Lehrer immer häufiger Opfer von Gewalt
Erneut ist die Zahl gewaltsamer Übergriffe auf Lehrer in Niedersachsen angestiegen. Im Jahr 2019 wurden 362 Lehrer Opfer von Gewalt, wie das Landeskriminalamt mitteilte. Das sind 40 Übergriffe mehr als im Jahr 2018 (322). Noch deutlicher ist der Anstieg gegenüber dem Jahr 2017: Damals wurden in der Kriminalitätsstatistik 229 Attacken gezählt - rund ein Drittel weniger als zwei Jahre später. Die meisten der angegriffenen Lehrer werden demnach Opfer von körperlichen Attacken, von Schlägen oder Tritten - doch auch verbale Angriffe nehmen offenbar zu.
Lehrerverband sieht gesellschaftliches Problem
Der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL/VDR) sieht Parallelen zu den ebenfalls gestiegen Angriffen auf Polizei und Rettungskräfte. VNL/VDR-Vorsitzender Torsten Neumann gibt zwar zu bedenken, dass auch die Meldebereitschaft bei den Lehrern gestiegen sein könnte. Allerdings sieht er auch ein gesellschaftliches Problem. Toleranz und Respekt voreinander seien gesunken, das Klima rauer geworden. "Das entlädt sich unter anderem auch in Schulen", so Neumann. Diese könnten das Problem nicht alleine lösen, auch die Eltern müssten agieren. "Da muss ein Umdenken in allen Köpfen passieren", fordert Neumann.
GEW: Mehr Sozialarbeit und Psychologen nötig
Besorgt zeigt sich Laura Pooth: Die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht ebenfalls ein gesellschaftliches Problem. Dazu kämen Faktoren wie extremer Leistungsdruck, soziale Ausgrenzung und Armut. Diese könnten zu aggressivem Verhalten führen, so Pooth. Zudem würden großen Klassen an den Schulen oft zu wenige Lehrkräfte gegenüberstehen. Pooth fordert daher mehr Beschäftigte für Sozialarbeit und Schulpsychologie in den Schulen.
Gesellschaftliche Debatte nötig
Das Kultusministerium verurteilt die Straftaten gegen Lehrer scharf. "Jedes Delikt muss angezeigt, verfolgt und geahndet werden", hieß es in einer Stellungnahme. Auch das Ministerium sieht Parallelen zum Anstieg der Gewalt bei Rettungskräfte und Kommunalpolitiker. Es bestehe "die Sorge, dass grundsätzlich etwas ins Rutschen gekommen ist, was Respekt und die Akzeptanz von Regeln angeht", hieß es. Eine breite gesellschaftliche Debatte sei dringend geboten, um gegensteuern zu können.
