Ein Schild mit der Aufschrift «Amtsgericht, Landgericht, Staatsanwaltschalt Hildesheim» steht in Hildesheim vor dem Gebäude, in dem die drei Behörden untergebracht sind. © picture alliance/dpa Foto: Holger Hollemann

Anklage: Verursachte Heim-Mitarbeiterin Corona-Todesfälle?

Stand: 12.07.2022 21:21 Uhr

Eine Angestellte mit gefälschtem Impfpass soll in einem Hildesheimer Pflegeheim vier Kollegen und elf Bewohner mit Corona angesteckt haben - drei von ihnen starben. Gegen die Frau wurde Anklage erhoben.

Die Staatsanwaltschaft Hildesheim wirft der 45-jährigen Heim-Mitarbeiterin fahrlässige Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung vor. Die Frau, die als Alltagsbegleiterin in dem Heim beschäftigt war, soll gegenüber ihrem Arbeitgeber ein gefälschtes Impfzertifikat vorgelegt haben. Deshalb durfte sie weiter in dem Heim arbeiten, obwohl zuerst ihr Sohn und dann auch ihr Lebensgefährte mit Corona infiziert waren. Die Staatsanwaltschaft wirft der 45-Jährigen vor, sie hätte erkennen müssen, dass sie sich durch engen Kontakt mit infizierten Personen auch selbst infizieren konnte - so wie es auch geschah. Zudem habe sie gewusst, dass einige Heimbewohnerinnen und -bewohner gesundheitlich vorgeschädigt waren. Dass sie durch ihr Verhalten möglicherweise an Corona sterben, hätte der Frau aus Sicht der Staatsanwaltschaft klar sein müssen.

Eine Bewohnerin starb nachweislich an Corona

Insgesamt kam es in den Tagen, nachdem die Frau dem Arbeitgeber von ihrem infizierten Sohn berichtet hatte, bei vier Personen vom Pflege- und Reinigungspersonal sowie bei elf Bewohnerinnen und Bewohnern zu Corona-Infektionen. Unter anderem sollen sich eine 93-jährige, eine 85-jährige und eine 80-jährige Bewohnerin infiziert haben - alle drei starben. Diese Infektionen wurden der Staatsanwaltschaft zufolge zumindest mittelbar durch die 45-Jährige verursacht. Bei der 80-Jährigen führte die Corona-Infektion Untersuchungen zufolge zum Tod. Bei den anderen beiden Bewohnerinnen konnten laut Staatsanwaltschaft andere Ursachen nicht ausgeschlossen werden.

Arbeitgeber überprüft Impf-Eintrag: Fälschung

Vier Tage nachdem die Mitarbeiterin die Infektion ihres Sohnes bekannt gegeben hatte, meldete sie sich den Angaben zufolge selbst krank. Eine Woche später soll sie erneut telefonisch Kontakt zu ihrem Arbeitgeber gehabt haben, woraufhin dieser die Frau daran erinnert haben soll, ihren Impfausweis vorzulegen. Die Frau schickte ein Foto. Da sie bei ihrem Arbeitgeber als Impfgegnerin bekannt war, ließ dieser das Impfdatum und die Chargennummer überprüfen. Dabei stellte sich heraus, dass der Eintrag zur Corona-Impfung gefälscht sein musste. Die Heimleitung erstattete Strafanzeige gegen die Mitarbeiterin wegen Urkundenfälschung, wozu Ermittlungen in einem gesonderten Verfahren laufen.

Proben legen zusammenhängende Infektionskette nahe

Im Laufe der Ermittlungen sollte der PCR-Abstrich der Frau untersucht werden, um zu überprüfen, ob sich die verstorbenen Bewohnerinnen bei ihr infiziert hatten. Da ihre Probe jedoch im Labor versehentlich vernichtet worden war, wurde dazu die Probe ihres in der Zwischenzeit verstorbenen Lebensgefährten untersucht und mit den Proben der Verstorbenen verglichen. Ein Sachverständiger kam zu dem Schluss, dass der Unterschied minimal war und daher eine zusammenhängende Infektionskette naheliegt.

Die 45-Jährige hat eingeräumt, einen gefälschten Impfpass genutzt zu haben. Zu allen anderen Vorwürfen schweigt sie bislang. Ob das Gericht die Anklage zulässt - und wann möglicherweise ein Prozess beginnt, ist bislang noch unklar.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Hannover | 12.07.2022 | 15:00 Uhr

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