Altkanzler Gerhard Schröder und Ehefrau Soyeon Schröder-Kim gehen mit von ihr selbst gebastelten Atemschutzmasken einkaufen. © dpa - Bildfunk Foto: Marcul Prell

Klingbeil über Schröder: "Komplett isoliert in der SPD"

Stand: 03.03.2022 14:59 Uhr

Der Druck auf SPD-Altkanzler Gerhard Schröder nimmt weiter zu. Nun fordert ihn auch die SPD-Spitze auf, seine Posten bei russischen Staatsunternehmen niederzulegen. Niemand könne sein Tun mehr rechtfertigen.

Schröder sei "komplett isoliert in der Sozialdemokratie", sagte der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil am Donnerstag auf einer digitalen Pressekonferenz mit der Co-Vorsitzenden Saskia Esken nach einer Sitzung des Parteivorstands. In einem Brief hätten beide den früheren Bundeskanzler und Parteichef Schröder ultimativ dazu aufgefordert, sich aus den russischen Staatsunternehmen zurückzuziehen. Es werde "zeitnahe" Antwort erwartet, sagte Klingbeil weiter. Die Aufforderung sei bereits am vergangenen Sonnabend erfolgt. Werde Schröder ihr nicht nachkommen, werde über das weitere Vorgehen beraten. Niemand im Parteivorstand heiße Schröders Verhalten "auch nur ansatzweise" gut. Klingbeil hatte bereits kurz nach Beginn des Angriffs auf die Ukraine den Altkanzler via Facebook aufgerufen, seine beruflichen Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin aufzukündigen.

Auch Weil fordert einen Rückzug Schröders

Zuletzt hatte in dieser Woche die SPD Heidelberg einen Ausschluss Schröders aus der Partei beantragt. "Wer Putin unterstützt, der teilt die Grundwerte einer Friedenspartei nicht", sagte der Heidelberger SPD-Vorsitzende Sören Michelsburg. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) forderte von Schröder, sein Engagement in russischen Energieunternehmen zu beenden.

Hannover 96 prüft Ausschluss

Selbst im Profi-Fußball wird der Ton Schröder gegenüber rauer. Am Mittwoch hat ihm Bundesligist Borussia Dortmund die Ehrenmitgliedschaft entzogen. Vom Mutterverein seines Heimatclubs Hannover 96 hieß es derweil: "Wir werden jetzt prüfen, inwiefern Herr Schröder gegebenenfalls gegen die Interessen des Vereins verstoßen hat." 96-Chef Martin Kind hatte zuvor behauptet, dass Schröder bei 96 kein Mitglied sei und weiter Spiele besuchen dürfe. Grund für die widersprüchlichen Aussagen ist vermutlich die Aufteilung von Hannover 96 in einen Mutterverein und die ausgegliederte Kapitalgesellschaft mit Martin Kind als Geschäftsführer. Schröder habe mit Freunden eine Loge, die er natürlich weiter nutzen dürfe, so Kind bei "sport1.de".

Ehefrau meldet sich auf Instagram zu Wort

Schröders Ehefrau Soyeon Schröder-Kim forderte am Mittwoch in einem Beitrag auf ihrem Instagram-Kanal, dass der Krieg und das damit verbundene Leid für die Menschen in der Ukraine schnellstmöglich beendet werden müssten. "Das ist eindeutig die Verantwortung der russischen Regierung", so Schröder-Kim. Fast wortgleich hatte es der Altkanzler selbst am vergangenen Donnerstag auf seiner Seite im Online-Netzwerk LinkedIn formuliert. Schröder-Kims Post war bereits wenige Stunden später nicht mehr abrufbar.

Schröder-Kim: Russland-Verbindungen nicht kappen

Ebenso wie ihr Ehemann verwies aber auch Schröder-Kim auf die Bedeutung bestehender Verbindungen zu Russland - und rief dazu auf, diese nicht zu kappen. "Denn diese sind - trotz der gegenwärtig dramatischen Lage - die Basis für eine Hoffnung, die wir alle haben: dass ein Dialog über Frieden und Sicherheit auf unserem Kontinent wieder möglich ist." Genauso hatte es auch Schröder in seinem Post formuliert.

Führungspositionen bei Nord Stream

Schröder gilt als langjähriger Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er ist zudem Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und hat Führungspositionen bei den Erdgas-Pipeline-Projekten Nord Stream und Nord Stream 2. Anti-Korruptionsverbände hatten daher kürzlich gefordert, ihn zu einem Eintrag ins Lobbyregister zu verpflichten. Die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 wurde inzwischen von der Bundesregierung auf Eis gelegt.

Schröders Büromitarbeiter werfen hin

Am Dienstag hatten Medien darüber berichtet, dass der Leiter und drei Mitglieder des Altkanzler-Büros in Berlin ihre Zusammenarbeit mit Gerhard Schröder beendet haben - wegen Differenzen über den Angriff Russlands auf die Ukraine und Schröders Haltung dazu, hieß es.

Was wird aus Schröders Ehrendoktortitel der Uni Göttingen?

Die Georg-August-Universität Göttingen beschäftigt sich derweil mit der Frage, wie sie mit Schröders Ehrendoktortitel umgehen soll. Der Prozess sei aber noch nicht abgeschlossen, hieß es am Mittwoch von der Universität. "Ein formales Prüfverfahren gibt es bisher nicht. Eine Entscheidung steht heute nicht bevor", sagte ein Uni-Sprecher am Mittwoch. Schröder hatte den Titel im Jahr 2005 erhalten, weil er sich in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident außerordentlich für die Förderung der Naturwissenschaften an der Uni eingesetzt habe. In der vergangenen Woche hatte bereits der Rat der Stadt Hannover kritisch über die Ehrenbürgerschaft des Altkanzlers diskutiert.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Hannover | 03.03.2022 | 15:00 Uhr

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