Stand: 29.11.2018 09:18 Uhr
That's IT: Cebit macht dicht
Die Cebit in Hannover, einst weltweit größte Computermesse, ist Geschichte. Das hat der Veranstalter, die Deutsche Messe AG, entschieden. Ursache dafür sind demnach wirtschaftliche Gründe und der Besucherschwund in den vergangenen Jahren. Die eigenständige Computermesse Cebit gab es seit 1986. Digitalisierung sei bei nahezu allen Branchenfachmessen das beherrschende Thema, eine Messe wie die Cebit stoße daher zunehmend auf eine sinkende Nachfrage, erklärte die Deutsche Messe AG in einer Mitteilung. Die Beschäftigen wurden am Mittwoch in einer Mitarbeiterversammlung über die Entscheidung informiert.
Bye-bye Cebit - ein Nachruf
Hallo Niedersachsen - 28.11.2018 19:30 Uhr
Die Cebit macht dicht. Das ist ein Schock für Politik, Wirtschaft und viele Menschen, denn die Messe war jedes Mal eine Party. Sophie Mühlmann mit bleibenden Eindrücken.
Cebit-Themen fließen in Hannover Messe
"Die deutsche Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren immer wieder über die thematische Überschneidung von Hannover Messe und Cebit diskutiert", hieß es weiter. "Wir werden daher die Themen überführen, die inhaltlich zur klaren Ausrichtung der Hannover Messe passen", sagte Jochen Köckler, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Messe AG. Konkreter, woran es gehapert hat, wurde Sprecher Onuora Ogbukagu bei NDR 1 Niedersachsen. "Die Aussteller ziehen sich dann zurück und schauen: Was habe ich für Geschäftsabschlüsse machen können? Da zeigen unsere Gespräche, dass die Aussteller nicht umfassend zufrieden waren und die Cebit 2019 nicht als Aussteller nutzen wollen."
Interview
Georg Schnurer von der Computerzeitschrift c't macht die vielen Konzeptänderungen für den Erfolgsrückgang der Cebit verantwortlich. Auswirkungen habe das Messe-Ende vor allem für Hannover.
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Cebit verabschiedet sich auch im Netz
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach gegenüber dem NDR Fernsehmagazin Hallo Niedersachsen von einer Zäsur. "Die Cebit gehörte in ihren Glanzjahren zu den weltweiten Leitmessen mit einer großen Ausstrahlung auch auf das Land Niedersachsen." Diese Zeiten aber lägen bereits einige Jahre zurück. Dass die Substanz weniger geworden sei, habe man in der Vergangenheit deutlich gesehen. "Früher war die Cebit die einzige Messe, bei der es um Digitalisierung ging, heute geht es auf jeder Messe darum", sagte Weil. Die Entwicklung der Messen in Hannover mit Schauen von internationalem Format sei zufriedenstellend.
Medienbericht: Zahlen geschönt
"Danke für 33 Jahre" - auch auf der Webseite der Cebit geht es zu Ende. (Screenshot)
Während im Jahr 2001 noch 800.000 Menschen zur Cebit auf das Messegelände kamen, waren es in diesem Sommer nur noch 120.000 - einem Bericht der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" zufolge waren diese Zahlen zudem geschönt und lägen sogar nur bei etwa 75.000. Die Cebit hatte zuvor noch versucht, sich als Europas "führendes Digital-Event" neu zu erfinden: Die Schau wurde vom Frühjahr in den Sommer verlegt und sollte mit einem Festival-Charakter wieder mehr Menschen locken. Riesenrad, Attraktionen, Pop-Konzerte und Diskussionsrunden konnte aber den eingesetzten Besucherrückgang nicht aufhalten. Dazu kam die steigende Konkurrenz durch die Mobilfunkmesse Mobile World Congress nach deren Umzug von Südfrankreich nach Barcelona (Spanien).
