Sturmtief "Nadia": Stromversorgung wieder flächendeckend hergestellt
Nachdem der Sturm "Nadia" am Wochenende über Mecklenburg-Vorpommern hinweggefegt ist, waren am Montag in Vorpommern noch zahlreiche Haushalte ohne Strom. Bis zum Abend sollten alle Betroffenen wieder Strom haben, sagte ein Sprecher eines örtlichen Energieversorgers.
Der Sturm hatte Feuerwehren und Polizei in Mecklenburg-Vorpommern am Wochenende mehr als 2.500 Einsätze beschert. Wegen umgestürzter Strommasten gab es vielerorts im Land Stromausfälle. Der Energieversorger Wemag sprach für Westmecklenburg von rund 12.000 betroffenen Haushalten in der Spitze. Besonders betroffen gewesen seien die Regionen Crivitz, Güstrow, Plau am See und Dömitz. Auch aus dem Osten des Landes wurden Stromausfälle gemeldet.
Manche Haushalte 40 Stunden ohne Strom
Nach Angaben eines Sprechers des Energieversorgers E.dis war am Montag noch in etwa zehn Gemeinden im Nordosten des Landes der Strom weg. Das betraf zum Beispiel Orte im Lieper Winkel auf Usedom sowie Velgast, Orte bei Grimmen sowie Klein Kiesow. Die Stromversorgung sollte dort im Lauf des Nachmittags durch Umschaltungen und Notstromaggregate wieder hergestellt werden. Nach Angaben von E.dis werden die Reparaturen aber noch Tage dauern, da umgestürzte Bäume die Wege zu den Leitungen versperren. In manchen Orten waren Haushalte bis zu 40 Stunden ohne Strom.
Sturmflut an der Ostseeküste
Eine Sturmflut erreichte am Sonntagabend die Ostseeküste und setzte in Wismar Straßen in Hafennähe unter Wasser. In der Hansestadt kletterte der Pegelstand am Sonntagabend auf rund 1,3 Meter über dem mittleren Wasserstand. In Hafennähe wurden einige Straßen überschwemmt. Der Scheitelpunkt wurde gegen 20.30 Uhr erwartet.
Auch andernorts an der Ostseeküste stiegen die Pegelstände um rund einen Meter höher als normal - etwa in Warnemünde, in Greifswald, in Koserow auf Usedom und Sassnitz auf Rügen. Über Schäden wurde zunächst nichts bekannt. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hatte für den Abend eine Sturmflutwarnung herausgegeben. Die Experten rechneten bei Rügen mit Pegelständen von rund 1,20 Meter über dem mittleren Wasserstand. Am Sonnabend herrschte noch Niedrigwasser.
Monatelange Aufräumarbeiten im Wald
Im Bereich des Forstamts Grevesmühlen sind an einigen Stellen bis zu 200 Bäume abgeknickt. Zunächst würden jetzt die Wege geräumt, sagte Ronald Fass vom Forstamt Grevesmühlen bei NDR MV Live. Die gefallenen Bäume aus dem Wald zu holen, werde voraussichtlich einige Monate dauern. Außerdem müssten zahlreiche Zäune repariert werden, die das Wild aus den Schonungen halten sollen.
16-Jähriger fährt mit Zweirad gegen Baum
Auch in Stralsund hatten die Einsatzkräfte alle Hände voll zu tun. Das Polizeipräsidium Neubrandenburg berichtete von zehn Verkehrsunfällen, bei denen Fahrzeuge mit heruntergefallenen Bäumen oder Ästen kollidierten. In der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) krachte ein 16 Jahre alter Motorradfahrer mit seinem Fahrzeug gegen einen umgestürzten Baum und wurde schwer verletzt. Laut Polizei war der Baum aufgrund des starken Windes auf die Straße gefallen. Der Fahrer konnte demnach nicht mehr rechtzeitig ausweichen und prallte mit seiner Maschine dagegen. Ein Rettungswagen brachte den Schwerverletzten in ein Klinikum. Insgesamt meldeten die Einsatzkräfte im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte bis zum Sonntagmittag rund 400 Einsätze. In der Leitstelle des Polizeipräsidiums Rostock gingen bis zum Sonntagmorgen 189 Notrufe ein.
