Der Historiker Stefan Hördler sitzt im Gerichtssaal des Itzehoer Landgerichts vor seinem Laptop. © dpa-Bildfunk Foto: Christian Charisius

Stutthof-Prozess: Verteidigung stellt Befangenheitsantrag

Stand: 21.11.2022 17:02 Uhr

Der Stutthof-Prozess gegen eine 97 Jahre alte Frau vor dem Landgericht Itzehoe geht langsam dem Ende entgegen. Doch bevor die Plädoyers gehalten werden können, muss die Strafkammer noch über einen Befangenheitsantrag entscheiden.

Stefan Hördler, Historiker und Sachverständige für Fragen zum KZ-System der Nazis, steht im Gerichtssaal in Lüneburg. © dpa - Bildfunk Foto: Philipp Schulze
Sachverständiger Stefan Hördler spielt im Prozess eine zentrale Rolle.

Zum Ende der Beweisaufnahme im Prozess gegen eine ehemalige Sekretärin im KZ Stutthof hat die Verteidigung vor dem Landgericht Itzehoe (Kreis Steinburg) am Montag beantragt, den historischen Sachverständigen Stefan Hördler wegen Befangenheit abzulehnen. Rechtsanwalt Wolf Molkentin begründete den Antrag unter anderem damit, dass Hördler in einer problematischen Doppelrolle als Gutachter und Ermittler tätig gewesen sei. Bei seiner Mandantin bestehe die Sorge, dass Hördler nicht ausreichend unvoreingenommen sei. Hördler habe gegenüber der Staatsanwaltschaft Erwartungen zum Ergebnis seines Gutachtens geweckt, die sich dann als nicht haltbar erwiesen hätten.

Richter kündigt Entscheidung für Dienstag an

Der Vertreter der Nebenklage, Christoph Rückel, hielt Rechtsanwalt Molkentin entgegen, dass Historiker auf Quellen angewiesen seien. Deren Auswertung sei keine staatsanwaltschaftliche Ermittlung, sondern wissenschaftliches Arbeiten. Auch die Staatsanwaltschaft wies den Antrag als unbegründet und nicht nachvollziehbar zurück. Der Vorsitzende Richter der Strafkammer, Dominik Groß, kündigte eine Entscheidung für Dienstag an. Sollte das Gericht den Antrag ablehnen und keine weiteren Beweisanträge gestellt werden, könnte die Staatsanwaltschaft ihr Plädoyer halten.

Weitere Anträge gegen Sachverständigen Hördler

Die Strafkammer wies am Montag weitere Anträge ab. Dabei ging es um Hördlers Rolle bei einer Inaugenscheinnahme des früheren Konzentrationslagers. Der Historiker hatte Anfang November zwei Richter bei einem Besuch der polnischen Gedenkstätte begleitet. Die Verteidigung stellte die Unbefangenheit des Gutachters dabei in Frage, die Nebenklagevertreter wollten die Bedenken durch eine erneute Ladung des Zeugen ausräumen.

VIDEO: Stutthof-Prozess: Richter besuchen ehemaliges KZ (3 Min)

Weitere Informationen
Das Gericht in einem provisorischen Gerichtssaal. Die Prozessbeteiligten sind an ihren Plätzen. © Marcus Brandt/dpa Foto: Marcus Brandt

Stutthof-Prozess: Bericht über Vor-Ort-Besuch sorgt für Streit

Um besser verstehen zu können, was die Angeklagte über die Arbeit im Konzentrationslager wusste, war das Gericht vor Ort. mehr

Blick entlang eines Stacheldrahtzauns auf das ehemalige Konzentrationslager Stutthof © Imago

Stutthof-Prozess: "Angeklagte hätte gehen können"

Im Verfahren gegen Irmgard F. hat erneut der historische Gutachter ausgesagt. Es ging unter anderem um die Frage, ob die Angeklagte hätte kündigen können. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 22.11.2022 | 08:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Zweiter Weltkrieg

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Ein Mann trägt eine elektronische Fußfessel. © dpa Foto: Julian Stratenschulte

Gewalt gegen Frauen: Weißer Ring fordert elektronische Fußfessel

Die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt in Schleswig-Holstein bleibt hoch. Besonders Frauen sind betroffen. GPS-Sender für Täter sollen helfen. mehr

Videos