Spielzeug liegt in einer Kindertagesstätte auf dem Boden. © Picture Alliance Foto: Monika Skolimowska

Landtag beschließt umstrittenes Kita-Gesetz - Kritik bleibt

Stand: 06.07.2021 18:30 Uhr

Niedersachsens Landtag hat das von vielen Seiten kritisierte Kita-Gesetz beschlossen. Es soll in den kommenden Jahren schrittweise eine dritte Fachkraft in Ganztagsgruppen eingeführt werden.

Zunächst sollen ab August 2023 mindestens 2.000 zusätzliche Auszubildende mit je 15 Stunden in die Kitagruppen kommen, in denen die drei bis sechs Jahre alten Kinder betreut werden. Von 2027 an sollen Gruppen in Ganztagskindergärten mit 19 oder mehr belegten Plätzen dann die dritte Fachkraft mit 20 Wochenstunden bekommen. Zudem soll es eine dualisierte vergütete Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher neben der vollschulischen und unvergüteten Ausbildung geben. Zuletzt hatte es am Gesetz viel Kritik aus den Reihen der Opposition gegeben. Am Dienstag ging es nun mit den Stimmen der rot-schwarzen Regierungskoalition durch.

Regierungskoalition: Fachkräfte müssen erst einmal ausgebildet werden

Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) verteidigte bei der abschließenden Beratung das Gesetz gegen die Vorwürfe. Man habe während des gesamten Gesetzgebungsverfahren "gerungen und Kompromisse gesucht, um das Wünschenswerte mit dem Machbaren zusammenzubringen". Die erste umfassende Überarbeitung des Gesetzes seit knapp 30 Jahren schreibe landeseinheitliche Qualitätsstandards fest, sagte Tonne. Die Einführung der dritten Fachkraft sei unumkehrbar und seriös umsetzbar. "Wir bringen kein Gesetz auf den Weg mit einem kalkulierten Rechtssbruch, in dem wir jetzt versprechen, wir führen die dritte Fachkraft ein, die derzeit auf dem Markt gar nicht gibt", sagte sein Parteikollege, Stefan Politze.

Ähnliches sagte auch die CDU-Abgeordnete Mareike Wulf. Sie betonte, es sei derzeit nicht möglich, eine dritte Kraft früher einzuführen, weil es auf dem Arbeitsmarkt keine Fachkräfte gebe. Bei den Erzieherinnen und Erziehern herrsche Vollbeschäftigung. Die neuen Fachkräfte müssten erst einmal ausgebildet werden.

FDP: Erzieherinnen müssen Arbeit in Freizeit erledigen

Die Opposition aus FDP und Grüne werteten die Novelle als eine "große Enttäuschung". Ins Gesetz geschafft habe es de facto "nur eine halbe dritte Kraft, nur für Ganztagsgruppen und erst ab 2027", sagte der familienpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Volker Bajus. Auch der Rechtsanspruch auf einen inklusiven Kita-Platz fehle. Insgesamt trage das Gesetz keine bildungspolitische, sondern eine finanzpolitische Handschrift. Björn Försterling, bildungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, beklagte, dass die notwendigen und alltäglichen Leitungs- und Verfügungszeiten nicht erhöht worden seien: "Die Erzieherinnen und Erzieher werden also weiterhin einen Teil dieser Arbeit in ihrer Freizeit erledigen müssen."

Gewerkschaft klagt: Dritte Kraft kommt zu spät

Eltern, Gewerkschaften und Verbände kritisieren, dass zu viel Zeit ins Land gehe. Die dritte Kraft müsse schneller mit den Kindern arbeiten - am Geld dürfe es nicht scheitern. Der Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen, Hans-Joachim Lenke lobte, zwar den Willen der Landesregierung, die Personalsituation zu verbessern. Doch blieben wichtige Themen unberücksichtigt. Auch für ihn komme die angekündigte dritte Fachkraft zu spät, um die jetzt dringend benötigte Entlastung in den Kitas zu gewährleisten. Katja Wingelewski von der Gewerkschaft ver.di sagte, die Beschäftigten seien "enttäuscht und wütend". Sie bräuchten jetzt eine verlässliche Perspektive und mehr Zeit für die pädagogische Arbeit sowie Fachberatung und Leitungstätigkeiten.

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