklärt Peter Wagner.
In den kommenden Wochen werden Stierkopf und Lilien von den Restauratoren kartiert und ein Konzept für die Konservierung erarbeitet. Aber schon jetzt ist klar: Mit dem Sensationsfund ist Gnoien um ein Stück Geschichte reicher.