Cebit-Chef Frese scheidet zum Jahresende aus
Das Ende der Cebit hat auch personelle Konsequenzen: Oliver Frese, Messe-Vorstand und Cebit-Chef, wird demnach zum Jahresende ausscheiden. Er hatte das Aufsichtsratspräsidium um die Entbindung von seinen Aufgaben gebeten. "Wir nehmen die Entscheidung von Herrn Frese mit Bedauern und Respekt zur Kenntnis", sagte Bernd Althusmann (CDU), Niedersachsens Wirtschaftsminister und Vorsitzender des Aufsichtsrats. Frese habe sich bei der Deutschen Messe viele Jahre um das Veranstaltungsportfolio verdient gemacht. Mit dem neuen Konzept der Cebit habe Frese "Mut, Innovationskraft und Pioniergeist" bewiesen.
"Schlag ins Kontor für Wirtschaftsstandort"
Erste Reaktionen gab es am Mittwochnachmittag auch schon aus der niedersächsischen Wirtschaft. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Verbandes NiedersachsenMetall, sprach von einem "Schlag ins Kontor" für den gesamten Wirtschaftsstandort Niedersachsen. Eine "bittere Entscheidung für den Technologiestandort Niedersachsen" nannte der Präsident der Industrie- und Handelskammer Niedersachsen, Helmut Streiff, die Entscheidung. "Die Cebit stand für Innovation durch digitale Technologien und hat das Image des Wirtschaftsstandorts Niedersachsen weltweit geprägt", so Streiff weiter. Auch der Branchenverband Bitkom bedauerte die Einstellung der Cebit. Hannovers Hotellerie rechnet zunächst mit Einbußen. Ihnen zufolge müssten langfristig weitere Veranstaltungen und Kongresse nach Hannover geholt werden.
Vom C64 zur Smartwatch: 33 Jahre Cebit
Mit dem VW Käfer der Computer, dem Commodore 64, halten Rechner in den 80er-Jahren Einzug in viele Haushalte. Zur ersten Cebit 1986 zeigt Commodore schon den Nachfolger Amiga.
1990 können Cebit-Besucher über ein Kleinbüro im Aktenkoffer staunen: Laptop, Drucker, Mobiltelefon und Modem inklusive.
Für knapp 2.500 Mark bei der Cebit 1994 zu bekommen: ein 475 Gramm "leichtes" Handy.
Ein Modell zum Verlieben: Laptop aus dem Jahr 1994. Bereits 1986 zeigte Toshiba auf der Cebit den ersten mobilen Rechner.
1996 stellt die Deutsche Telekom ihren "Infotainment-Pager Skyper" vor. Das Gerät - im Original im Westentaschenformat - kann auf seinem fünfzeiligen Text-Display aktuelle Nachrichten anzeigen.
Im Boom-Jahr 2000 zeigt eine koreanische Firma ein Multimedia-Handy, das auch auf das Internet zugreifen kann.
Die Anfänge des elektronischen Buchs: Das "Rocket eBook" aus dem Cebit-Jahr 2000 kann etwa 4.000 Textseiten speichern.
Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder testet bei einem Messerundgang im Jahr 2000 ein Handy in Form einer Armbanduhr. Auf dem Markt floppt das Modell.
2004 präsentiert die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt die elektronische Gesundheitskarte auf der Cebit. Ein integrierter Chip kann persönliche Daten speichern. Ihre flächendeckende Einführung ließ noch Jahre auf sich warten.
Auf der Cebit 2004 sind auch die ersten handlichen Navigationsgeräte zu sehen - und erobern rasch den Markt.
Das Leitmotto der Cebit 2008 heißt Green IT - grüne Informationstechnik. Ein Notebook-Hersteller bietet Geräte an, deren Oberfläche teilweise aus Bambus besteht.
Die ersten Internet-Autoradios der Welt: Auf der Cebit 2009 präsentiert ein Hersteller Geräte, mit denen Nutzer auf Zehntausende Radiostationen aus dem Datennetz zugreifen können.
