80 Jahre Kriegsende in Europa: Gedenken in MV
Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes in Europa finden in Mecklenburg-Vorpommern Gedenkveranstaltungen, Konzerte und Zeitzeugengespräche statt - in Städten wie Demmin, Neustrelitz, Wismar und Barth.
Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa - mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht kam ein beispielloses Kapitel von Gewalt, Vernichtung und Leid zu einem Ende. 80 Jahre später steht in Mecklenburg-Vorpommern das Gedenken an diesen Teil der Geschichte im Mittelpunkt zahlreicher Veranstaltungen. Überall im Land wird an die Opfer erinnert, an die Befreiung, an menschliches Versagen - aber auch an Zivilcourage und Hoffnung.
Ein Land im Umbruch - Frühjahr 1945 in Mecklenburg
Als die Front im Frühjahr 1945 immer näher rückte, veränderte sich das Leben in Mecklenburg-Vorpommern dramatisch. Städte wie Parchim, Neubrandenburg oder Demmin wurden bombardiert, Flüchtlingsströme überforderten die Versorgung, und vielerorts begannen die letzten Kriegstage mit Gewalt und Verzweiflung. In Parchim wurde der Fliegerhorst Ziel massiver Luftangriffe - nicht nur militärische Anlagen, sondern auch Wohnhäuser wurden zerstört. Zugleich suchten Tausende Geflüchtete aus Ostpreußen und Pommern Zuflucht in der Stadt, was die Lage zusätzlich verschärfte. Die evangelischen Kirchgemeinden der Stadt erinnerten bereits vergangene Woche mit einer Vortragsveranstaltung unter dem Titel "Opfer und Täter" an diese belastete Zeit. Angehörige von Zeitzeugen berichteten von Luftangriffen, Hungersnot und Chaos - aber auch von kleinen Gesten der Menschlichkeit.
Demmin: Erinnern, um zu verstehen
Eine der tragischsten Episoden in Mecklenburg-Vorpommern ereignete sich in Demmin. Tausende Menschen nahmen sich dort beim Einmarsch der Roten Armee das Leben - aus Angst, Verzweiflung und beeinflusst von nationalsozialistischer Propaganda. Heute ist Demmin ein zentraler Ort der Erinnerung. In der St.-Bartholomaei-Kirche endet die Aktionswoche "Demmin ist mehr" mit Friedensgebeten, Liedern und Texten. Gleichzeitig finden in der Stadt Kundgebungen und Demonstrationen statt, die auch den Verkehr in der Innenstadt beeinflussen.
Erinnern in der Fläche: Strasburg, Pasewalk, Waren, Neubrandenburg
In vielen kleineren Städten des Landes wird auch der Opfer gedacht. In Strasburg gibt es eine Gedenkminute mit Texten aus den Kriegsmonaten, in Pasewalk wird an der Gedenkstätte Leninhain ein Zeichen der Erinnerung gesetzt. In Neubrandenburg findet die Gedenkveranstaltung auf dem Gelände eines früheren Außenlagers des KZ Ravensbrück statt. Dort läuft auch die Wanderausstellung "Stolen Memory", die persönliche Gegenstände von KZ-Häftlingen zeigt.
Im Stadtmuseum Wolgast steht das Erzählen im Mittelpunkt. Bürgerinnen und Bürger haben ihre Erinnerungen an das Jahr 1945 eingereicht - einige treten selbst auf, andere werden vorgelesen. Historiker Christoph Wunnicke erläutert die historischen Abläufe: Die Übergabe der Stadt, die Sprengung der Peenebrücke und die Besetzung durch die Rote Armee. So wird Wolgast zum Ort gelebter Erinnerung.
Kultur als Brücke: Konzerte, Theater und Friedensgebete
Musikalische Gedenkveranstaltungen gibt es unter anderem in Beelitz bei Laage und in der Rostocker Nikolaikirche, wo ein Oratorium mit Chor und Sprechtexten uraufgeführt wird. In Güstrow ist eine Gedenkradtour geplant - ein moderner, bewegter Zugang zu historischen Orten. Ein besonderes Projekt wurde in Neustrelitz realisiert: In der Historischen Nervenheilanstalt Domjüch feiert das Theaterstück "Nach 1.000 Jahren im Mai" Premiere - eine szenische Collage aus Erinnerungen, Liedern und Texten rund um das Kriegsende. Die Aufführung ist bereits ausverkauft, weitere Vorstellungen sind geplant.
In Barth steht 2025 ganz im Zeichen des Gedenkens: 80 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers und des Kriegsgefangenenlagers "Stalag Luft I" empfängt die Stadt rund 150 Angehörige ehemaliger Häftlinge. Etwa 7.000 Menschen waren im KZ Barth inhaftiert. Gemeinsam mit dem Förderverein "DOK-Barth" erinnert die Stadt auf besondere Weise an das Schicksal dieser Menschen.
Wismar: Leutnant erzählte seine Geschichte
Einen ungewöhnlichen, bewegenden Akzent setzt in diesem Jahr Wismar. In einer Vortrags- und Podiumsdiskussion wurde erstmals die Geschichte des Leutnants Hermann Mix erzählt. Kurz vor Kriegsende entließ er seine Kompanie eigenmächtig aus der Wehrmacht und rettete so rund 100 Soldaten das Leben. Gleichzeitig bewahrte er das von seinen Truppen besetzte österreichische Dorf Oberperfuss vor der Zerstörung.
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