Feuerwehrsprecher: "Wir sind von Baum zu Baum gefahren"
Auch im Landkreis Vorpommern-Greifswald wurden bis Sonntagmittag knapp 600 Einsätze gezählt. Gegen 21.30 Uhr seien die ersten Notrufe eigegangen, sagte Thomas Putzar von der Freiwilligen Feuerwehr Dersekow NDR 1 Radio MV am Sonntagmittag. "Wir sind seitdem nicht zu Hause gewesen, um Frühstück zu essen, oder mal 'ne Runde zu schlafen. Wir sind von Baum zu Baum gefahren." Unter anderem wurden in Karlsburg zwei Autos durch einen umstürzenden Baum beschädigt. In Wolgast verfrachtete der Sturm Blechteile von Garagen auf die Neuwagen eines Autohauses. Das Lagezentrum in Stralsund meldete für den Landkreis Vorpommen-Rügen rund 800 Einsätze. Die Rügenbrücke musste abends aufgrund des Sturms gesperrt werden. Die Kreisstraße 19 war zwischen Kirchdorf und Jager wegen zahlreicher umgestürzter Bäume für mehrere Stunden gesperrt.
250 Einsätze in Nordwestmecklenburg
In Nordwestmecklenburg vermeldete die Polizei bis in die Morgenstunden rund 250 Einsätze. Bei Klütz wurden bei einer Tankstelle Teile des Daches beschädigt. Wegen eines umgestürzten Baumes musste die Landstraße zwischen Klütz und Grevesmühlen gesperrt werden. In Schwerin und Umgebung sei man knapp 200-Mal ausgerückt, sagte ein Feuerwehrsprecher. Bei Radelübbe stürzten mehrere Bäume auf die Straße. In und um Wismar gab es 180 wetterbedingte Einsätze.
Hohenfelde: Pappeln stürzen auf Wohnhaus
Im Landkreis Rostock stürzten zahlreiche Bäume um. Rund 450-Mal waren Feuerwehren im Einsatz. In Hohenfelde bei Bad Doberan stürzten mehrere Pappeln auf ein Wohnhaus. Ein Statiker muss die Standfestigkeit des Gebäudes prüfen. In Selpin bei Tessin riss der Sturm ein Scheunendach teilweise ab. In beiden Fällen leistete das Technische Hilfswerk Hilfe. Zwischen Bad Doberan und Heiligendamm dauerte die Räumung zahlreicher umgestürzter Bäume von der Straße und den Gleisen der Schmalspurbahn Molli am Sonntagmittag an. Die Bäderbahn Molli stellte den Betrieb ein. Einige Straßen wurden gesperrt.
Bahn stellt zwischenzeitlich Fernverkehr ein
Wegen Sturmschäden kam es in Norddeutschland außerdem zu massiven Problemen im Bahnverkehr. Am frühen Samstagabend stellte die Deutsche Bahn den Fernverkehr in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen für etwa 50 Minuten ein. Er blieb auch in der Folge vom Sturm betroffen. So fielen am Sonntag alle ICE- und IC-Verbindungen zwischen Stralsund und Binz aus. Ein umgestürzter Baum blockierte in der Nacht zwischenzeitlich die Bahnstrecke zwischen Schwerin und Rehna. Wegen Sturmschäden konnten die Züge zwischen Fürstenberg und Neustrelitz nur eingleisig fahren.
Fährverkehr unterbrochen
Der Fährverkehr auf der Ostsee zwischen Rostock und Gedser war eingeschränkt. Nach Angaben der Reederei Scandlines fielen mehrere Verbindungen aus. Am Sonntagvormittag wurde der Fährverkehr wieder aufgenommen. Wie die Reederei Hiddensee mitteilte, galt am Sonntag ein Sonderfahrplan. Auch die Wittower Fähre stellte den Fährbetrieb vollständig ein.
Hiddensee: Windgeschwindigkeiten von 157 km/h
Nach Angaben des NDR Meteorologen Stefan Kreibohm brachte der Orkan an der Küste die stärksten Böen: So wurden am exponiert stehenden Leuchtturm Hiddensee Windgeschwindigkeiten von 157 Stundenkilometern gemessen, auf der Greifswalder Oie von 128 km/h und in Heiligendamm von 122 km/h. Im Binnenland lag der Spitzenwert bei 111 km/h, gemessen bei Trollenhagen. In Stralsund und Kap Arkona wurden immerhin 119 Stundenkilometer erreicht.