3-D: Dreidimensionale elektronische Darstellung ist eines der zentralen Themen der Cebit 2010. Ohne Brille geht es jedoch noch immer nicht.
Publikumslieblinge auf der Cebit 2011: Tablet-PCs, die handlichen Rechner ohne Tastatur. Die Messemacher setzen auf ein anderes Schwerpunktthema: Cloud-Computering, die vernetzte Daten-Wolke.
Dieser Trend könnte eine Revolution auslösen: 3-D-Drucker für den Heimgebrauch. Der Fabbster ist ein deutsches Produkt. Mit ihm lassen sich Handy-Schalen, Spielzeug und andere Objekte aus Kunststoff "drucken".
Ein Trend der Cebit 2014: Mini-Computer am Handgelenk. Dieses Fitnessband von Samsung sammelt Bewegungsdaten des Nutzers und wertet sie aus.
Auch Apple setzte auf das Mini-Format. Die Smartwatch sollte das Smartphone ablösen. Neben der Uhrzeit zeigt sie auch viele Informationen aus dem Internet an.
Auch 2015 Thema der Cebit: 3-D-Drucker - beziehungsweise das, was mit ihnen hergestellt werden kann, etwa diese kleinen Figuren.
Im Jahr 2016 gibt es auf der Cebit erstmals eine Drohnen-Meisterschaft. Die kleinen Fluggeräte sind nicht nur etwas für Hobby-Piloten. Sie können etwa auch zur Versorgung von Schiffen eingesetzt werden.
Digitale Welt: Drohnen, 3-D-Drucker, selbstfahrende Autos wie hier im Jahr 2017 - die Cebit ist längst keine Computermesse im engeren Sinne mehr.
Passagierdrohnen gibt es auf der Cebit 2018 zu bestaunen. Die Messe in diesem Jahr ...
... wird nach 33 Jahren die letzte gewesen sein.
Kommentar
Nach dem zuletzt immer geringeren Besucherinteresse sei das Aus für die Computermesse Cebit in Hannover zwar schmerzhaft, aber nachvollziehbar. Ulrich Czisla kommentiert. (28.11.2018)
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01:15
NDR 1 Niedersachsen
28.11.2018 18:20 Uhr
NDR 1 Niedersachsen
Das Aus für die Cebit ist schlecht für Hannover und das Land. Es sei eine vertane Chance für die Digitaloffensive, kommentiert Reinhild Buschak aus der Hannover-Redaktion.
Video (01:15 min)
Weitere Informationen
Das Aus der Cebit in Hannover ist keine gute Nachricht für die Hotellerie in der Landeshauptstadt. Betreiber erwarten zunächst Umsatzeinbußen und wollen weitere Kongresse in der Stadt. (29.11.2018)
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03:05
Hallo Niedersachsen
28.11.2018 19:30 Uhr
Hallo Niedersachsen
Die Cebit ist am Ende. Was ist das für ein Signal für den Messezustand Hannover? Ein Gespräch mit dem Minister für Digitalisierung, mit Bernd Althusmann.
Video (03:05 min)
Riesenrad und Festivalbühne neben Hallen mit manch drögem Stand: Die Cebit 2018 war eine Mischung aus viel Neuem und manchem Alten. Die Macher feiern sie - trotz sinkender Besucherzahlen. (15.06.2018)
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Die Cebit in Hannover soll im kommenden Jahr wieder auf fünf volle Tage verlängert werden. Außerdem beginnen die Ausstellungstage bereits um 9 Uhr statt wie zuletzt um 10 Uhr. (07.09.2018)
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Chillende Anzugträger mit Feierabendbier neben groovenden Hip-Hop-Fans mit digitalem Lebensentwurf: So sollte die Cebit sich als Festival neu definieren. Hat es funktioniert? Eine Bilanz. (07.09.2018)
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Dieses Thema im Programm:
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28.11.2018 | 14:00 Uhr