Stand: 24.07.2016 15:38 Uhr

Sumte schließt: Was wird aus der Notunterkunft?

von Angelika Hoffmann

Kaum ein Notlager für Flüchtlinge hat international so viel Aufsehen erregt wie das Camp in dem kleinen Dorf Sumte an der Elbe. Über Nacht wurde es zum Gradmesser der Willkommenskultur im Land: 700 Flüchtlinge aus dem Irak, Syrien, der Elfenbeinküste, aber auch aus Serbien und dem Kosovo wurden in dem Dorf mit den 102 Einwohnern untergebracht. Jetzt hat das Innenministerium in Hannover angekündigt, am 31. Oktober alle Notaufnahmelager in Niedersachsen zu schließen, weil immer weniger Hilfesuchende ins Land kommen. Auch in Sumte werden schon die ersten Kisten gepackt.

Wie geht es weiter?

Mandy Thoms, Leiterin der Notunterkunft in Sumte, steht auf dem Flur und lächelt. © Dirk Drazewski
ASB-Mitarbeiterin Mandy Thoms: "Sumte ist eine gut laufende Einrichtung mit einem tollen Team." (Archiv)

Monatelang stand Mandy Thoms an der Spitze der Notunterkunft in Sumte in der Gemeinde Amt Neuhaus, verantwortlich für 65 Angestellte und Flüchtlinge aus 25 Nationen. Die Kauffrau aus dem Nachbarort Hinterhagen will noch nicht glauben, dass die Unterkunft in einem Vierteljahr geschlossen und ihre Arbeit dann beendet wird. "Ich warte, dass sich noch etwas für Sumte entwickelt, weil ich der Meinung bin, dass es für so eine gut laufende Einrichtung mit einem tollen Team, das sich hier entwickelt hat, noch Möglichkeiten gibt, was daraus zu machen."

Noch 24 Flüchtlinge werden betreut

Doch mittlerweile ist es leer geworden in dem ehemaligen Bürodorf mit den 18 Häusern, die im vergangenen Herbst innerhalb von drei Wochen zu einem Notlager ausgebaut wurden. Bettenhäuser, ein Kindergarten, eine Schule, der große Speisesaal - nahezu alle Räumlichkeiten sind verwaist. Die letzten 24 Flüchtlinge warten auf ihren Transfer. Sie werden von den 40 noch verbliebenen Angestellten betreut, ehrenamtliche Mitarbeiter aus der Nachbarschaft kommen schon lange nicht mehr. Mit einer Ausnahme: Christian Fabel, der Ortsvorsteher in Sumte, besucht weiterhin regelmäßig das Camp. Und hofft auf eine Zukunft für die Häuser.

Ein Schulungszentrum für Flüchtlinge?

Wie aber könnte die aussehen? "Vielleicht steigt Hamburg in Sumte ein", so Fabel - auch ein Schulungszentrum für Flüchtlinge sei in dem Dorf denkbar. "Ich könnte mir einige Möglichkeiten vorstellen, die man hier weiter betreiben könnte, selbst wenn der Flüchtlingstrom nicht mehr so stark ist."

Überforderung weicht guter Nachbarschaft

Die Dorfbewohner in Sumte haben in den vergangenen Monaten gelernt, in guter Nachbarschaft mit vielen Hundert Fremden zu leben. Aber einfach war es besonders wegen der starken Symbolik für die deutsche Flüchtlingspolitik nicht, sagt Fabel. Man sei als ein ahnungsloses Dorf in eine Situation geraten, die Weltbedeutung gehabt hätte. Das habe die Menschen anfangs überfordert. Doch man habe sich reingearbeitet. "Und es ist recht gut gelaufen." Handwerker, Bäcker, die Supermärkte, dazu die vielen Jobs in Sumte - die Bürger in der gesamten Umgebung haben von dem Notlager profitiert. Und mehr noch: Sie haben Freundschaften mit einigen Flüchtlingen geschlossen, haben Patenschaften übernommen und ein Netzwerk gegründet.

"Ich werde an eine schöne, anstrengende Zeit zurückdenken"

Das alles beeindruckt auch Einrichtungsleiter Jens Meier von der Hilfsorganisation ASB, dem Arbeiter-Samariter-Bund. Er kommt längst nicht mehr so oft wie früher aus seinem Wohnort Adelebsen nach Sumte. Aber das Jahr an der Elbe wird er nie vergessen: "Die Gelassenheit der Menschen vor Ort, die Ehrlichkeit und Offenheit, sie haben immer Klartext geredet, die haben mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg gehalten." Das sei nicht nur angenehm und schön, sondern habe auch eine offene Kommunikation möglich gemacht. "Ich werde an eine sehr schöne, aber auch anstrengende Zeit zurückdenken." Trotz der wenigen Flüchtlinge bleibt für die Angestellten genug Arbeit bis zur vorgesehenen Schließung Ende Oktober: Sämtliches Mobiliar und die vielen noch ungenutzten Spenden müssen registriert und verpackt werden.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Lüneburg | 24.07.2016 | 14:00 Uhr

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